Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
ich sprach ihn nicht darauf an. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Jana ein Hilfsangebot dieses haspelnden Unglücksraben willkommen gewesen wäre – sie hatte immer noch ihre Verbindung zu Piero Vespucci und die neuen Kontakte zu Kardinal Riario in der Hinterhand, und Johann Kleinschmidt machte ganz den Eindruck, dass ein Empfehlungsschreiben aus seiner Hand außer einem Lachanfall nichts hervorrufen würde. Als ich gerade hoffte, dass sein stockender Redefluss endlich versiegen würde und geistig sein Hinterteil vermaß, um die Stelle zu finden, in die ich ihn im nächsten Moment treten würde – da hörte ich, wie er mit entwaffnender Offenheit sagte: »Bitte entschuldigt… Ich meine, ich stottere und benehme mich wie ein… Und dabei habe ich Euch noch nicht einmal willkommen geheißen und Euch gutes Gelingen gewünscht. Es liegt daran, dass ich so aufgeregt bin, endlich den Vater meiner Maria kennen zu lernen. All die Jahre habe ich mich vor diesem Augenblick gefürchtet…«
Ich sah überrascht auf und in sein eifrig glänzendes Gesicht. Als ich nicht sofort etwas darauf erwiderte, verdüsterten sich seine Züge.
»Ich habe Euch keine Chance gegeben damals, als Ihr meine Tochter mit Euch nahmt«, brummte ich endlich. »Das war nicht richtig. Ich hoffe, dass ich das hier in Florenz wieder an Euch gutmachen kann.«
»Ich… Ich weiß schon, es war schwer für Euch damals… und…«
Ich dachte: Nun rede um Himmels willen nicht weiter, bevor du den einzigen guten Eindruck zerstörst, den ich von dir habe. Er schien es verstanden zu haben, denn er schwieg und schaute zu Boden.
»Ich begleite Euch hinaus«, sagte ich. »Vielleicht findet Ihr Zeit, am Sonntag mit uns die Messe im Dom zu besuchen?« Ich warf einen Blick zu Jana hinüber, und sie zuckte mit den Schultern.
»Was, die Messe?«, stieß Kleinschmidt hervor.
»Sie wird von Kardinal Riario abgehalten. Das ist etwas Besonderes. Wollen wir nur hoffen, dass er nicht mit dem Leib Christi nach der Gemeinde wirft.« Kleinschmidt sah mich verwirrt an. »Ihr holt uns hier ab, und wir gehen gemeinsam. Einverstanden?«
»Nun, aber ich…«
»Was ist? Habt Ihr schon einen Termin?«
Er straffte die Schultern. »Natürlich nicht. Also… Ich freue mich darauf… ja, wirklich.«
Kleinschmidt verabschiedete sich umständlich von Jana und sah mich danach erwartungsvoll an. Ich stieg vor ihm her die Treppe hinunter in den Innenhof und führte ihn durch das zweiflüglige Tor in den dunklen Bogengang, der hinaus ins Freie führte. Einer von Janas Rossknechten schlurfte aus einer Ecke hervor und begab sich auf die Suche nach Kleinschmidts Pferd.
»Ich freue mich darauf, am Sonntag ein wenig mehr über Euch zu erfahren, Herr Kleinschmidt«, sagte ich, um die Abschiedszeremonie abzukürzen.
»Ich glaube«, begann er und räusperte sich gewaltig, »ich glaube, ich würde mich freuen, wenn Ihr mich… nun… als wir uns begrüßten, habt Ihr mich schon einmal… ich meine: als Euren Sohn betrachten würdet…« Er sah mir einen Augenblick lang ins Gesicht und senkte dann den Blick. Seine Wangen färbten sich. »Ich meine… also…«
Er konnte einem Leid tun. Er sah aus wie jemand, den die Bildhauer längst vergangener Zeiten nackt modelliert hätten, mit einem weit in den Nacken geschobenen Helm, die Toga lässig um die Hüfte geschlungen und das Schwert in der muskulösen Rechten erhoben, um die Legionen gegen die Barbaren zu führen; aber er war so unsicher wie ein krummbeiniger Junge mit vorstehenden Zähnen und einer Hühnerbrust. Plötzlich fragte ich mich, was Maria ihm über mich erzählt haben mochte. Ich fragte mich, welchen Eindruck Maria selbst von mir hatte. Ich blieb stehen und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Johann Kleinschmidt, mein Sohn«, sagte ich.
Mir taten die Zähne weh von meinem eigenen Pathos, aber er ritt strahlend von dannen.
»Was hältst du von ihm?«, fragte ich Jana.
»Als Schwiegersohn, als Vertreter der Hochstetter oder als Mensch?«
»Ich glaube, wir sollten mit dem unverfänglichsten anfangen.«
»Gut. Ich kenne ein paar Fernkaufleute der Fugger, und die nehmen sich mit ihrem übersteigerten Selbstbewusstsein neben ihm aus wie ein Adler neben einem Rebhuhn. Aber vielleicht ist sein unterwürfiges Auftreten hier nötig. Wie es heißt, sind die Florentiner Meister in schlechtem Benehmen; es kann sein, dass sie nur mit einem Geschäfte machen, der ihnen in den Hintern kriecht.«
»Schlechte Aussichten für dich«,
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