Duell der Leidenschaft
schmerzte, da sie Hoffnung gehabt hatte. Sie zog ihre Hand weg und ließ seinen Arm los. Sie stand nun vor der Haupttreppe und raffte ihre Röcke.
Auf der zweiten Stufe stolperte sie, da die Tränen ihr die Sicht nahmen. Sie zwinkerte ein paar Mal und eilte weiter. Noch während sie zum Esszimmer lief, lauschte sie, ob ein Geräusch zu hören war, das ihren Verdacht bestätigte, dass Kerr in dem dunklen Lagerraum dort unten eingesperrt war. Sie lauschte, weil sie einen Beweis hören wollte, dass er noch lebte.
Doch da war nichts.
Absolut nichts.
Sechsundzwanzigstes Kapitel
Kerr atmete erst dann wieder richtig durch, als er hörte, wie Sonias Schritte ebenso leiser wurden wie die dieses Bastards Tremont. O Gott, diese rasende Wut, sich anhören zu müssen, wie Rouillard sie bedrängte, während er selbst nichts tun konnte, um ihn aufzuhalten. Er war sich sicher gewesen, dass der Mistkerl vorgehabt hatte, sie vor der Tür zu seinem Gefängnis zu vergewaltigen. Er hatte versucht, die Kette aus der Mauer zu reißen, um mit bloßen Händen die Tür aus den Angeln zu heben. Noch immer zitterte er vor Wut. Ihm war klar, Rouillard wollte ihn mithören lassen, wollte ihn die Angst um Sonia schmecken lassen.
Es sollte die Strafe dafür sein, dass er Sonia im Dschungel genommen hatte. Allerdings sollte sie diese Strafe verbüßen.
Das war also der Hurensohn, den sie heiraten sollte, ein unmoralischer Kretin, dem nichts heilig war, den nur das kümmerte, was er selbst wollte. Ein kleiner Mann, der über jeden in seiner Umgebung herrschen musste, damit er sich groß fühlen konnte. Ein Idiot, der sich nicht damit begnügen konnte, dass er die Braut bekam, die er sich ausgesucht hatte, sondern der sie auch noch dafür bestrafen musste, dass sie ihn nicht heiraten wollte. Das Schlimmste daran war, dass ihm seine Rache Spaß zu machen schien.
Nach allem, was er mitbekommen hatte, würde die Hochzeit wohl stattfinden. Das bedeutete, Rouillard hatte sein Angebot zurückgewiesen. Es war zwar von Anfang an dessen Antwort gewesen, aber damit war es nun endgültig bestätigt.
Auch gut. Damit war er wenigstens nicht länger verpflichtet, Sonias zukünftigen Ehemann zu verschonen. Und das würde er auch nicht machen, wenn er Sonia ein Leben an der Seite dieses Mannes ersparen konnte.
Kerr setzte sich wieder auf das Feldbett und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, wobei er vorsichtig seinen Hinterkopf abtastete. Mehr als einmal hatte man ihn als Dickschädel bezeichnet, und jetzt war er heilfroh, dass es auch tatsächlich so war. Sein Kopf war wund, die Haare klebten durch das getrocknete Blut zusammen, wo der Gewehrkolben ihn getroffen hatte. Die Kopfschmerzen hielten weiter an, aber wenigstens hatte sich die Übelkeit gelegt. Er ging davon aus, dass er nichts Bleibendes davontragen würde.
Die Frage war jedoch, wie es Sonia erging. In diesem Haus war sie Rouillards Gnade ausgeliefert, der nicht nach einem Mann aussah, der seine Begierde im Zaum halten konnte. Nicht mehr lange, und dann würde er die Tür zu ihrem Zimmer eintreten und über Sonia herfallen.
Kerr hoffte, dass der Kerl sich zuvor ihn würde vornehmen wollen. Auf diesen Moment wartete er nur, denn das würde seine Chance sein ... vielleicht die einzige, die er bekommen sollte.
Im Innenhof war wieder alles ruhig. Kerr drehte sich zu der Mauer um, an der seine Kette befestigt war. Er legte die Kettenglieder um sein Handgelenk, dann bewegte er den Arm hin und her, um auf diese Weise den Bolzen zu lockern. Damit war er bereits den ganzen Tag beschäftigt, auch wenn es eine entmutigende Tätigkeit war, weil sich auf dem Boden nur ein winziges Häufchen Mörtel angesammelt hatte. Obwohl er nur bescheidene Erfolge erzielte, machte er weiter, da es ihm half, einen Teil seiner Wut abzureagieren. Abgesehen davon — was hätte er sonst auch tun sollen?
Nicht ganz eine Viertelstunde später bemerkte er, dass durch die Ritzen zwischen den Holzbohlen der Tür das Licht einer Laterne drang und für ein wenig Helligkeit in der stockfinsteren Zelle sorgte. Sekunden später hörte er einen Schlüsselbund klimpern, dann wurde auch schon der Riegel entfernt.
Die Tür wurde geöffnet, Kerr stand auf und hielt ein Stück der Kette um seine Hand gewickelt. Der Captain der Wache trat ein. Die Laterne hatte er an der Tür abgestellt, sodass ihm sein eigener Schatten in den Lagerraum vorauseilte. Dem Captain folgten sechs Männer.
Einen Moment lang sah Kerr dem Mann in die Augen, der
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