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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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tun?«
    »Die immer allein ins Kino gehen, und zwar meistens in die Fünfuhrvorstellung. Die mögen die späteren Vorstellungen einfach nicht, da ist es ihnen zu voll. Sie kommen, um den Film ungestört zu sehen.«
    »Sind die Sitze nummeriert?«
    »Ja, aber wenn es nur so wenige Zuschauer sind, können sie sich hinsetzen, wo sie wollen.«
    »Ist dir irgendetwas an dem Jungen aufgefallen?«
    »Nein, gar nichts«, sagte die Frau, die Kiddý hieß.
    »Überleg vielleicht noch mal.«
    »Mir fällt nichts ein. Er hatte seine Schultasche dabei.«
    »Er hatte eine Schultasche dabei?«
    »Ja.«
    »Im Sommer ist doch gar keine Schule.«
    »Trotzdem hatte er seine Tasche dabei.«
    Das Mädchen vom Kiosk stand daneben und hörte dem Gespräch zu. Sie war noch keine achtzehn, hatte geweint und wirkte sehr verstört, obwohl Kiddý versucht hatte, sie zu trösten. Kaum einer hätte vor der Vorstellung etwas bei ihr gekauft, sagte sie, als Albert sie danach fragte. Sie hatte nur eine Frau unter den Zuschauern gesehen, die anderen Kinogäste waren alles Männer gewesen, die sie aber weder kannte noch beschreiben konnte. Sie konnte nicht bestätigen, dass der Junge eine Schultasche dabeigehabt hatte.
    Marian Briem beobachtete die Techniker von der Spurensicherung bei ihrer Arbeit, als Albert hinzutrat und von der Schultasche erzählte. Man wartete auf stärkere Scheinwerfer, denn obwohl die gesamte Beleuchtung eingeschaltet war, reichte das Licht im Saal nicht. Die blutüberströmte Leiche hatte niemand angerührt, seitdem der Platzanweiser den Jungen angestoßen hatte. Auf dem Sitz und auf dem Fußboden war ebenfalls viel Blut. Die Kriminaltechniker behalfen sich mit Taschenlampen. Einer von ihnen fotografierte die Leiche, das Blut und die leere Popcorntüte, die auf dem Boden lag. Blitze zuckten in regelmäßigen Abständen auf, bis der Fotograf schließlich genügend Bilder gemacht hatte.
    »Hier ist sehr viel Blut geflossen«, sagte der Arzt, der zum Tatort gerufen worden war und den Totenschein ausgestellt hatte. »Zwei Stiche direkt ins Herz. Wahrscheinlich ist kaum noch Blut im Körper.«
    »Seht ihr da irgendwo eine Schultasche?«, rief Marian Briem den Technikern zu.
    Einer von ihnen blickte hoch.
    »Hier ist keine Schultasche«, rief er zurück.
    »Er soll eine Schultasche dabei gehabt haben«, sagte Marian. »Könnt ihr das überprüfen?«
    Ein anderer Kriminaltechniker war an den Reihen entlanggegangen und hatte sie mit einer starken Taschenlampe ausgeleuchtet. Er rief etwas, und Marian ging zu ihm. Dort, wo Zuschauer gesessen hatten, lagen allerlei Abfälle auf dem Boden, Popcorntüten, Limo-Flaschen oder Einwickelpapier von irgendwelchen Süßigkeiten. Auf diese Weise war es möglich festzustellen, wo die Zuschauer gesessen hatten, die sich vor der Vorstellung etwas am Kiosk gekauft hatten. Und Marian hatte auf dem Boden unter den Sitzen, die sich in direkter Nähe der Leiche befanden, weder Popcornkrümel noch andere Abfälle gesehen. Der Techniker hielt die Taschenlampe weit von sich und leuchtete mitten in eine Reihe im unteren Parkett, dort lag eine Flasche. Er ging hin und beleuchtete sie.
    »Was ist das für eine Flasche?«, fragte Marian Briem.
    »Rum«, antwortete der Techniker. »Eine leere Rumflasche. Sie könnte auch von weiter oben bis hierher gerollt sein, auch wenn die Schräge im Parkett sehr gering ist. Hier liegt nämlich sonst kein Abfall.«
    »Nicht anfassen«, sagte Marian. »Wir müssen eine Zeichnung vom Saal anfertigen, um alles genau zu erfassen.«
    »Ich glaube, ich habe genügend Material«, erklärte der Fotograf, nachdem er eine Aufnahme von der Flasche gemacht hatte. Er verließ das Kino durchs Foyer. Marian folgte ihm und winkte den Platzanweiser herbei, der Matthías hieß. Sie gingen zusammen zurück in den Saal, und Marian bat ihn, ganz genau zu beschreiben, wie er die Leiche vorgefunden hatte. Matthías beschrieb die Szene und versuchte, sich an alles zu erinnern, was seiner Meinung nach von Wichtigkeit sein könnte.
    »Wie viele Karten wurden für die Fünfuhrvorstellung verkauft?«, fragte Marian.
    »Ich habe vorhin Kiddý gefragt, sie hat fünfzehn Karten verkauft.«
    »Kanntet ihr jemandem aus dem Publikum? Waren irgendwelche Stammgäste darunter?«
    »Nur dieser Junge«, sagte der Platzanweiser. »Ich habe aber nicht so genau darauf geachtet. Hier wird im Moment ein amerikanischer Western gezeigt, der einigermaßen gut läuft. Ich glaube, die Besucher waren praktisch nur Männer.

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