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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Du gehörst mir, und du lebst nur so lange, wie ich es zulasse. Vielleicht ziehe ich dir etwas Haut ab und lasse sie dich essen – mal sehen, ob du dann immer noch magst, was ich tue.«
    Vikki wagte einen weiteren Schritt. »Ich hätte sehr gerne etwas zu essen. Ich bin hungrig.«
    Wieder stockte der Mann. Dann lachte er erneut. Schließlich zog er ein Messer aus der Jackentasche. Vikki zuckte zusammen. Papa hatte auch so ein Messer besessen, sehr scharf und zweischneidig, zum Ausnehmen von Fischen. Sie dachte an den Kasten, den der Mann mitgebracht hatte. Dass dort ein Kopf hineinpasste. Vikki keuchte. Der Mann drehte das Messer in der Hand und beugte sich zu ihr herab. Sie versuchte, sich näher an die Wand zu drängen, und gab einen erstickten Laut von sich. Sie schloss die Augen, und …
    Im nächsten Moment hatte er den Plastikstreifen aufgeschnitten, mit dem ihre Füße gefesselt waren. Dann stellte er sich wieder hin und steckte das Messer weg.
    »Spreiz die Beine«, sagte er.
    Vikki zitterte am ganzen Körper. Wenn man gut zu dem Puck war, hatte ihr Onkel gesagt, tat er einem nichts Böses. Behandelte man ihn schlecht, dann fraß er einen auf – oder schnitt einem den Kopf ab und packte ihn in einen Kasten, um ihn als Andenken mitzunehmen.
    Vikki stellte also die Beine auseinander und versuchte, ein verführerisches Lächeln aufzusetzen, was ihr nur schwerlich gelang. Der Mann betrachtete sie eine Weile schweigend. Schließlich schnaubte er. »Ich ficke dich, wenn ich es will.« Dann deutete er auf den Kasten zu seinen Füßen. »Das ist eine Campingtoilette. Du wirst sie benutzen. Unter dem Verschluss befindet sich eine Tüte. Darin ist etwas zu essen und zu trinken, Vikki.«
    Damit drehte er sich um und verließ den Raum durch die grüne Stahltür, die er hinter sich abschloss.
    Sein letztes Wort hatte Vikki erschaudern lassen. Er kannte ihren Namen. Woher? War das Zufall? Wieder bebte ihr Körper. Bevor sie von einem Weinkrampf geschüttelt wurde, legte sie die Knie aneinander, um sich aus der obszönen Pose zu lösen. Nach einer Weile wandelte sich das Weinen in ein Schluchzen, und der Tränenschleier vor ihren Augen verschwand. Schließlich begriff sie, dass er dieses Mal das Licht angelassen hatte und nur noch ihre Hände gefesselt waren. Freiheit – wenigstens ein wenig. Und neben ihr lag die Kupferschlinge, die nach wie vor mit einem Kabel am Sicherungskasten verbunden war. Er hatte sie ihr nicht wieder umgelegt. Aber noch wichtiger: Essen und Trinken!
    Dass er ihr die Sachen gebracht hatte, konnte nur bedeuten, dass er sie länger hierbehalten wollte. Wie ein Tier. Und wie sollte sie mit gefesselten Händen den Kasten aufbekommen, wenn nicht auf entwürdigende Art und Weise mit den Zähnen oder akrobatischen Verrenkungen? Wie entwürdigend war es bereits, dass ihre Nahrung in einem Chemieklo verstaut war? Dann verblassten die Gedanken, und ihr Überlebensinstinkt übernahm wieder die Kontrolle. Essen, dachte sie. Trinken. Und konnte sie die Campingtoilette, wenn sie sie richtig zu fassen bekäme, nicht schwingen und dem Mann damit den Schädel einschlagen?
    Vikkis Blick fiel erneut auf die Drahtschlinge am Boden. Das Metall war an einigen Stellen mit einer Art Schaumstoff isoliert, so dass es mit ihrer Haut nur dann in Berührung gekommen war, wenn sie daran geruckt hatte. Sie betrachtete das Holzfass. Strom und Wasser, dachte sie, vertrugen sich nicht. Ganz und gar nicht.

27
    Femke schob den Stick in den USB -Anschluss ihres privaten Laptops. Er stand auf dem Büroschreibtisch neben dem Dienst- PC , der über eine veraltete USB -Schnittstelle und einen stattlichen Röhren-Bildschirm verfügte. Sie hätte ihn längst gegen einen flachen Monitor austauschen wollen – zur Not auch gegen einen selbst gekauften für hundert Euro, was ihr allerdings nicht genehmigt worden wäre, wie sie wusste.
    Mit einem Klick öffnete sie den Ordner, in dem sich einige .avi-Filmdateien befanden. Sie stammten von den Webcams am Hafen, die vom Kur- und Verkehrsverein betrieben wurden. Femke hatte lediglich über den Flur in den anderen Gebäudeteil gehen müssen, um die Clips in der Tourist-Info zu besorgen. Normalerweise wurden die Live-Bilder in einer Endlosschleife auf einer Festplatte gesichert, die sich alle vierundzwanzig Stunden löschte, weil sie ansonsten innerhalb kürzester Zeit voll gewesen wäre. Mit der Webcam-Pflege war allerdings Lars Ingersoll beauftragt, der in der Nähe vom Edeka-Markt ein kleines

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