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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Klein
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Hollerbeck einen Pyjama? Ich guckte mir den Mann genauer an und sah in das graue Gesicht meines Vaters, der regungslos in seinem Flur lag. Ach du grüne Neune, was hatte ich bloß getan? Bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, kam meine Mutter die Treppe runter, sah meinen Vater im Flur liegen und schrie wie am Spieß. »Oh Gott, oh mein Gott, er hat einen Herzanfall. Ruf den Notarzt, Alice, schnell, nun steh doch nicht einfach so rum.« Sie bückte sich runter zu meinem Vater. »Herbert, bitte, sag doch was«, schluchzte sie.
    »Mama, es tut mir so leid«, heulte ich los. »Aber glaub mir, er hat nur einen Schock, er wacht gleich wieder auf.«
    »Er wacht gleich wieder auf? Alice, dein Vater hat einen Herzinfarkt. Ich rufe jetzt selbst 112 an, du bleibst hier.«
    »Nein, Mama, warte, ich kann das erklären. Er hat keinen Herzinfarkt. Ich habe ihm nur irgendwie aus Versehen eins mit dem Elektroschocker verpasst.«
    Fassungslos starrte sie erst mich, dann meinen Vater an. Der begann, sich leicht zu regen und machte die Augen auf. »Inge? Was ist passiert? Ich wollte die Zeitung reinholen, und plötzlich lieg ich hier auf dem Fußboden. Und mein Kopf tut so weh.«
    Meine Mutter warf mir einen mörderischen Blick zu. »Oh Herbert, du hast mir so einen Schrecken eingejagt. Du bist wohl einfach auf den Fliesen ausgerutscht und hast dir den Kopf angeschlagen. Kannst du aufstehen? Kannst du mit in die Küche kommen?«
    Mein Vater kam langsam hoch, und auch seine Gesichtsfarbe normalisierte sich nach und nach wieder. »Ja, das geht. Aber ich erinnere mich an gar nichts. Ich müsste es doch wissen, wenn ich hingefallen wäre, oder? Habe ich vielleicht eine Gehirnerschütterung?«
    »Ich glaube nicht«, beruhigte ihn meine Mutter. »Setz dich erstmal in die Küche und trink einen Kaffee. Ich komme gleich nach.« Sie packte mich mit schmerzhaftem Griff am Arm und zog mich ins Wohnzimmer. »Du hast deinem Vater ›eins mit dem Elektroschocker‹ verpasst? Bist du noch ganz bei Trost?«, zischte sie mich an. Mir kamen schon wieder die Tränen.
    »Es tut mir so leid«, schniefte ich. »Ich bin um halb drei aufgewacht und hab gehört, wie sich jemand an der Haustür zu schaffen gemacht hat. Ich habe doch nur gedacht, dass hier gerade ein Einbrecher einsteigen will.«
    »Wieso um halb drei? Es ist fast sieben.« Die Stimme meiner Mutter war immer noch ein Zischen. Sie ließ meinen Arm los und ging zum Fenster, um die Rollläden hochzuziehen. Helles Sonnenlicht schien ins Wohnzimmer.
    »Aber ich habe doch auf die Uhr geguckt«, verteidigte ich mich und zeigte auf die Uhr in der Schrankwand. Die immer noch halb drei anzeigte.
    »Die ist doch schon seit einem halben Jahr kaputt«, regte sich meine Mutter auf. »Und warum schleppst du überhaupt einen Elektroschocker mit dir rum? Ich muss jetzt zu deinem Vater in die Küche. Wir sprechen uns noch. Und pack bloß dieses verdammte Ding weg«, herrschte sie mich an und zeigte auf den Elektroschocker, den ich immer noch in der Hand hatte.
    Oh Mann. Mein armer Vater. Ich steckte den blöden Elektroschocker wieder in die Handtasche und ging auch in die Küche. Mein Vater saß am Tisch und sah immer noch verwirrt aus.
    »Papa, geht’s dir wieder gut?«, fragte ich mit ängstlicher Stimme.
    »Also, gebrochen ist wohl nichts. Aber mein Kopf tut so weh. Vielleicht sollte ich vor der Arbeit lieber zu Dr. Becker fahren?«
    »Ich fahre dich hin«, sagte meine Mutter. »Besser er guckt sich das mal an.«
    Während mein Vater hochging, um sich anzuziehen, schaute meine Mutter mich immer noch sehr böse an.
    »So, und warum schleppst du nun so ein Folterinstrument mit dir herum? Du hättest deinen Vater umbringen können, ist dir das klar?«
    »Es war doch ein Missverständnis, ich wollte das doch nicht. Und den E-Schocker habe ich immer dabei, ich weiß doch nie, wem ich ein Haus oder eine Wohnung zeige. Es gibt ja auch Verrückte, die Maklerinnen in leere Häuser locken, um über sie herzufallen.«
    »Na ja, für so einen Fall ist dieses Gerät sicher ganz gut«, musste meine Mutter zugeben. »Aber damit muss man doch verantwortungsvoll umgehen. Ich fahre jetzt mit Papa zum Arzt und werde Dr. Becker unter vier Augen sagen, was wirklich passiert ist. Bete nur, dass Papa nie rauskriegt, was du gemacht hast.«
    Und ob ich beten würde. Irgendwie war ich ziemlich sicher, dass er diese kleine Verwechslung nicht gut aufnehmen würde.
    »Ich fahre jetzt zur Arbeit. Rufst du mich an, wenn ihr vom

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