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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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schwarz. Eine Weile saßen sie einander schweigend gegenüber. Schließlich sagte Ruven: »Ich habe gehört, dass ihr am Küstenstreifen Leichen gefunden habt.«
    Femke formte ihre Hände wie zu einem Kelch und versenkte erschöpft das Gesicht darin. »Ich darf dir nichts darüber sagen.«
    »Ich weiß.«
    Femke blickte wieder auf und verfolgte, wie Ruven einen Schluck trank.
    »War Vikki darunter?«, fragte er.
    »Es wird weiter nach ihr gefahndet. Von wem hast du das überhaupt erfahren?«
    »Eine Armee von Polizisten mitsamt Hubschraubern und Straßenabsperrungen ist kaum zu verheimlichen. Außerdem hat Enno Berkens vom Steuerhaus der Fähre aus Polizisten in weißen Anzügen in den Dünen gesehen, die auf ihn wie Astronauten auf dem Mond gewirkt haben, weswegen er sich die Sache mit dem Fernglas genauer angesehen hat.«
    »Aha. Und da will Enno Berkens dann auch Leichen gesehen haben, nehme ich an?«
    »Nein.« Ruven stellte die Tasse ab. »Ein Leichenwagen hat an der Tankstelle gehalten, und dessen Fahrer hat beim Bezahlen erklärt, dass in den Dünen Tote gefunden worden seien. Das wiederum habe ich beim Tanken gehört.«
    Femke blähte die Backen. Ziemlich jeder wusste also Bescheid. So viel zu dezenter Ermittlungsarbeit. Dann stand sie auf, öffnete den Kühlschrank, nahm eine Flasche Wodka heraus, goss sich etwas davon in ein Wasserglas und leerte es mit einem Schluck. Ruven bot sie mit dem Hinweis nichts an, dass er noch fahren müsse. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch und rieb sich über die Augen.
    Ruven drehte die Kaffeetasse nachdenklich um ihre Achse. Seine Augen glänzten im Licht der Deckenbeleuchtung. »Hat Fokko etwas damit zu tun?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Man spricht darüber, dass er in der Sache vernommen worden ist. Außerdem wohnt er ganz in Nähe der Gegend, die ihr absucht.« Femke sparte sich die Nachfrage, aus welcher Quelle das nun wieder stammte. Ruven registrierte ihren Blick und erklärte: »Du weißt, wie die Leute sind.« Er zuckte mit den Achseln.
    Ja, das wusste sie. Die Leute hatten Angst bekommen, und sie gaben ihrer Angst gerne schnell einen Namen. Genau das hatte sie befürchtet.
    Sie sagte: »Fokko ist als Zeuge befragt worden. Es gab bislang keine offizielle Vernehmung.« Femke stöhnte und vergrub das Gesicht wieder in den Händen. »Wahrscheinlich«, sagte sie zwischen den Fingern hindurch, »wird Tjark den ganzen Ort vernehmen lassen, und dann können sich alle gegenseitig die Schuld zuschieben. Oder auch nicht. Ach, ich weiß es doch auch nicht.«
    Ruven schwieg einen Moment und schien nachzudenken. »Fokko soll sich kürzlich lautstark mit Jan Kröger und Carsten Harm beim Griechen gestritten haben.«
    Femke nahm die Hände wieder aus dem Gesicht und blickte müde auf. Kröger und Harm waren die beiden Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat. »Ja, und? Tut das irgendwas zur Sache?«
    »Keine Ahnung. Die beiden sind letzte Woche beim Matjesfest mit Vikki gesehen worden.«
    »Mit Vikki Rickmers?«
    Ruven nickte. »Haben meine Jungs erzählt, die die Security an dem Abend gemacht haben.«
    »Vikki war beim Matjesfest?« Die Gedanken schwirrten in Femkes Kopf, tanzten Lambada und drifteten wieder auseinander. Sie hatte den ganzen Tag über kaum etwas gegessen, war übermüdet, und der Wodka wirkte so schnell, als hätte sie ihn sich intravenös verabreicht.
    »Anscheinend war sie das, ja.«
    »Dann wird sie an dem Abend auch mit Hunderten anderer Bürger gesehen worden sein …«
    »Sicher. Aber nicht alle standen wohl so dicht bei ihr wie Carsten Harm.«
    Femke wischte sich über die Augen. »Ruven, es ist schon spät, und ich bin wirklich nicht mehr aufnahmefähig. Vielleicht können wir morgen …«
    Ruven stand sofort auf. »Danke für den Kaffee. Versuch, noch eine Mütze voll Schlaf zu bekommen.«
    Femke lächelte matt. Ihr war schwindelig. »Danke, dass du vorbeigeschaut hast.«
    Ruven wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um. »Komm doch morgen nach Dienstschluss zum Boot. Ich koche was für uns. Dann reden wir weiter.«
    Femke sog die Luft durch die Nase ein. Eigentlich hielt sie ein gemeinsames Abendessen für keine so gute Idee. Ruven könnte das als einen Strohhalm missverstehen und sich daran klammern. Aber sie war zu müde, um nein zu sagen, und antwortete: »Okay.«
    »Perfekt.« Ruven setzte seine Cap auf. Dann ging er nach draußen, ließ den Motor an und fuhr fort. Femke schleppte sich ins Bad, putzte die Zähne, zog sich bis auf den

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