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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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zitternd das Wasser aus den Augen wischte, war es Johann Kleinschmidt.
    »Wie kommst du hierher?«, japste ich.
    »Wir sind vor dem Fondaco«, stieß er hervor. »Ich habe nach Euch gesucht… Ich bin gerade selbst hierher zurückgekommen.«
    »Ich war… ich habe…«
    »Lasst uns hineingehen, Herr Bernward, um Gottes willen. Hier reißt einem der Wind das Wort von den Lippen. Wir holen uns noch den Tod.«
    In seiner Kammer wand ich mich aus meinem nassen Wams. Das Unwetter tobte draußen mit unverminderter Wucht weiter. Der Regen schlug gegen die dicken Glasscheiben des kleinen Fensters, die Blitze erleuchteten das düstere Innere der Kammer; nur der Donner wurde durch die massiven Wände ein wenig gemildert. Ich begann zu frieren in der Kühle der ungeheizten Kammer; Kleinschmidt kramte mit ungeschickten Händen eine Decke aus einer Truhe und warf sie mir über die Schultern. Er zuckte bei fast jedem Blitz zusammen. Auch er war tropfnass, aber er schien es nicht zu spüren. Sein Blick hing am Fenster. Mir ging auf, dass er sich vor dem Unwetter fürchtete. Dass er mich trotzdem gesucht hatte, bewegte mich.
    »Dieser Sturm; das ist ein schlechtes Zeichen…«, flüsterte er.
    »Um wie viel schlechter kann es noch werden?«
    »Wo wart Ihr?«
    »Ich bin einem Hoffnungsschimmer hinterhergelaufen«, sagte ich und rieb mir erschöpft über das Gesicht. »Ich habe ihn jedoch nicht eingeholt.«
    »Was war das für ein Hoffnungsschimmer?«
    Ich klärte ihn über Lapo Rucellai und meinen törichten Versuch auf. Er hörte mir zu, aber als ich geendet hatte, irrte seine Aufmerksamkeit wieder zum Fenster ab.
    »Ich habe keine Ahnung, wie ich ihr helfen soll«, seufzte ich. »Ich hätte niemals geglaubt, dass sie sich so plump in die politischen Verhältnisse hier einmischen würde, um ihren Vorteil daraus zu ziehen. Wenn ich wenigstens wüsste, wie viel Zeit mir bleibt.«
    »Keine«, erklärte er dumpf. »Vier von den Verschwörern haben sie noch gestern gehängt: Franceschino de’ Pazzi, der so wütend auf Giuliano eingestochen hat, dass er sich dabei selbst verletzte; Jacopo Bracciolini, der Sohn von Poggio Bracciolini, dem Humanisten; Bischof Salviati und seinen Bruder.«
    »Warum glaubst du, dass ich keine Zeit mehr habe, etwas für Jana zu tun?«
    »Weil sie heute Morgen auch Jacopo de’ Pazzi gehängt haben. Er ist gestern nach dem erfolglosen Sturm auf den Palazzo della Signoria aus der Stadt geflüchtet. Bauern in einem Dorf haben ihn jedoch erkannt und gefangen genommen… heute Morgen haben sie ihn nach Florenz transportiert… gonfaloniere Petrucci hat ihn sofort aufgeknüpft.«
    »Ich habe eine Gruppe von jungen Männern gesehen, die seinen Leichnam über den großen Kirchplatz dort unten schleiften.«
    »O mein Gott.« Kleinschmidt wechselte die Farbe. »Petrucci hat der Familie das Zugeständnis gemacht, den Alten abzuschneiden und in der Familienkapelle in Santa Croce aufzubahren. Immerhin ist die Pazzi-Familie eine der ältesten hier. Lorenzos Anhänger haben ihn wieder herausgeholt?«
    »Sie sind mit seiner Leiche im Schlepptau in Richtung zum Palazzo della Signoria geritten.«
    Kleinschmidt barg das Gesicht in den Händen. »Gott ist erbost. Der Mord in der Kirche… Das Unwetter… Und jetzt diese Schändung… Wahrscheinlich werden sie vor jedem Haus halten, in dem Pazzi-Anhänger wohnen, und sie zwingen, den Toten zu begrüßen.« Er gab ein gequetschtes Geräusch von sich, als ob er stöhnen würde. »Keine Zeit deshalb, weil jetzt fast alle Hauptbeteiligten an der Verschwörung tot sind. Sie suchen nur noch nach Bernardo Bandini, der Giuliano das Schwert ins Herz gestoßen hat, und nach den beiden Priestern, die auf Lorenzo eingestochen haben. Sobald sie die haben, machen sie mit den anderen kurzen Prozess.«
    »Dann kommt es also nur darauf an, wann sie die letzten Schurken fangen?«
    »Wenn es zu lange dauert, werden sie die anderen Gefangenen foltern, um herauszufinden, wohin sie geflüchtet sein könnten.« Er sah mich an und wich meinem Blick sogleich wieder aus. »Und wenn sie Euch kriegen? Warum wollt Ihr nicht schnellstens von hier verschwinden?«
    »Was ist mit dem Rechtsbeistand für Jana?«, fragte ich rau. Er schüttelte den Kopf.
    Ich starrte zum Fenster hinaus, von dem der Regen in dicken Schlieren herunterlief. Die Mauer auf der Innenseite war bereits feucht dort, wo der Fensterrahmen nicht richtig schloss. Ich fühlte eine tiefe Kälte. Sie kam nicht nur von außen.
    »Sag mir, was ich

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