Duell: Island Krimi (German Edition)
Albert, der nicht wusste, was er darauf antworten sollte. »Dann ist diese Basis ja doch zu etwas gut.«
»Soweit ich verstehe, geht es dir um Informationen über einen bestimmten Russen? Weshalb fragst du nach ihm?«
»Wir versuchen, uns Klarheit über all das zu verschaffen, was hier im Zusammenhang mit der Schachweltmeisterschaft vor sich geht. Dieser Mann ist für uns ein völlig unbeschriebenes Blatt«, sagte Albert in sorgfältig gewählten Worten. »Wir möchten kein Risiko eingehen.«
»Weshalb erkundigt ihr euch dann nicht bei den Russen?«
»Sie beantworten keine Anfragen«, erklärte Albert ohne zu zögern. »Und da wir nicht möchten, dass die amerikanische Botschaft erfährt, mit was wir uns befassen, kam ich auf die Idee, mit jemandem von euch zu sprechen. Trotz des Fischereikonflikts.«
Harris grinste wieder.
»Du kennst den ganzen Zirkus rund um dieses Match«, fuhr Albert fort. »Misstrauen, Argwohn und Beschuldigungen von beiden Seiten, giftige Dämpfe und Hypnotiseure in jeder Ecke, um die Kontrahenten zu beeinflussen. Wir arbeiten mit dem isländischen Schachverband zusammen, dem es darum zu tun ist, dass keine üblen Machenschaften im Gange sind, wenn man das so ausdrücken darf.«
Er zog das Foto von dem Russen aus der Tasche und reichte es Harris.
»Er gehört zur Delegation des russischen Sportministers«, erklärte Albert.
Der englische Botschaftsmitarbeiter nahm das Foto entgegen und betrachtete es lange.
»Wir wissen, dass er in Island ist«, sagte er schließlich mit ernster Miene. »Er steht ziemlich oben in der Nomenklatura, und das zeigt, wie wichtig das Match in den Augen der Russen ist. Juri reist nur selten ins Ausland.«
»Juri?«
»Juri Vygocki«, sagte Harris. »Der dritte Mann von oben.«
»Von oben?«
»In der Hierarchie.«
»Wo?«
»Beim sowjetischen Geheimdienst«, sagte Harris. »Erstaunlich, dass ihr ein so gutes Foto von ihm schießen konntet. Er scheint nachgelassen zu haben. Darf ich es behalten?«
»Selbstverständlich. Ich habe noch mehr davon.«
»Wir wissen, dass er mit dem Minister nach Island gekommen ist. Wegen der Schachweltmeisterschaft. Wir gehen davon aus, dass er die Organisation des Ganzen in Händen hat, was den Geheimdienst anbelangt, deswegen ist er bereits seit geraumer Zeit in Island. Ist er irgendwie aufgefallen? Das sähe ihm nicht ähnlich.«
»Nein. Uns geht es nur darum zu wissen, wer der Mann ist«, sagte Albert. »Wir wissen, dass es sowohl in der russischen als auch in der amerikanischen Botschaft von Agenten nur so wimmelt. Wahrscheinlich bei euch auch.«
Gordon Harris grinste wieder.
»Es überrascht mich nicht, dass ihr mehr über diesen Mann wissen wollt. Juri Vygocki führt ein Spionagenetz, das sich über ganz Nordeuropa erstreckt. Nicht nur Skandinavien, sondern auch Island. Er ist der Drahtzieher im Hintergrund, und er verlässt, wie gesagt, die Sowjetunion nur selten. Er scheint relativ sicher im Sattel zu sitzen. Möglicherweise ist er sogar der Erbprinz innerhalb des KGB . Hat er irgendwelche Kontakte zu Isländern?«
»Nein«, sagte Albert, »soweit wir wissen, nicht.«
»Hier wäre natürlich einiges zu holen«, sagte Harris. »Der amerikanische Stützpunkt in Keflavík. Aufklärungsflüge. U-Boot-Expeditionen. Island ist so gesehen ein strategisch wichtiges Gebiet zwischen Ost und West. Für uns, die wir nur den Kabeljau fangen wollen, ist das allerdings außerordentlich ungünstig.«
»Er ist also ein hohes Tier beim KGB ?«
»Es gibt nur wenige, die über ihm stehen.«
Marian zerknüllte das Telegramm in der Tasche. Es war unmittelbar nach der Besprechung mit dem Dezernatsleiter eingetroffen, mit Angabe von Datum und Ankunftszeit, abgesendet von der Gullfoss, die gerade in den Reykjavíker Hafen einlief. Auf dem mittleren Kai hatten sich zahlreiche Menschen eingefunden, um die Passagiere in Empfang zu nehmen, Freunde und Verwandte, die zu winken begannen, als das Schiff in den Hafen fuhr. Auf dem Kai standen aber auch Arbeiter, die für das Löschen der Ladung zuständig waren, und Zollbeamte, ebenso wie neugierige Passanten und das Personal, das während der Anlegezeit das Schiff abfertigte.
Seitdem Reykjavík in Sicht war, standen die Passagiere aufgereiht an der Reling, und immer mehr kamen hinzu. Andere waren noch damit beschäftigt, nach der Überfahrt ihre Koffer zu packen und die Kabinen zu räumen. Die Schiffsbesatzung hatte am Ende einer langen Reise ebenfalls viel zu tun. Auf dem Oberdeck,
Weitere Kostenlose Bücher