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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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diskutieren, dass er verschwinden soll? Ich glaube nicht, dass der darauf reagiert. Der braucht die harte Tour. Genauso wie deine Mörder. Und du bist der, dessen Job es ist, denen das Handwerk zu legen. Du hast es dir so ausgesucht.«
    »Da hast du recht.«
    Die Tür ging auf. Die Nachtschwester kam mit einem Beutel herein.
    »Ölwechsel«, sagte Harald.
    Die Nachtschwester säuselte: »So, der neue Tropf, Herr Wolf – und die Besuchszeit ist nun wirklich vorbei.«
    Tjark stand auf und drückte seinem Vater die Schulter. Harald nickte nur.
    »Vergiss nicht, wer du bist, Junge!«, sagte er. »Versprich mir, dass du das Arschloch erledigst. Und dann komm zurück und sag mir, dass du ihn erwischt hast.«
    »Versprochen.« Tjark griff in die Innentasche und zog die Broschüre vom Deutschen Krebsforschungszentrum heraus, die zusammengefaltet darin steckte. Er warf sie neben Harald aufs Bett. »Sieh es dir wenigstens mal an!« Dann verabschiedeten sie sich.
    Tjark ging durch die menschenleeren Flure, verließ das Krankenhaus, überquerte den Parkplatz, stieg in den Wagen und fuhr los. Die Nacht würde er zu Hause verbringen. Er brauchte dringend eine Mütze Schlaf und musste vorher die aktuellen Börsenabschlüsse checken. Morgen standen in Werlesiel einige Befragungen an – ermüdendes und anstrengendes Klinkenputzen.
    Das Handy meldete sich. In der Innentasche zappelte es wie ein Fisch. Als Tjark an einer Ampel hielt und nachsah, zeigte es auf dem beleuchteten Display den Namen von Sabine an. Tjark blickte wieder auf die nächtliche Straße und spürte, dass seine Hände schlagartig feucht wurden – ein nervöser Reflex wie jedes Mal, wenn sie sich meldete. Sie würde ihm Vorwürfe machen, weil er ihre SMS nicht beantwortet hatte. Alles Mögliche würde sie ihm vorhalten. Darin war sie phantastisch – noch besser als in ihrem Job als Anlageberaterin, soweit Tjark es beurteilen konnte. Aber bevor sie mit anklagendem Blick vor der Haustür auftauchen würde, ging er lieber ran.
    »Hier ist Sabine«, meldete sie sich mit düsterer Stimme und ließ einige Augenblicke wortlos verstreichen. Eine schreckliche Angewohnheit von ihr, die dafür sorgen sollte, dass das jeweilige Gegenüber zunächst über den Anlass des Anrufs nachdenken und sich fragen konnte, was es sich hatte zuschulden kommen lassen. »Ich habe dir eine SMS geschickt.« Tjark konnte hören, dass sie auf und ab ging. Vermutlich war sie noch im Büro, trug einen der zweiteiligen Anzüge, die ihr so unverschämt gut standen, hatte das rotblonde Haar offen und war kaum geschminkt, was ihre natürliche Schönheit unterstrich.
    »Ich habe deine SMS gesehen«, sagte Tjark. »Ich hatte noch keine Zeit, mich zurückzumelden. Ich stecke gerade mitten in Ermittlungen und war den ganzen Tag unterwegs. Tut mir leid.« Rechtfertigungen, Erklärungen – er war schneller in der Defensive, als er sich eine Zigarette anzünden konnte. Außerdem tat es ihm überhaupt nicht leid. Er hatte sich absichtlich nicht gemeldet.
    »Tjark, Papa hat mir erzählt, was los ist.« Pause. »Ich war, gelinde gesagt, geschockt und außerdem traurig und enttäuscht, dass ich es nicht von dir erfahren habe, sondern auf diesem Weg. Es hat mich völlig unvorbereitet getroffen.«
    Ja, dachte Tjark. So wie mich der Anblick meiner Frau, die gerade auf einem Bodybuilder reitet. »Die Gelegenheit hatte sich noch nicht ergeben, Sabine. Ich hatte zu viel im Kopf.«
    »Du hattest immer schon zu viel im Kopf, um Gelegenheiten wahrzunehmen, die sich dir geboten haben.«
    Tjark antwortete nicht, sondern stellte das Handy auf Freisprechfunktion und griff nach der Zigarettenschachtel, um sich eine anzustecken. Er wischte die Hand am Hosenbein ab und legte den Gang wieder ein, als die Ampel auf Grün sprang.
    »Ich hatte gehofft«, fuhr Sabine fort, »dass trotz allem noch ein Grundvertrauen zwischen uns besteht.«
    Tjark zog an der Zigarette. Sie kratzte im Hals. Er unterdrückte ein Husten. »Wenn du mich nur angerufen hast, um mir Vorhaltungen zu machen, dann habe ich diese hiermit zur Kenntnis genommen.« Er hörte, dass Sabine jetzt nicht mehr auf und ab ging. Solche Töne war sie von ihm nicht gewohnt.
    »Okay«, antwortete sie und ließ es klingen wie einen Stoßseufzer. »Es beschäftigt mich, Tjark. Es ist immerhin eine lebensbedrohliche Krankheit.«
    Scheiße, wie er diesen Ton hasste. »Richtig, und Papa gehört zu meinem Leben. Er gehört nicht mehr zu deinem. Deswegen gibt es auch keine

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