Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)
einfällt, rufen Sie mich bitte an.«
Mit einem wehmütigen Gefühl nahm er seine Jacke, verabschiedete sich und ging zu seinem Auto.
Nach der Beerdigung kehrten Hambrock und Gratczek zum Dienstwagen zurück, der ganz vorn am Parkplatz stand. Von dort hatten sie einen guten Ausblick auf das Friedhofstor.
»Fahren wir zurück nach Münster?«, fragte Gratczek.
Hambrock fixierte das Friedhofstor. Die ersten Trauergäste tauchten auf und steuerten den Ausgang an. Über dem Friedhof zog eine tiefschwarze Wolkenwand herauf. Der Himmel verdunkelte sich, die Wolken nahmen immer mehr Platz ein und verscheuchten das letzte Licht des Tages. Einige der Gäste sahen hinauf und beschleunigten ihre Schritte. Jeden Moment drohte ein Unwetter auszubrechen.
»Lass uns noch einen Moment warten«, sagte Hambrock.
Sein Handy klingelte. Es war Keller.
»Hallo, Hambrock, ich wollte nur Bescheid geben, dass ich wieder auf den Weg nach Münster bin.«
»Und? Hast du was erreicht?«
Draußen wirbelten einzelne Schneeflocken durch die Luft. Dann waren da schwere Tropfen, die auf die Kühlerhaube aufschlugen.
»Nein. Köln war eine Pleite. Fritz Schulte-Stein lebt gar nicht mehr. Außerdem hatte er die ganzen Jahre über keinen Kontakt zu den Schulte-Steins in Düstermühle. Und in dem Zeitraum, in dem dieser ominöse Wagen mit dem Kölner Kennzeichen auf dem Hof aufgetaucht sein soll, lag Fritz bereits todkrank im Bett.«
»Du klingst enttäuscht. Ich denke, du hast an diesen seltsamen Besucher ohnehin nicht geglaubt.«
»Schon. Aber es hätte halt so gut gepasst. Wie auch immer. Wenn es diesen Wagen tatsächlich gegeben haben sollte, war das bestimmt ein Futtermittelvertreter oder so was.«
»Das denke ich auch. Danke für den Anruf. Wir sehen uns später im Präsidium.«
Gratczek schien sich nicht so recht über die erneute Niederlage seines Kollegen freuen zu können. Es war eben schon die zweite Sackgasse an diesem Tag.
Der Niederschlag verwandelte sich jetzt in Eisregen. Ein scharfer Wind kam auf, und im nächsten Moment goss es wie aus Kübeln. Das Prasseln auf dem Wagendach wurde ohrenbetäubend. Gratczek stellte die Scheibenwischer auf höchster Stufe ein, dennoch war draußen kaum etwas zu erkennen. Die Gäste am Friedhofstor stürzten wie die Hühner in alle Richtungen davon.
»Wir kommen keinen Zentimeter weiter«, sagte Gratczek.
»Das Gefühl habe ich auch.«
»Verfluchtes Düstermühle. Dabei sah am Anfang alles so einfach aus.«
Neben ihrem Wagen tauchten Heinz und Inge Moorkamp auf. Heinz riss die Beifahrertür seines Mercedes auf, scheuchte seine Frau hinein, rannte dann um das Heck herum und sprang ebenfalls ins Innere. Der Motor heulte auf, dann flatterten die Scheibenwischer los.
Gratczek betrachtete schweigend den Mercedes.
» Die wissen auf jeden Fall was«, meinte er. »Davon bin ich überzeugt.«
Hambrock nickte. »Zumindest Heinz. Aber Inge wohl auch. Ob sie den Mörder kennen, sei dahingestellt. Aber mein Gefühl sagt mir, sie wissen, worum es hier geht. Und sie haben einen Grund, uns da nicht einzuweihen.«
»Dieser ganze Stammtisch ist doch verdächtig, wenn du mich fragst. Die alten Männer führen was im Schilde.«
Der Mercedes bahnte sich seinen Weg durch den Eisregen, bog auf die Straße und fuhr davon.
»Wir haben mit allen Mitgliedern des Stammtisches gesprochen. Das hat uns kein bisschen vorangebracht.«
»Nein. Die Bagage hält zusammen.«
Carl Beeke tauchte am Friedhofstor auf. Mit schwarzem Zylinder und Sonntagsanzug und über seinen Stock gebeugt. Er schien bemüht, sich zu beeilen, aber seine Beine kamen wohl nicht so richtig voran. Hinter ihm ging seine Tochter Christa. Sie hielt einen riesigen und unverwüstlichen Regenschirm über sich und ihren Vater. Doch obwohl sie darunter größtenteils trocken blieben, wirkte Christa ziemlich gehetzt. Diskret warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr, dann sprach sie ihrem Vater zu und schob ihn sanft weiter.
» Er müsste eigentlich etwas wissen«, meinte Gratczek. »Auch wenn er das bestreitet. Ich weiß nicht. Denkst du, er ist aufrichtig zu uns?«
»Wenigstens ist das mein Gefühl.«
»Aber er gehört doch auch zum Stammtisch.«
»Schon. Aber aus irgendeinem Grund ist er ahnungslos, was hinter dem Mord steckt. Wenn ich seine Befragungen lese, kommt es mir vor, als ob er auch nicht viel mehr wüsste als wir. Er wirkt ziemlich ratlos.«
»Was aber merkwürdig ist. Wenn einer die Leute in Düstermühle kennt, dann doch er. Kein
Weitere Kostenlose Bücher