Duell der Liebe
sein Bruder jetzt tat -, nur in aller Heimlichkeit agieren würde.
Er begab sich zu einem der vielen Zelte, die den Goldgräbern als Kneipen dienten und in den drei letzten Tagen leergestanden hatten.
Der Mann, den Jamie sprechen wollte, hielt sich in diesem Zelt auf. Denn Jamie hatte Anweisung gegeben, diesem Mann so viel Whisky auszuschenken, wie er trinken konnte. Und dank langjähriger Übung konnte Sleb eine Menge vertragen. Er war gerade bei seiner dritten Flasche angelangt.
»Wie steht es im Augenblick? « fragte Sleb. Er sprach noch sehr deutlich, nur seine fast geschlossenen Lider deuteten auf ein fortgeschrittenes Stadium von Trunkenheit hin.
»Sie sind gerade zum sechsten Mal vom Klavier gefallen«, antwortete Jamie und zog sich einen Stuhl herbei.
Sleb nickte ernst. »Da fällt mir eine hübsche kleine Mezzosopranistin ein, mit der ich in Philadelphia hinter der Bühne… « Er brach ab, und seine Lider schlossen sich ganz, als er sich seinen Erinnerungen hingab.
Einen Moment lang glaubte Jamie, daß sein Gesprächspartner eingeschlafen sei. »Hast du mir sonst noch was zu erzählen? « fragte er leise.
Sleb öffnete seine blutunterlaufenen Augen. »Nichts. Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß. « Er nahm die Whiskyflasche vom Tisch und sah sie an. »Und ich schätze, mein Leben ist auch nicht mehr viel wert, nachdem ich alles ausgeplaudert habe. « Er schnaubte verächtlich. »Aber es war schon nichts mehr wert, bevor ich dich kennengelemt habe. « Er hielt die Flasche in die Höhe. »Einen Drink? « fragte er.
»Nein, danke. « Jamie stand auf. »Ich sollte wohl besser wieder zurückgehen. Sie könnten sich dazu entschließen, den Schuppen zu verlassen, und ich möchte zur Stelle sein, um mit meinem Bruder zu reden, wenn sie herauskommen. Sie müssen ja schließlich mal schlafen. «
Sleb lächelte verträumt. »In Philadelphia habe ich vier Tage ohne Schlaf durchgehalten. Damals war ich noch jünger, und ich dachte, ich würde der größte Sänger aller Zeiten werden. « Er griff abermals zur Flasche.
Jamie biß sich auf die Zunge, um sich eine Bemerkung zu verkneifen. Er hatte noch nie einen Betrunkenen getroffen, der nicht davon überzeugt gewesen war, der einzige zu sein, der im Leben hatte leiden müssen. Erlöse mich von dem Selbstmitleid der Betrunkenen, dachte er, und verließ das Zelt.
’Ring streichelte Maddies nackten Bauch. Dreieinhalb Tage hatte er nur für seinen Körper und seine Bedürfnisse gelebt. Es war so, als besäße er keinen Verstand, als wäre er ein Tier, das nur von seiner Lust und seinen Begierden angetrieben wurde.
Er grinste.
»Was ist los? « fragte Maddie.
»Ich dachte gerade an meinen Vater. Er wäre jetzt stolz auf mich. «
»Auf dich? Ha! Was hast du denn getan? Ich mußte doch die ganze Arbeit leisten, Ich habe alles auf mich… «Ihre Stimme verebbte. Sie war jetzt sogar zu müde zum Streiten. »Ja, er wäre vermutlich auf dich stolz. Obwohl ich meine Zweifel habe, daß mein Vater auf mich stolz wäre. « Sie gähnte und legte die Hand auf seine Brust. »Es ist wundervoll gewesen, aber… «
»Aber was? Du wirst doch jetzt nicht aufgeben, oder? Wir haben doch gerade erst angefangen. Da sind noch etliche Sachen, die ich gern ausprobieren möchte. « Das sagte er zwar, rührte sich aber nicht vom Fleck.
»Ich frage mich, ob Jamie etwas aus deiner kleinen Schwester herausbekommen hat«, fuhr ’Ring fort.
Sie lächelte. »Wenn du an deinen Bruder denkst, sind die Flitterwochen wohl zu Ende. Schade. «
Sie waren beide erschöpft und lagen sich in den Armen. Da war nicht ein Zoll am Körper des anderen, den sie in den letzten drei Tagen nicht erkundet hatten.
»Meinst du, daß wir uns anziehen sollten? « fragte Maddie nach einer Weile. »Ich müßte nach Laurel sehen, und du solltest mit Jamie reden. Vielleicht… «
Er rollte sich auf den Bauch. »Ja, ich denke, es wird Zeit, daß wir uns um die anderen kümmern. Bist du in Ordnung? Nicht zu viele blauen Flecken oder Schrammen? Nicht zu wund? «
»Es gibt nicht einen Teil meines Körpers, der nicht wund ist«, sagte sie. »Es gibt nicht einen Teil von mir, der nicht blau ist, aber es sind wundervolle Tage gewesen. « Ihre Augen strahlten. »Ich denke, ich habe in diesen drei Tagen so viel gelernt wie in den ersten drei Jahren bei Madame Branchini. « Sie fuhr mit den Fingerspitzen über seine unrasierten Wangen.
Er küßte sie sacht. »Maddie, ich… «
Sie ließ ihn nicht zu Ende reden. Sie
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