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Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Titel: Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Nichtraucherboot«, rief er.
    Keller hob abwehrend die Hände und warf die Zigarette durch ein geöffnetes Fenster ins Wasser. Während die alten Damen noch etwas von Unverschämtheit murmelten, wandte er sich wieder an seinen Sohn.
    »Also, was meinst du? Ist das eine Idee?«
    »Hey, Papa!«, herrschte er ihn an. »Es ist alles okay! Hab ich mich nicht klar ausgedrückt? Lass uns einfach diesen albernen Ausflug hier über die Bühne bringen. Mehr will ich gar nicht.«
    Dann konzentrierte er sich wieder ganz aufs Handy. Die Unterhaltung war beendet. Jetzt war es seine Tochter, die verwirrt herübersah und deren Stimmung zu kippen drohte. Keller musste sich erst einmal um sie kümmern. Er zog eine weitere Zigarette hervor, doch dann fiel ihm wieder ein, dass er ja nicht rauchen durfte. Also steckte er sie hinters Ohr und rutschte zu ihr ans Fenster.
    Seinen Sohn würde er sich später vornehmen. Offenbar würde es heute nicht so leicht werden, die Bälle oben zu halten. Er musste eine gute Performance abgeben.
    Wenn er doch nur ein bisschen mehr geschlafen hätte.
    Am Abend stand Carl von seinem Sessel auf, um ein wenig an die frische Luft zu gehen. Dabei spürte er seine Knochen. Er fühlte eine vertraute Müdigkeit, die heute stärker war als sonst. Es war eine Müdigkeit, die nichts mit mangelndem Schlaf zu tun hatte. Er fragte sich, wie lange es noch dauern würde. Er hatte keine Angst vor dem Sterben. Er würde bei Mia sein. Wovor sollte er sich da fürchten?
    Nebenan hörte er die Kinder toben, im Spielzimmer hinter der Küche. Es klang, als würden sie die gesamte Einrichtung auseinandernehmen. Er wunderte sich, dass Christa nicht einschritt. Doch dann sah er die Kellertür einen Spalt weit offen stehen, und Licht fiel von unten herauf. Sie arbeitete also an ihrem Computer.
    Wahrscheinlich sollte er kurz ins Spielzimmer gehen und mit ihnen reden. Aber er fühlte sich nicht stark genug, um dem Lärm und der Lebendigkeit dort entgegenzutreten. Er liebte die Kinder, natürlich, aber manchmal sehnte er sich einfach nach Ruhe. Also nahm er stattdessen den Mantel vom Haken, schlüpfte umständlich hinein, ging nach draußen und zog die Tür leise hinter sich zu.
    Irgendwo in der Siedlung bellte ein Hund, ansonsten war es still. Alle hockten im Innern vor ihren Heizungen. An einem solchen Abend waren die Straßen wie ausgestorben. Er trat in die Dunkelheit des Gartens und ging um das Haus herum. Der feuchte Rasen war bereits gefroren, und die Eiskristalle knirschten unter seinem Schritt.
    Er dachte an den Stammtisch. Er wurde den Verdacht nicht los, dass Heinz Moorkamp und Antonius Holtkamp mehr über die Geschehnisse wussten, als sie sagten. Und dann war da ja noch die Sache mit dem Fotoalbum. Auch wenn keiner verdächtig reagiert hatte. Alle, die auf den Fotos von damals abgebildet sein konnten, waren tot. Er war der Einzige, der jetzt noch lebte. Oder irrte er sich da?
    Er würde noch einmal zu Rosa gehen. Morgen. Wenn er sich die Fotos genauer ansähe, würde er vielleicht über etwas stolpern, was er übersehen hatte. Er wollte es zumindest versuchen.
    Er nahm tiefe Atemzüge. Wie gut die kalte Luft tat. Sie schärfte den Verstand. Wenn da nur nicht die Siedlung mit den vielen Lichtern wäre. Dann könnte er die Natur noch mehr genießen. Aber er lebte nun mal nicht mehr auf seinem Kotten. Daran war nichts zu ändern. Es gab kein Zurück.
    Er war einfach zu alt. Das hatte auch Christa eingesehen, als sie ihn zu sich genommen hatte. Das Leben dort draußen in der Bauernschaft war für ihn allein nicht mehr zu bewältigen.
    Er blickte in die schwarze Nacht. Vor ihm in der Dunkelheit lagen die Wiesen und Felder, dort floss die Düster. Und irgendwo war auch sein Kotten. Seine kleine Scholle Land, die er wie schon sein Vater und sein Urgroßvater bewirtschaftet hatte.
    Ein kleines Licht fing seine Aufmerksamkeit. Da brannte ein Feuer. Zu weit entfernt, um sagen zu können, wo genau. Wahrscheinlich hatte ein Bauer seine Holzabfälle angesteckt. Nur seltsam, dass es bei Dunkelheit geschah, wo es doch verboten war, solche Feuer anzuzünden.
    Die Kinder schrien im Spielzimmer, etwas ging klirrend zu Bruch. Carl wandte sich seufzend ab. Er würde ins Haus gehen, um nach dem Rechten zu sehen. Nicht, dass Christa ihm noch vorwarf, die Kinder zu vernachlässigen.
    Helga Schulte-Stein manövrierte ihren Rollstuhl vorsichtig an die Spüle heran. Ein neuer Versuch. Sie nahm den Kessel, ließ ein wenig Wasser hinein und

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