Duell der Leidenschaft
die Sprache wiederfand.
»Krieg? Wir befinden uns endlich im Krieg? Erzählen Sie uns sofort davon, denn wir liegen hier so abgeschieden, dass wir noch nichts davon erfahren haben.«
In ihrer Begeisterung nahm die Gastgeberin seine Hand und drückte die Knöchel zwischen ihre vollen Brüste. Sonia presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, und als Kerr ihr in die Augen sah, schlug ihm solche Kälte entgegen, dass er glaubte, er müsse zu einem Eisblock gefrieren. Es war aber auch Sonia, die ihm zu Hilfe kam, indem sie auf die Frage antwortete.
»Wir wissen selbst wenig mehr als die Tatsache, dass nach den monatelangen Feindseligkeiten nun ein offener Konflikt ausgebrochen ist. Doch dieser Krieg ist der Hauptgrund, weshalb wir uns so früh wie möglich auf den Weg nach Vera Cruz machen müssen.«
Damit war das Thema aber noch nicht erledigt. Kerr wurde mit weiteren Fragen überschüttet und angefleht, sie mögen doch noch eine Weile bleiben. Dennoch war er froh, dass Sonia mit ihm einer Meinung war, und wenn es nur die Notwendigkeit war, umgehend aufzubrechen.
Es war deutlich nach Mitternacht, als das schier unend-liche Abendessen schließlich vorüber war. Kerr wurde eingeladen, mit Javier auf der Galerie einen Stumpen zu rauchen und einen Brandy zu trinken. Father Tomas gesellte sich zu ihnen, sodass Kerr damit rechnete, weiter verhört zu werden, was genau er zu tun gedenke. Doch diese Befürchtung erwies sich erfreulicherweise als Irrtum. Stattdessen diskutierten sie über die möglichen Konsequenzen und die vermutliche Richtung, die dieser Krieg nehmen würde.
So ausdruckslos sich Javier auch gab, kannte er sich gut mit den Grundlagen dieses Konflikts aus. Seiner Meinung nach würde Vera Cruz der Schauplatz einer Invasion werden, um von dort auf Mexico City zu marschieren. Seine Landsleute würden ehrbar und hartnäckig kämpfen, doch er konnte sich einen Sieg nicht vorstellen, falls die Vereinigten Staaten entschlossen waren, sich das einzuverleiben, was zu Mexiko gehörte - also Texas und das Land, das sich von dort bis zum Pazifischen Ozean erstreckte.
Kerr, der auf dem Galeriegeländer saß und sich mit dem Rücken gegen einen Pfosten lehnte, betrachtete die Glut der Stumpen, die die anderen Männer in der Hand hielten, und sah dem Rauch nach, der von seinem eigenen Stumpen in den Nachthimmel aufstieg. Alles hier war so friedlich, so ruhig und angenehm. Er fragte sich, ob die zahlreichen Ehen der Dona Francesca dafür verantwortlich waren, dass ihr Haus so abgeschieden lag, oder ob sich das einfach ergeben hatte. Vermutlich würde er es nie erfahren. Dennoch erschien es ihm obszön, dass ein solches Paradies unter dem Ehrgeiz und dem kleinlichen Gehabe kriegslüsterner Männer leiden sollte.
Sah Sonia womöglich seine Betätigung als Fechtmeister ganz genauso? Als eine Frage von Gehabe und albernen Gesten um des Stolzes willen? Vermutlich sah sie es so, und auf seine Art entsprach das sogar den Tatsachen. Verwundert wurde ihm bewusst, dass er das Fechten für ein Zuhau-se wie dieses hier aufgeben konnte, ein Zuhause, in dem eine Lady am Kopfende seines Tischs saß, die ihre Mahlzeiten, ihre Kinder und ihr aller Leben nach ihrem Wohlwollen und nach seinen gelegentlichen Bitten ausrichtete?
In seiner Fantasie war Sonia diese Lady. Aber wie dumm war er, sich so etwas vorzustellen?
Er schnippte den Stumpen weg, entschuldigte sich in aller Form und ging los, um nach Sonia zu suchen.
Sie hatte sich aus der Gesellschaft der Ladys verabschiedet, da die sich zu Bett begeben wollten. Als er zu ihr ins Zimmer kam, hatte sie sich bereits umgezogen, saß in Nachthemd und Überwurf am Fenster und starrte in die Dunkelheit.
In der Tür blieb er stehen und sah zu ihr, betrachtete die Kratzer an ihren Fußsohlen. Er fand auch die Stelle, an der er mit dem Messer den Dorn aus dem Fleisch geholt hatte. Der Schnitt begann erkennbar zu heilen. Plötzlich wirbelte sie zu ihm herum, als habe sie erst jetzt seine Anwesenheit bemerkt.
»Ich hatte dich noch lange nicht erwartet«, sagte sie in schnippischem Tonfall. »Konnte Dona Francesca keinen Vorwand mehr finden, sich an dir festzuhalten?«
»Mir schien es ratsam, ihr keine Gelegenheit zu geben.« Er zog seine zu enge Jacke aus. Eine Naht platzte auf, doch das kümmerte ihn nicht.
»Zu schade. Ich nehme an, du hättest Ehemann Nummer fünf sein können, wenn du dich auf die Stelle beworben hättest. Oder wärst du dann schon Nummer sechs gewesen?«
»Ich
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