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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Tatsächlich hat sie mir sogar Arbeit abgenommen. Zu gegebener Zeit wollte ich mich wieder einbringen und ihr das Projekt aus den Händen nehmen. Der ruchlose Aufstand vom Ostersonntag hat jedoch all meine Pläne über den Haufen geworfen.«
    »Ist das alles?«, fragte Lorenzo. »Ich weiß beim besten Willen nicht, was das mit Schuld oder Unschuld von Monna Jana zu tun hat.«
    Pratini zuckte mit den Schultern. »Es war seine Idee, nicht meine«, sagte er und wies auf mich. Ich seufzte.
    »Pratinis Geschichte ist notwendig, um alles zu verstehen«, erklärte ich. »Man muss sie allerdings richtig erzählen. Ihr habt geschickt um alles herumgeredet, was wichtig ist, Ser Pratini. Man kann Euch noch nicht mal der Lüge bezichtigen.«
    »Wollt Ihr mich zu allem Ungemach auch noch beleidigen?«
    »Ihr beleidigt Euch selbst mit Eurem Herumgezeter. Ihr habt immer noch nicht erkannt, dass es hier um mehr geht als um persönliche Eitelkeiten. Warum sagt Ihr nicht, dass Ihr in dem Moment, in dem Ihr erkanntet, was Jana vorhatte, ihre Handlungen bis ins kleinste Detail gesteuert habt?«
    Jana blickte überrascht auf. Pratini machte ein wütendes Gesicht, aber er widersprach nicht.
    »Der springende Punkt ist eine Aussage von Euch«, sagte ich. »Jana hätte Euch Arbeit abgenommen. Ihr müsst es ein wenig anders formulieren: Ihr habt erkannt, dass Jana in der Lage sein würde, Kontakte zu knüpfen, die Euch verwehrt blieben. Ihr wolltet die Werkstätte, die in Eurem Waisenhaus entstehen sollte, hauptsächlich als Bildhauerwerkstatt aufziehen – daraus habt Ihr auch keinerlei Hehl gemacht. Janas Pläne gingen darüber hinaus; sie wollte vor allem eine Goldschmiede daraus machen, um den unersättlichen Hunger des Klerus unter Papst Sixtus nach Gold und Schmuck zu befriedigen, was ein viel lukrativeres Geschäft darstellt. Darauf seid Ihr erstens nicht gekommen, und zweitens hättet Ihr nicht die Verbindungen gehabt. Mit Benozzo Cerchi und Paolo Boscoli wart Ihr verfeindet. Jana nicht. Zudem standen ihr die Anteile ihres Hauses an den Gold- und Silberminen bei Krakau zur Verfügung. Ihr wart selbstverständlich schlau genug, diese Umstände zu erkennen. Also habt Ihr Euch in den Hintergrund begeben, um Jana die Kontrakte schließen zu lassen und ihr danach mit juristischen Spitzfindigkeiten das Projekt wegzunehmen. Ihr habt sie Cerchi empfohlen; ausgerechnet Ihr, sein Geschäftskonkurrent. Ihr hättet die Empfehlung auch versteckter aussprechen können, aber Ihr wusstet genau, dass Cerchi sich niemals für sie als Fremde interessiert hätte, wenn die Empfehlung nicht aus außergewöhnlicher Quelle gekommen wäre. Wie Ihr es geschafft habt, dass sie sich Bieco Alepri als Notar aussuchte, weiß ich nicht. Ich nehme an, Ihr habt ein paar Leute in Venedig auf Eure Seite gezogen, sodass sie Jana entsprechend informierten. Alepri sollte von Anfang an die Verträge so formulieren, dass sie die Lücken aufwiesen, durch die Ihr in das Projekt eingestiegen wärt. Ich weiß, dass Ihr mit ihm in geschäftlicher Verbindung standet, noch bevor er von Ser Lorenzo wegen seiner Betrügereien bei der Marktaufsicht bestraft wurde. Wahrscheinlich war er sogar froh darüber, dass einer seiner alten Geschäftspartner wieder mit ihm Kontakt aufnehmen wollte, und hätte alles für Euch getan, was sein ohnehin strapazierfähiges Gewissen nicht zu sehr belastet hätte.«
    Pratini und Jana machten das gleiche bestürzte Gesicht, während sie meinen Worten folgten. Es war fast erheiternd. Pratini war fassungslos, dass jemand seine eigenen Gedanken darlegte; Jana war ebenso fassungslos, dass er sie so mühelos benutzt hatte, ohne dass ihr das Geringste aufgefallen war. Lorenzo de’ Medici hatte sich an die Wand gelehnt und hörte mit gesenktem Kopf zu. Ich holte Atem und stürzte mich wieder hinein, obwohl es mir nicht viel Spaß machte, gegen Janas langsam aufsteigende Selbstverachtung anzureden.
    »Noch in Venedig fädelte Jana den Kontakt zu Bieco Alepri ein, der sich von ihrem Plan begeistert zeigte.« Ich warf Jana einen scharfen Blick zu, denn an dieser Stelle musste ich meine Fantasie sprechen lassen, aber sie schüttelte nicht den Kopf. »Er empfahl ihr als Architekten Umberto Velluti. Warum Ihr Velluti nicht in Euer Doppelspiel eingeweiht habt, Ser Pratini, weiß ich nicht – vielleicht hattet Ihr Angst, er würde sich verplappern, und ohnehin habt Ihr damit gerechnet, dass er sich auf Janas Angebot einlassen und Euch ›verkaufen‹ würde. Velluti

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