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Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Titel: Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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den Haaransatz des Wächters unmittelbar vor ihr: ein junger, glatter Hals, rosa Falten über dem engen Uniformkragen.
    Die Weitläufigkeit dieser Zitadelle begann sie zu beeindrucken. Korridore und Hallen, Hallen und Korridore ... Sie kamen an einer offenen Tür vorbei, aus der die Klänge von Timbur und Flöte drangen, eine weiche, altmodische Musik. Ein Blick zeigte ihr tiefblaue Augen, die aus dem Raum starrten, und für einen Moment glaubte sie in diesen Augen den revoltierenden Geist wilder Gene zu fühlen.
    Das war ihre persönliche Bürde. Eine Bene Gesserit konnte sich nicht dem Bewußtsein der Gene und ihrer Möglichkeiten entziehen. Alte Frustration erneuerte sich: dieser hartnäckige Dummkopf von einem Atreides! Wie konnte er seine kostbaren Gene der Nachwelt verweigern? Ein Übermensch! Vor der Zeit geboren, gewiß, aber wirklich – so wirklich wie seine verabscheuungswürdige Schwester ... und da lag eine gefährliche Unbekannte. Der Wildwuchs einer Ehrwürdigen Mutter, gezeugt und erzogen außerhalb der Regeln der Bene Gesserit, ohne ein Pflichtbewußtsein für die geordnete Weiterentwicklung der Gene. Und dabei teilte sie die Macht ihres Bruders – und nicht nur sie. Auch seine Gaben, zweifellos.
    Die Ausmaße der Zitadelle begannen sie zu bedrücken. Wollten diese Korridore niemals enden? Der ganze Komplex stank förmlich nach physischer Gewalt. Kein Planet, keine Zivilisation in der ganzen menschlichen Geschichte hatte je eine solche Manifestation von Größenwahn gesehen. In den Mauern dieser Zitadelle mußte ein halbes Dutzend von den altertümlichen Städten Platz finden!
    Warum mußte sie diese weiten Entfernungen zu Fuß gehen, wo es doch alle möglichen Transportmittel gab? Je weiter sie humpelte, desto klarer sah sie die Antwort: sie in Vorbereitung dieser Audienz mit dem Herrscher zu demütigen und niederzudrücken, das mußte der Zweck sein.
    Ein Anhaltspunkt nur, aber er wurde durch andere subtile Indizien bestätigt – die Wortkargheit und das rücksichtslose Marschtempo ihrer Bewacher, die Verweigerung von Antworten, die kalten Dimensionen dieser Hallen und Korridore, zur Einschüchterung erdacht und erbaut ...
    Alles das enthüllte vieles, das eine Bene Gesserit interpretieren konnte.
    Paul Atreides wollte etwas von ihr!
    Sie verbarg ein Gefühl großer Erleichterung. Es gab einen Hebel, den sie in dieser bevorstehenden Verhandlung benutzen konnte. Sie brauchte nur die Natur dieses Hebels ausfindig zu machen und seine Stärke zu ermitteln. Einige Hebel hatten Dinge bewegt, die größer waren als diese Zitadelle. Ein Fingerdruck hatte genügt, eine Zivilisation aus den Angeln zu heben.
    Die Ehrwürdige Mutter erinnerte sich an Scytales Eingeständnis: Wenn ein denkendes Wesen eine bestimmte Entwicklungsstufe erreicht hat, wird es lieber den Tod wählen als die Verwandlung in sein Gegenteil.
    Die Korridore, durch die sie geführt wurde, wuchsen unmerklich in ihren Dimensionen: Kunstgriffe bei der Einwölbung, allmähliche Vergrößerung der tragenden Halbsäulen und ihrer Abstände, Ersetzen der dreieckigen Fenster durch höhere, verlängerte Formen. Schließlich ragten riesige Doppeltüren vor ihr auf, eingelassen in die Wandmitte einer bombastischen Vorhalle. Sie sah, daß diese Türen sehr groß waren, doch die gigantischen Maße der Vorhalle ließen ihre wahren Proportionen nicht erkennen. Erst im Näherkommen konnte sie eine relativ sichere Schätzung machen und war gezwungen, ein Keuchen zu unterdrücken. Die Tür war wenigstens zwanzig Meter hoch und zehn Meter breit.
    Als sie mit ihrer Eskorte herangekommen war, schwangen die Türflügel nach innen – eine lautlose Bewegung, bewirkt von verborgenen Maschinerien. Durch dieses gewaltige Denkmal menschlicher Hybris humpelte sie im Kreis ihrer Bewacher in die große Empfangshalle des Herrschers Muad'dib – »vor dem alle Menschen Zwerge sind«. Nun sah sie die architektonische Wahrheit dieser religiösen Propaganda.
    Während sie durch die weite Halle auf den fernen Thron zuhumpelte, fand die Ehrwürdige Mutter sich von den architektonischen Feinheiten ihrer Umgebung stärker beeindruckt als von den unmenschlichen Dimensionen. Der umbaute Raum war gewaltig; er hätte mehrere Häuserblocks der Stadt Arrakeen aufnehmen können. Seine lichte Weite sprach von ungewöhnlichen statischen Kräften, die mit eleganter Leichtigkeit ausbalanciert waren. Die Stützelemente hinter diesen Mauern, die den ungeheuren Druck der Kuppeldecke zu

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