Duell: Island Krimi (German Edition)
reden.«
»Auch von deinem Apparat aus?«
Josef zuckte die Achseln.
»Es gibt auch noch Abhörmanöver anderer Art. Wir wissen bereits seit geraumer Zeit, dass die Russen solche Abhörgeräte …«
»Wer sind ›wir‹?«
»Das spielt keine Rolle«, sagte Josef. »Eine bestimmte Person hat sich mit mir in Verbindung gesetzt, und sie drückte sich so aus.«
»Natürlich spielt es eine Rolle.«
»Hör dir doch erst mal an, was ich dir sagen will, Marian, dann kannst du immer noch die Klappe aufreißen. Wir wissen wie gesagt bereits seit geraumer Zeit, dass die Russen sich in hohem Maße der Abhörtechnik bedienen, um sich über all das, was sich in Keflavík abspielt, auf dem Laufenden zu halten. Über die NATO -Basis und das, was von dort hin und her transportiert wird, die technische Ausrüstung, die Besatzung, die Aufklärungsflüge, die U-Boot-Patrouillen.«
»Und zweifelsohne machen die Amerikaner umgekehrt genau dasselbe, wo immer sie sich in der Welt befinden«, sagte Marian.
»Selbstverständlich«, sagte Josef. »Lass uns jetzt bloß nicht darüber diskutieren, wer von beiden schlimmer ist, aus meiner Sicht ist das Jacke wie Hose. Wir wissen, dass die Russen mit ihren ausrangierten Geräten zum Kleifarvatn-See fahren und den Krempel dort versenken. Das machen sie schon seit vielen Jahren, und wir unternehmen nichts dagegen, wegen des Herings. Die kaufen uns schlicht und ergreifend mehr Hering ab als alle anderen, wie du weißt, und deswegen lassen wir uns durch das, was sie an dem See treiben, nicht allzu sehr irre machen.«
»Versenken die dort Abhörgeräte?«
»Wir besitzen Fotos, die das beweisen.«
»Aber bis hier hinaus aufs Meer reichen die verdammten Abhörgeräte doch nicht, oder?«
»Ich wollte unbedingt auf Nummer sicher gehen. Und außerdem hab ich Heißhunger auf Seehasen. Ich ging davon aus, du würdest Spaß an einer kleinen Bootsfahrt haben.«
»Keine Ahnung, wie du darauf kommst«, erklärte Marian. »Das ist ein ziemliches Missverständnis.«
»Wie du willst. Was Lauschangriffe von isländischer Seite betrifft, wird das alles ordnungsgemäß registriert, und in jedem einzelnen Fall gibt es Protokolle über die Mitschnitte, die wurden mitstenografiert und dann abgetippt. Auf einer gewissen Stufe gehen sie durch die Hände dieses Mannes, der sich mit mir in Verbindung gesetzt hat. Er weiß, dass wir uns kennen, und er weiß, dass du die Ermittlung im Fall Hafnarbíó leitest, dem Mord an dem Jungen.«
»Und?«
»Auf einem dieser Mitschnitte wird in einer besonderen Weise darauf angespielt.«
»Auf den Mord?«
»Auf das Kino. Der Mitschnitt fand kurz vor dieser Kinovorstellung statt, und das Kino kommt darin vor. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es das Hafnarbíó gewesen sein muss.«
»Wieso?«
»Sie treffen sich im Kino.«
»Wer trifft sich im Kino?«
»Das ist ein Satz aus diesem Abhörprotokoll. Jemand sagt auf Englisch: They’ll meet in the cinema . Wir wissen nicht, wer da angerufen hat, denn der Anruf kam aus einer öffentlichen Telefonzelle unten am Kalkofnsvegur. Der Akzent war nicht leicht zu bestimmen, doch wir wissen, wer angerufen wurde. Das Gespräch war sehr kurz, es bestand nur aus diesem einen Satz, eine Antwort gab es nicht. Der Angerufene hat sofort den Hörer aufgelegt, und der andere auch. Es ist nur dieser eine Satz zu hören: Sie treffen sich im Kino .
»Und wer wurde angerufen?«
»Er heißt Viðar Eyjólfsson. Steht in Verbindung zur alten sozialistischen Partei. Ein Kommunist.«
Marian starrte Josef in seinem Islandpullover und mit der Schiffermütze auf dem Kopf an. Der sah in der hellen Morgensonne auf die gleißende Meeresoberfläche hinaus.
»Seltsam, dass du mit mir über Abhöraktionen sprechen wolltest«, meinte Marian schließlich. »Der Junge im Hafnarbíó wurde mit größter Wahrscheinlichkeit ermordet, weil jemand glaubte, sein Gespräch würde abgehört.«
Fünfundzwanzig
Marian berichtete Josef über den Stand der Ermittlung, über Ragnars Familie, die erst vor Kurzem ins Breiðholt-Viertel gezogen war, über seine Schwestern und die Mutter und den Kassettenrekorder, den er bei sich gehabt hatte. Dass er den Ton von Filmen aufzeichnete und auf Kassetten sammelte und dass er mindestens einmal deswegen in Schwierigkeiten geraten war. Marian schilderte ihm auch, wer zusammen mit Ragnar in der Fünfuhrvorstellung gewesen war, von dem nicht gerade vom Schicksal begünstigten Konni und dem Meteorologen aus dem Fernsehen bis hin zu
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