Duftspur
Fixateur und eben auch als Duftnote in edlen Parfüms verwendet. Hauptsächlich früher. Heute gibt es dafür synthetische Stoffe. Die Asiaten benutzen den original Amber wohl heute auch noch für Heiltröpfchen. Ich persönlich glaub ja nicht daran, dass das Zeug aus dem Darm eines Wals Krankheiten lindern oder Wohlbefinden steigern kann«, so wie sie es sagt, klingt es, als würde sie aus einem Prospekt vorlesen und nüchtern kommentieren. Gleichmütig fügt sie an:
»Teilweise gilt Amber auch als Aphrodisiakum. Ich habe da mal was gehört, irgend so eine Bande von Parfümfälschern ist da im Moment ganz heiß drauf, oder solche Typen, die exklusive Sexmittelchen zusammenmixen und die dann mit einem ordentlichen Gewinn verkaufen. Sag mal, wonach riechst du eigentlich?«, sie rümpft die Nase. Ich müsste noch den Dufttest von gestern unter den Achseln haben. Außer meinen eigenen gerösteten Nasenhaaren kann ich im Moment nichts wahrnehmen.
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Also, was Luca da erzählt, ich weiß ja nicht, wendet Kalle ein. Bleib am Ball und nimm sie ernst, rät der Advokat, der es von Berufs wegen gewohnt ist, dass man ihm die abenteuerlichsten Storys auftischt.
»Den Darmstein von Pottwalen reiben sich reiche Damen hinter die Ohrläppchen und wer weiß wo sonst noch alles hin«, sie lacht müde auf und fügt an: »Noch ist nicht ganz klar, wie der Amber entsteht. Sicher ist nur, dass manch einer damit schneller Kohle verdienen kann als mit dem Verkauf von Rosenquarz und Bernstein.«
»Und Michael?«, wage ich einzuwerfen.
»Michael. Den habe ich in Hamburg kennen gelernt. Ich hatte einen Trödelstand neben ihm und bekam mit, wie er diese Dinger heimlich verkaufte. Wow, dachte ich da, der hat es drauf. Das ist nicht so ein dummer Drogendealer. Der ist cleverer, von dem kannste noch was lernen. War aber nicht so ...«
Ich versuche, nicht verständnislos mit dem Kopf zu schütteln. Was hat sie bloß an sich, dass Alfons bei ihr seine professionelle Distanz verliert?
»Michael und ich, wir waren richtig gut. Doch ich merkte bald, dass wir nicht die gleichen Ziele hatten. Er wollte sesshaft werden und schlug einen letzten großen Coup vor. Na ja, ich ging drauf ein und nun sitze ich hier hüfthoch in der Scheiße. Michael ist untergetaucht und ich habe die Verfolger an der Backe. Weißt du, was ich glaube?«
Jetzt darf ich deutlich mit dem Kopf schütteln.
»Wir sollten Ware in Hamburg kaufen, 100 Kilo Amber zu 5000 Euro, ein Schnäppchen«, mit einem zu geringen freien Arbeitsspeicher kommt das Rechenprogramm in meinem Gehirn mühsam ratternd auf eine Summe von einer halben Million Euro, »und weißt du was, seit Hamburg habe ich ihn nicht mehr wieder gesehen. Er ist mit dem Geld, unserem Geld, los und nicht wieder gekommen, der Sauhund. Ich weiß, dass er hierher wollte, meldete mich bei Alfons, dem Guten, und bettelte um einen Job auf der Burg. Ich glaube, Michael wollte das Geschäft allein durchziehen und wohlmöglich dann gemeinsam mit der niedlichen Greta im Fachwerkhäuschen alt werden.«
Ich glaube, dass sie lügt. Irgendwas stimmt nicht an ihrer Geschichte. Michael wirkte auf mich nicht halb so linkisch und durchtrieben wie sie.
»Wo ist Michaels Lager?«, frage ich sie. Irgendwo muss er seine Steine und den Stand unterstellen und da ich weder einen Transporter oder einen Wagen mit Anhänger hier gesehen habe, müssen die Sachen an einem anderen Ort sein.
»Er hat einen Schuppen in der Nähe der Abfahrt Haiger/Burbach. Da war ich schon. Doch er war nicht da. Nur seine Mineralien. Der ist abgetaucht. Ganz bestimmt.«
Mir wird klar, warum sie die blaue Schwalbe geklaut hat und wohin sie damit gedüst ist.
»Was ist mit den Verfolgern?«
»Schätze, die haben was mit dem Knochenmännchen zu tun, das den Amber an uns verkaufen wollte. So ein dürrer Asiat ohne Zähne, ich sah ihn einmal in einer Hafenspelunke.«
Das könnte der tote Kapitän des illegalen Walfängers sein, flüstert Kalle.
»Michael hat den bestimmt geprellt. Warum sollten die Typen sonst hinter mir her sein?«
Das frage ich mich auch.
»Hinter dir? Ich denke Michael hat das Geschäft gemacht?«
»Du hältst dich wohl für ganz schlau«, schnappt sie schnippisch.
Ich erspare mir ein bestätigendes Nicken.
»Die haben mich mit Michael zusammen gesehen.«
Meine Pupillen verengen sich zu Fragezeichen.
»Vorher, nicht danach. Ich habe Michael doch zum Pier gebracht mit meinem Tandem.«
Tandem, soso, murmelt Kalle.
»Ach, Scheiße
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