Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
so daß ein Shuri auf meinen Ruf kommen müßte. Wir benötigen einen Führer, der uns den schnellsten und einfachsten Weg durchs Gebirge weist. Der Jungfrau sei Dank, daß die Kapperim gewöhnlich nicht über die Baumgrenze hinausgehen.« Doch dann schüttelte sie bekümmert den Kopf. »Aber ich fürchte, man kann sich nicht darauf verlassen. Dieses Jahr verläuft nichts so wie vorgesehen.« Sie sah zu der gemeißelten Figur empor. »Ich weiß nicht, was vor sich geht.« Sie schüttelte den Kopf. »Egal. Ich werde bald einen Shuri rufen und sehen, welche Probleme die Berge für uns bereithalten.«
»Schon?« Dinafar war enttäuscht. Sie hatte geglaubt, sie würden eine Weile bleiben, wo dieses Tal doch so sicher wirkte und ihr Körper gegen den Gedanken, wieder das Macai zu besteigen, rebellierte.
Die Meie stand auf und ging zu den Macain, die friedlich in ihrer Nähe grasten. »Tut mir leid, Dina, aber ich hatte dich gewarnt. Die Zeit drängt, ich ...« Sie seufzte und zuckte mit den Schultern. »Du wirst dich so gut halten müssen, wie du eben kannst.« Doch als Dinafar aufstehen wollte, um ihr mit dem Macaigeschirr zu helfen, hielt die Meie sie zurück. »Nun ruh dich aus, du hast eine harte Nacht vor dir.«
Als die Macain abgesattelt waren, schleppte die Meie ihre Satteltaschen an den Rand des Beckens, kniete ins Gras und begann in der einen zu wühlen. Sie zog einen runden Laib heraus und schaute auf Dina, die gemütlich ausgestreckt im Gras lag und sie beobachtete. »Fang.« Der Laib landete mit einem kleinen Hüpfer auf Dinafars Bauch. Das Mädchen kicherte und setzte sich auf. Die Meie kramte weiter und warf ein Päckchen Fischpastete hinterher. »Mach uns ein belegtes Brot. Vorsicht jetzt.« Sie schleuderte Dinafar ein Messer mit langer Klinge zu. Es landete zwanzig Zentimeter von ihrer Hand
entfernt – mit dem Griff zuerst. »Und damit auch.« Die Meie warf Dinafar eine zerbrechliche Tasse zu und sprang dann auf. In der Hand hielt sie eine flache Pfanne. Sie nickte in Richtung des Beckens. »Gutes Wasser.« Einen Augenblick blieb sie stirnrunzelnd stehen und klapperte mit den Fingernägeln auf dem Boden der Pfanne. »Ich werde uns ein paar Brombeeren pflükken. Dort drüben ist ein Strauch.« Sie wies mit dem Kopf in die entsprechende Richtung, wo der Brombeerstrauch sich in einem Gespinst von Grün und Purpur den Fels hinaufrankte. Dinafar ergriff den Becher, sah ihn an und dann auf die Meie, wie diese in dem Laubwerk nach Beeren suchte und sie wie einen purpurnen Regen in die Pfanne rieseln ließ. Ihre Finger zitterten. Die Fischer hatten sie niemals etwas anfassen lassen, woraus sie aßen. Sie hatte aus einem alten, gesprungenen Becher getrunken, den sie selbst gespült und vor der Boshaftigkeit der Kinder versteckt hatte. Manche Jungen hatten ihre Sachen kaputtgemacht, wann immer sie etwas hatten erwischen können. Sie hatte aus einem Holznapf gegessen, den man ihr einmal an den Kopf geschleudert hatte, und dazu einen krummen Hornlöffel aus dem Abfall hinter dem Haus des Intii benutzt. Man hatte sie geschlagen, weil sie gewagt hatte, ihn anzufassen, ohne um Erlaubnis zu bitten –
bitten!
Sie überließen ihr den Löffel nur, weil er durch ihre Berührung nun ohnehin besudelt war. Sie blickte hinab auf die Tasse der Meie, die diese so selbstverständlich teilen wollte, auf den Laib Brot, die Fischpastete und das Messer. Sie stellte die Tasse vorsichtig beiseite und ergriff das Messer.
Die Meie kehrte zurück, die Pfanne vollgehäuft mit Beeren. Sie nahm Dinafar das bestrichene Brot ab, schnitt es in der Mitte durch, nahm einen Teil und zog die Augenbrauen angesichts der leeren Tasse hoch. Ihr Blick suchte Dinafars Gesicht, dann ergriff sie die Tasse, füllte sie am Becken und brachte sie zurück. »Trink«, sagte sie. Traurigkeit stand in ihrem Gesicht. Dinafar senkte verlegen den Blick. Die Meie erkannte sie zu genau. »Trink«, wiederholte die Meie liebevoll.
Dinafar nahm die Tasse in zittrige Hände und nippte an dem Wasser. Sie reichte sie der Meie zurück, die sie absichtlich drehte und mit ihren Lippen die Stelle am Rand berührte, wo Dinafars Mund gewesen war. Sie trank und ließ sich dann auf die Knie nieder. Ohne etwas zu sagen – es bedurfte keiner weiteren Worte – stellte sie die Tasse zwischen sie beide und ließ sich gemütlich im Schneidersitz ins Gras sinken. Sie nahm ihr Brot und begann zu essen.
Dinafar zögerte. Sie versuchte zu glauben, was sie gerade gesehen hatte, doch
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