Duell: Island Krimi (German Edition)
wegen dieses … wegen dieses scheußlichen Verbrechens. Ich habe gehört, dass ihr sämtliche Personen, die in der Fünfuhrvorstellung waren, gebeten habt, sich mit euch in Verbindung zu setzen.«
Inzwischen hatte sich etwa die Hälfte der Personen, die sich eine Karte für die Fünfuhrvorstellung gekauft hatten, bei der Polizei gemeldet. Den Aufruf der Kriminalpolizei hatten die Zeitungen neben der Meldung vom Mord gebracht, und sie war auch im Rundfunk verlesen worden. Man hoffte, dass sich weitere Kinobesucher melden würden. Der Fall hatte großes Aufsehen erregt und Bestürzung hervorgerufen. Ein unschuldiger Junge war brutal erstochen worden, und nicht zu wissen, wer ein solches Verbrechen verübt hatte, fanden alle beunruhigend.
»Du hattest aber keine Eile damit, dich mit uns in Verbindung zu setzen?«, fragte Marian.
»Nein«, entgegnete der Meteorologe. »Es … Ich habe im Grunde einfach nichts zu sagen, leider. Ich glaube nicht, dass ich euch von Nutzen sein kann.«
»Kannst du dich daran erinnern, diesen Jungen in der Vorstellung gesehen zu haben?«
Marian reichte ihm ein Foto, das Ragnars Eltern der Polizei zur Verfügung gestellt hatten. In den Zeitungen war noch keines erschienen.
»Ich kann mich an nichts Besonderes erinnern«, sagte der Meteorologe, nachdem er sich das Foto lange angesehen hatte. »Ich achte nicht auf Menschen, weder im Kino noch anderswo. Die Leute starren mich sowieso immer an, und das empfinde ich als unangenehm.«
Der Meteorologe erzählte, woran er sich erinnern konnte. Seinen Aussagen zufolge hatte er etwa in der Mitte des Saals gesessen und nichts Ungewöhnliches bemerkt, während der Film lief. Nach dem Ende des Films seien die Lichter wieder angegangen und die Gäste aufgestanden. Zwei Jungen hatten die Ausgangstüren geöffnet, durch die war er zusammen mit anderen Kinogästen hinausgegangen.
»Alles war wie gewöhnlich«, sagte der Meteorologe, der ziemlich gedrungen wirkte mit seiner krummen Haltung und den hängenden Schultern. Seine große Glatze versucht er zu verbergen, indem er die Haare auf einer Seite länger wachsen ließ und sie über die Glatze kämmte. Er hatte sich aber nicht die Zeit genommen, die Frisur in Ordnung zu bringen, die Haare standen mehr oder weniger waagerecht vom Kopf ab wie eine Windfahne.
»Kannst du dich an eine Frau im Kino erinnern?«, fragte Albert.
»Ja, jetzt, wo du danach fragst, erinnere ich mich, da war tatsächlich eine Frau. Wir gingen praktisch zusammen nach draußen. Sie war die Einzige, die mir aufgefallen ist.«
»War sie allein im Kino?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wie alt war sie?«
»Schätzungsweise so um die dreißig. Sie sah gut aus … soweit ich das gesehen habe.«
»Der Junge, der ermordet wurde, saß ziemlich weit oben am Gang rechts. Du hast nicht irgendwelche Geräusche aus dieser Richtung gehört?«, fragte Marian Briem.
»Nein, ich habe gar keine Geräusche gehört.«
»Und du hast auch nicht gesehen, ob jemand in seiner Nähe saß?«
»Nein. Aber ich hatte mich auch schon ziemlich früh auf meinen Platz gesetzt«, erklärte der Meteorologe, der sich plötzlich an seine Frisur erinnerte und versuchte, die Haare wieder über die Glatze zu streichen. »Vor mir saßen ein paar Jugendliche, sonst ist mir niemand aufgefallen. Und es hat mich auch nicht interessiert. Jetzt wisst ihr, warum ich keine Eile hatte, mich mit euch in Verbindung zu setzen.«
»Du hast auch niemanden bemerkt, der betrunken war?«
»Nein. Betrunken?«
»Niemanden, der beim Verlassen der Vorstellung nicht ganz geradeaus gegangen ist?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Trinkst du?«, fragte Marian rundheraus.
»Wie bitte?«
»Trinkst du? Zum Beispiel Rum?«
»Rum?«
Albert hatte morgens bei der Besprechung mit den Kollegen, die mit dem Fall befasst waren, die Theorie aufgestellt, dass die leere Rumflasche auf dem Fußboden darauf hindeuten könnte, dass Ragnar von jemandem erstochen worden war, der betrunken gewesen war und nicht gewusst hatte, was er tat. Die Techniker von der Spurensicherung waren damit beschäftigt, nach Fingerabdrücken an der Flasche zu suchen, sie zu identifizieren und mit allen bei der Kriminalpolizei archivierten Fingerabdrücken von bekannten Straftätern oder Obdachlosen zu vergleichen. Die Angestellten des Kinos beteuerten hoch und heilig, dass sie keinen Betrunkenen ins Kino gelassen hatten, sie hätten da strenge Anweisungen.
»Wir haben im Saal eine leere Rumflasche gefunden«, erklärte
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