Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen.« Plötzlich strahlten ihre grünbraunen Augen sie groß und ernst an.
Serroi rieb sich die Nase. »Richtig. Ein Name. Jern. Mein nächstälterer Bruder, der Name wird es tun. Jern.« Sie betrachtete Dinafar beim Weitergehen. »Keiner von uns sieht sehr nach dem Menschenschlag von den Bergen aus.« Sie seufzte. »Ich bin nicht besonders gut in diesen Dingen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ausgebildet an allen Arten von Waffen, ausgebildet, daß ich mich kaum noch natürlich verhalten kann. Ich weiß, wie man eine Wunde vernäht und Fieber senkt, wie man alle Vierbeiner zähmt, aber, zum Teufel, ich habe kaum eine Ahnung, wie man eine glaubhafte Lügengeschichte zusammenspinnt.« Sie kicherte. »Wenn ich wieder am Biserica bin, werde ich Yael-mri einige Kurse in Verschlagenheit vorschlagen.« Sie verfiel in Schweigen und blickte stirnrunzelnd hinab auf die rissige Oberfläche, die unter ihren Stiefeln abrollte, während Dinafar summend neben ihr herhüpfte.
Pilger zogen an ihnen vorbei. Bauern und besitzlose Landarbeiter zu Hunderten, Flickschuster, Scharlatane, Spielleute, Akrobaten, Kesselflicker, Bettler, Kinder, ein paar finster dreinblickende Söhne der Flamme, dicht umlagert von ihren Anhängern – eine Auswahl aller Gewerbe und Typen von allen Winkeln Mijlocs schob sich geräuschvoll über die Hochstraße. Nur die Kranken, oder jene, die zu alt und zu schwach waren, die Reise zu ertragen und die gezwungen waren, als Aufseher zurückzubleiben, fehlten in der großen Woge von Menschen, die nordwärts rollte. Serroi und Dinafar gingen als winzige Pünktchen in dieser Flut sicher und unbemerkt, und Serroi wurde immer gelassener, ja sogar zufrieden, nun, da sie ihre praktische Unsichtbarkeit zu glauben bereit war. Sie beobachtete Dinafar und freute sich über die Wandlung in ihr.
Das einst verstockte, zornige Mädchen blühte auf. Ihre Augen strahlten eher grün als braun vor Neugier und Freude – obgleich sie sich manchmal enger an Serroi drängte und deren Berührung suchte. Serroi spürte das und war etwas erheitert, aber auch ein wenig traurig, sah sie doch ihr eigenes Bedürfnis nach Rückversicherung in Dinafar widergespiegelt.
Sie ist wirklich reizvoll, wenn sie glücklich ist,
dachte Serroi.
Dinafars Haut trug einen Olivton, der in der Sonne zu tiefem Rehbraun wurde. Ihr schwarzbraunes Haar war lang und glatt; sie trug es aus einer Art trotzigem Vergnügen heraus offen. Der Wind wehte es umher, fein, seiden und dicht, wie es war. Ihr Mund war breit und ständig in Bewegung, heute morgen zwischen unterdrücktem Lächeln und breitem Grinsen. Sie war nicht hübsch, hatte aber einen lebendigen Charme der ihr einen Hauch von Schönheit verlieh, wenn sie glücklich war, ihre Augen strahlten, ihre Haut golden schimmerte und ihre Wangen sich zartrosa färbten. Sie war breitschultrig und würde schwerbrüstig werden wie beim Volk ihrer Mutter üblich, doch ihre Knochen waren zart, ihre Handgelenke und Knöchel ebenso schmal wie die Serrois, auch wenn Hände und Füße kräftig waren. Trotz ihres jugendlichen Alters war sie bereits einen Kopf größer als Serroi und konnte durchaus noch wachsen. Serroi beruhigte ihr Unbehagen darüber, wohin sie Dinafar führen würde mit der Beobachtung dieser Veränderungen und sagte sich, daß für das Mädchen alles besser war als diese persönlichkeitsvernichtende Existenz in dem Fischerdorf.
Weitere Norim und Sleykyn-Häscher ritten vorüber. Zwar erbebte sie und spürte ein Zittern in ihrem Magen bei jedem von ihnen, doch sie unterlag nicht mehr dieser kopflosen Panik, die sie fast zur unbeherrschten Flucht getrieben hätte. Die Erinnerung an ihren Verrat verdüsterte ihr den Tag. Sie brütete, bis Dinafar ihre Hand in die ihre schob. Sie schaute empor in die besorgten grünbraunen Augen. »Vielleicht lebt sie doch noch, J-jern.« Dinafar biß sich auf die Lippe, als sie über den Namen stolperte.
»Das ändert nichts an dem, was ich getan habe.« Serroi lächelte Dinafar an, hob ihre Hand und drückte ihr einen leichten Kuß auf den Handrücken. Dinafar errötete und zitterte. Als Serroi spürte, wie Dinafar zurückschreckte, ließ sie ihre Hand los. »Ich möchte nicht darüber reden.«
Die dahinwankende Menge lichtete sich gegen Mittag. Viele der Reisenden kletterten von der Hochstraße hinunter, um an den Hängen auszuruhen und zu essen, ehe sie ihre Pilgerreise fortsetzten. Serroi und Dinafar gingen mit den übrigen
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