Duell: Island Krimi (German Edition)
Elektrogeräte, Autos und in den neuen Stadtvierteln Häuser mit allem möglichen Komfort.
»Glaubst du im Ernst, dass das Ergebnis dieses Matchs eine abgekartete Sache ist?«, fragte Marian und schälte sich aus dem Ölzeug, um es anschließend wieder in den Schuppen zu bringen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Josef. »Ich weiß nur, dass im Kalten Krieg schon ganz andere Dinge passiert sind.«
»Ich muss über diese Abhöraktionen nachdenken. Ist es nicht vollkommen absurd, dass sich die wenigen Isländer gegenseitig abhören?«
»Für mich nicht. Hier auf dem Land ist es doch schon seit Langem ein Volkssport, dass die Menschen bei diesen in Reihe geschalteten Telefonen horchen, was andere sich zu sagen haben.«
Josef musste unwillkürlich lächeln.
»Ich habe eher an das Hafnarbíó und deine beiden Männer dort gedacht«, sagte er.
»Und?«
»Du gehst davon aus, dass es zwei Personen gewesen sein müssen, die im Kino waren und den Jungen zum Schweigen gebracht haben?«
»Ja.«
»Wegen dieser Zigarettenschachtel russischer Herkunft, die du in der Nähe des Kinos gefunden hast?«
»Ja.«
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass es auch eine dritte Person gegeben haben könnte?«
»Ja. Wir haben auch diese Möglichkeit in Betracht gezogen, aber nicht weiter verfolgt.«
»Zwei im Kinosaal, einer draußen. Der mit der Zigarettenschachtel.«
»Der die beiden anderen beschattet?«
»Möglich«, sagte Josef.
»Mit anderen Worten, zwei sind im Kino verabredet, und ein dritter beschattet sie.«
»Vielleicht ist er ja hinter einem von ihnen her. Womöglich sogar hinter beiden. Vielleicht war er es, der an diesem abgehörten Anschluss angerufen hat.«
»Und dieser Jemand raucht russische Zigaretten?«
»Das ist keineswegs abwegig.«
»Warum wird dieser Viðar Eyjólfsson abgehört?«, fragte Marian.
»Ich weiß es nicht genau.«
»Wegen der Sozialistischen Partei? Wegen des Elektrizitätswerks? Wer ist das überhaupt?«
»Ich habe wirklich keinen Schimmer, was er mit all diesen Dingen zu tun hat«, sagte Josef.
»Viðar Eyjólfsson? Würdest du mir Bescheid geben, falls etwas Neues bei dieser Abhöraktion rauskommt?«
»Selbstverständlich. Der dritte Mann ist übrigens eine sehr interessante Hypothese, findest du nicht? Reykjavík ist natürlich nicht Wien, aber die Theorie ist interessant.«
»Vor allem macht sie den Fall noch komplizierter«, entgegnete Marian und ließ den Blick über die weite Faxaflói-Bucht schweifen, die sich im gleißenden Sonnenschein präsentierte. Wie schon so oft erinnerte sich Marian an den Satz, der damals im Tuberkulose-Spital in Vífilsstaðir häufig gesagt wurde: ›Was für ein Tag‹.
Albert sah von der Lektüre der Abendzeitung auf, als Marian kurz vor Mittag auftauchte und sich ächzend aufs Sofa fallen ließ.
»Wo bist du denn gewesen?«, fragte Albert.
Er erhielt eine ebenso kurze wie unverständliche Antwort.
»Auf Seehasenfang.«
Sechsundzwanzig
Marian wollte so schnell wie möglich mit dem Hauptkassierer beim E-Werk und ehemaligen Revisor der Sozialistischen Partei Viðar Eyjólfsson sprechen, aber im Vorfeld zunächst einmal so viel wie möglich über ihn in Erfahrung bringen. Das war nicht ganz einfach, da Viðar von irgendwelchen Anfragen bei Genossen oder Freunden sofort erfahren würde. Albert konnte auch nicht an dieser Aktion beteiligt werden, denn Marian hatte ihm nichts über das Treffen mit Josef an Bord des Fischerbootes erzählt. Josef hatte sich ziemlich unklar dazu geäußert, weshalb Viðar abgehört wurde. Er hatte nur auf irgendwelche Verbindungen zur sozialistischen Jugendorganisation verwiesen, zu jungen überzeugten Kommunisten und Gegnern der amerikanischen Militärbasis.
Marian fand heraus, dass Viðar Eyjólfsson über Jahre hinweg ein einflussreicher Mann innerhalb der Sozialistischen Partei gewesen war, obwohl er sich meistens im Hintergrund gehalten hatte. Nur wenige Außenstehende kannten ihn, obwohl er zu den innersten Kreisen der Partei gehörte. Als sich die Partei vier Jahre zuvor neu strukturiert und ihren Namen in Volksallianz geändert hatte, waren neue Leute hinzugestoßen, die andere Akzente setzten. Die Partei war dem Kreml inzwischen weniger hörig, und Viðar hatte sich allmählich aus der Parteiarbeit zurückgezogen und ließ sich schließlich noch nicht einmal mehr auf Parteiversammlungen blicken. Er hatte trotzdem immer noch großen Einfluss, vor allem bei älteren Parteigenossen, soweit Marian Briem
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