Duft des Mörders
Kopf:
Adam ist tot. Adam ist tot.
Sie musste an den Stadtstreicher denken, dem Adam und sie am vergangenen Abend zweimal begegnet waren. War das nur Zufall? Oder war er Adam und ihr bis zum Lokal und von dort bis zum Parkhaus gefolgt?
Mit zitternden Knien ging sie zum Küchenfenster und sah hinunter auf den Park. Ein großer Teil des Heckscher Playground war von hier aus gut zu sehen, allerdings nicht das Karussell. Am helllichten Tag und in der Gesellschaft Dutzender anderer Jogger hatte sich Jenna dort immer sicher gefühlt. Nachts allerdings war es anders; jeder, der nur einen Funken gesunden Menschenverstand besaß, wusste, dass es nach Anbruch der Dunkelheit viel zu gefährlich war, allein im Park unterwegs zu sein. Warum hatte Adam ausgerechnet in der Nacht einen solchen Ausflug gewagt?
Oder hatte er das gar nicht?
Während Jenna die Gold-, Rot- und Gelbtöne des herbstlichen Parks betrachtete, dachte sie an ihr Gespräch mit Adam. Er war davon überzeugt, auf ihren Fotos den Beweis dafür zu finden, dass Faxel in irgendwelche illegalen Aktivitäten verstrickt war. Was, wenn jemand von seinen Ermittlungen Wind bekommen und beschlossen hatte, ihnen ein Ende zu setzen, indem er Adam ermordete?
Bei diesem Gedanken schüttelte sie unwillkürlich den Kopf. Auch wenn sie großes Vertrauen in Adams Fähigkeiten als Anwalt hatte, sie kannte J.B. Collins persönlich. Er war ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, ein genialer Geschäftsmann und ein großzügiger Wohltäter. Wie konnte ein Mann von solchem Ruf in verbrecherische Machenschaften verstrickt sein? Schlimmer noch, in einen Mord?
Nach einer Weile ging Jenna ins Badezimmer, duschte und zog sich um. Diese Fotos waren für Adam wichtig gewesen. Jenna wollte sie sich genau anschauen. Vielleicht würde sie ja etwas entdecken.
Über eine Stunde war vergangen, seit Jenna die Nachricht von Adams Tod vernommen hatte, und sie konnte immer noch nicht glauben, dass er nicht mehr lebte. Ihr ging auch nicht aus dem Sinn, wie er gestorben war: als Opfer eines brutalen Raubmords.
Während sie sich in einem Taxi nach Lower Manhattan bringen ließ, kamen ihr die Tränen. Sie wischte sie hastig weg. Auch wenn sie für Adam nicht mehr so empfunden hatte wie früher, waren sie doch Freunde geblieben.
Jenna wurde aus ihren Gedanken gerissen, als das Taxi mit quietschenden Reifen vor dem Gebäude anhielt, in dem sich ihr Studio befand. Sie ermahnte sich innerlich zur Disziplin, bezahlte den Fahrer und stieg aus.
SoHo war für Jenna schon immer ein ausgesprochen faszinierender Ort. Als sie noch zur Universität ging, verbrachte sie den Großteil ihrer Freizeit damit, diese edle Enklave aus Galerien, Museen und Ethno-Shops zu erkunden, ohne allerdings auch nur im Traum daran zu denken, eines Tages hier zu arbeiten.
Das dreistöckige Gebäude im italienischen Stil an der Ecke Greene Street/Broome Street wurde im späten 19. Jahrhundert für einen wohlhabenden Textilienhändler errichtet. Der machte Schlagzeilen, weil er als Erster einen Aufzug in sein Haus einbauen ließ. Vor ein paar Jahren wurde das Gebäude von einem findigen Unternehmer gekauft, der es komplett renovieren ließ. Er teilte es in acht Gewerbeflächen auf, die er dann einzeln vermietete. An der Tür zu einer dieser Gewerbeflächen hing ein glänzendes Messingschild – ‚Jenna Meyerson’s Photography‘.
Jennas Studio im zweiten Stock des Hauses war mit seinen nicht ganz vierzig Quadratmetern sogar für Manhattaner Maßstäbe winzig. Da sie für jeden anderen Raum, der nur ein wenig größer war, die dreifache Miete zahlen musste, hatte sie aus der kleinen Fläche alles herausgeholt, was möglich war. In der einen Ecke stand ihr Schreibtisch, in der anderen befand sich die Dunkelkammer. Die Fläche dazwischen beanspruchten ein Stativ, zwei Schirme und einige Reflektoren.
Es dauerte einige Minuten, bis sie das Portfolio mit den Faxel-Fotos fand. Insgesamt waren es fünfzehn Stück, allesamt Farbfotos im Format zwanzig mal fünfundzwanzig, die sie für die besten Motive gehalten hatte. Die Präsentation des Wizard war ein voller Erfolg gewesen. Mehr als dreihundert Gäste waren der Einladung gefolgt, in erster Linie Politiker, Wallstreet-Gurus und Manager aus der
Fortune 500
-Liste.
Jenna nahm die Fotos vorsichtig aus dem Portfolio und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. Eingehend betrachtete sie eines nach dem anderen und nahm auch hin und wieder ihre Lupe zu Hilfe.
Nach einer ganzen Weile lehnte
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