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Dummendorf - Roman

Dummendorf - Roman

Titel: Dummendorf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Seminaristendiploms ab und wollte sich für alle Fälle auch noch die Noten aus dem Schulzeugnis notieren, doch da schwebte Klawdija majestätisch am Fenster vorbei. Der Rentner stellte seine Aufklärungstätigkeit sofort ein und brachte die Rede auf die Kirche.
    Vater Konstantin erfuhr erstaunt, dass das Ehepaar Gawrilow den harten Kern der ihm anvertrauten Gemeinde bildete. Klawdija sang im Kirchenchor, und der Rentner versah das aufreibende Amt des Kirchenältesten.
    Gawrilow zog feierlich ein Schlüsselbund aus der Tasche.
    »Sie waren doch bis jetzt noch gar nicht in der Kirche«, bemerkte er in halb fragendem Ton. »Ich weiß. Sie hatten anderes zu tun. Seelsorgerische Besuche. Nun, vielleicht schauen Sie jetzt mal vorbei?«
    Sie verschoben das Teetrinken auf später und verließen zu dritt die kleine Hütte, tauchten in die dichte, von Schneewehen spärlich erhellte dörfliche Dunkelheit. Es wehte ein feuchter Wind, der trügerisch nach Frühling roch, und der Himmel schien mit gescheckten Wolken, die aussahen wie die Mähne einer ungekämmten, unglücklichen alten Frau, fast die Erde zu berühren.
    »In solchen Nächten fliegen sie meistens«, sagte Klawdija plötzlich mit tiefer Stimme.
    »Wer?«, fragte Vater Konstantin, dem nichts Gutes schwante.
    »Die Außerirdischen! Nun sagen Sie um Gottes willen nicht, dass Sie nicht an Ufos glauben!«
    Vater Konstantin gehorchte und sagte nichts. Doch in seinem Schweigen spürte Klawdija den Protest. Mitten auf dem Kirchhof blieb sie stehen, schlug zornig den Fransenschal um und hielt einen leidenschaftlichen Vortrag über Besuche von fliegenden Untertassen auf der Erde, die übrigens schon in Höhlenzeichnungen festgehalten worden seien.
    »Schon gut, regen Sie sich bitte nicht auf«, bat Vater Konstantin. »Alles ist möglich. Gehen wir lieber, sonst erkälten Sie sich noch, Gott behüte.«
    »Ich erkälte mich nicht!«, erklärte die Lehrerin hochmütig. »Ich härte mich ab, nach der Methode von Doktor Stoletow! Ich hoffe, der Name sagt Ihnen etwas?«
    Da hatte der Rentner Gawrilow endlich das rostige Schloss geöffnet, und Vater Konstantin kam nicht mehr dazu, Klawdija endgültig zu enttäuschen. Sie verstummten und betraten die Kirche.
    Gawrilow schaltete das Licht ein, und Vater Konstantin erblickte den Ort, an dem er nun wer weiß wie viele Jahre seine Gottesdienste abhalten sollte. Der kleine Kirchenraum war mit Baugerüsten vollgestellt.
    »Der vorige Batjuschka wollte renovieren«, erklärte Gawrilow. »Hat es aber nicht mehr geschafft. Letzten Herbst ist er gestorben. Er war ein segensreicher Mann, aber von der aktuellen Lage verstand er wenig. Wegen seines vorgerückten Alters. Ich hoffe also sehr auf euch Junge, Fixe. Wie heißt es so schön: Auf uns warten große Taten! Aber auch die Feinde schlafen nicht! Man muss die Ohren steifhalten! Hab ich recht?«
    »Verzeihen Sie, ich verstehe nicht ganz. Was für Feinde?«
    »Was für Feinde?!«, rief der Kirchenälteste, und das Echo trug seine Empörung bis unter die Kuppel. »Katholiken, Jidden, Liberale, Ökumenisten …«
    »Gibt es in Mitino viele Ökumenisten?«
    Gawrilow winkte ärgerlich ab und wollte fortfahren, doch Vater Konstantin unterbrach ihn.
    »Wissen Sie«, sagte er leise, »ich denke, in unserem Dorf gibt es nur einen Feind – den Alkohol. Und die menschliche Dummheit und Bosheit.«
    »Also, das ist doch sehr kurz gegriffen«, erwiderte Gawrilow gekränkt und verabschiedete sich eilig; Klawdija, noch immer verärgert wegen des Gesprächs über die Außerirdischen, schloss sich an.
    Als sie gegangen waren, schaltete Vater Konstantin das Licht aus und stand eine Weile allein in der dunklen Kirche.
     
    Zurück in seiner Hütte, hätte er nun doch gern noch Tee getrunken, aber er entdeckte, dass die Gawrilows alles wieder mit nach Hause genommen hatten, inklusive Tassen. Vater Konstantin schlug sein Tagebuch auf, brütete eine Weile über der leeren Seite, und da ihm nichts einfiel, legte er sich schlafen.
    Dafür holte der Rentner Gawrilow, nachdem er die gesparten Teebeutel und den Zucker in der Anrichte eingeschlossen hatte, sein am Vortag begonnenes Heft Dossier hervor und machte einen neuen Eintrag:
    Blickt nicht über die eigene Nasenspitze hinaus. Versinkt in kleinen Alltagsproblemen. Verkennt die Gefahr der ökumenischen und katholischen Ketzerei.
    Im Dossier war bereits der Besuch bei Ljubka festgehalten. Gawrilow las noch einmal nach und erfreute sich an der Erlesenheit seines

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