Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
hinüber. Überall im Gemach des Prinzen waren in kleinen Nischen selbstgesammelte geologische Kuriositäten ausgestellt – sein ganzer Stolz. Seine Sammlung von Mineralien, Kristallen und Edelsteinen machte ihm beinahe mehr Freude als die Umstände seines Lebens als Sohn des Grafen. Er hätte sich jederzeit viel interessantere Exemplare kaufen können, aber der Prinz hatte bei seinen Streifzügen durch Höhlen und kleine Gänge jeden einzelnen Stein persönlich aufgelesen.
Trotz dieser gründlichen Forschungen war Rhombur für die Unruhe unter den Arbeitern genauso blind geblieben wie der Rest der herrschenden Vernius-Familie. Jetzt verstand Leto, warum der alte Herzog darauf bestanden hatte, dass sein Sohn lernen sollte, ein Sinnesorgan für die Stimmungen in der Bevölkerung zu entwickeln. »Im Grunde ist es so, mein Junge, dass wir nur herrschen, weil sie es uns erlauben«, hatte Paulus zu ihm gesagt. »Zum Glück sind sich die meisten Menschen dieser Tatsache gar nicht bewusst. Wenn du ein guter Herrscher bist, wird niemand aus deinem Volk jemals daran denken, deine Herrschaft infrage zu stellen.«
Als wären ihm Letos dramatische Neuigkeiten und sein mitgenommenes Aussehen peinlich, blickte der junge Mann auf die wimmelnden Massen der Arbeiter in den Produktionshallen hinab. Alles schien ruhig und normal wie immer. »Leto, Leto ...« Er zeigte mit einem dicken Finger auf die anscheinend völlig zufriedenen Proletarier, die wie Ameisen ihre Pflichten erfüllten. »Die Suboiden können nicht einmal selbst entscheiden, was sie zu Mittag essen sollen, ganz zu schweigen von der Organisation eines Aufstandes. Dazu müssten sie viel mehr Initiative entwickeln können.«
Leto schüttelte den Kopf. Er war immer noch außer Atem, sein verschwitztes Haar klebte ihm auf der Stirn. Er zitterte mehr als zuvor, nachdem er jetzt in Sicherheit war und in einem bequemen Formsessel in Rhomburs Privatquartier saß. Als er um sein Leben gelaufen war, hatte er völlig instinktiv reagiert, doch als er sich jetzt zu beruhigen versuchte, bekam er seinen Pulsschlag nicht mehr unter Kontrolle. Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Kelch mit saurem Cidritsaft, der auf Rhomburs Frühstückstablett stand.
»Ich berichte nur, was ich gesehen habe, Rhombur, und ich bilde mir keine Gefahren ein! Ich habe genügend wirkliche Gefahren erlebt, um den Unterschied erkennen zu können.« Er beugte sich vor und blickte seinen Freund mit blitzenden grauen Augen an. »Ich sage dir, da unten geschieht etwas. Die Suboiden haben davon gesprochen, das Haus Vernius zu stürzen, alles niederzureißen, was ihr aufgebaut habt, und selbst über Ix zu herrschen. Sie waren bereit, Gewalt einzusetzen.«
Rhombur zögerte, als würde er immer noch auf die Pointe eines Witzes warten. »Na gut, ich werde es meinem Vater sagen. Du kannst ihm deine Version der Ereignisse berichten, und ich ... äh ... bin sicher, dass er sich um die Angelegenheit kümmern wird.«
Letos Schultern erschlafften. Was war, wenn Graf Vernius das Problem ignorierte, bis es zu spät war?
Rhombur strich sich über sein purpurrotes Gewand und lächelte, dann kratzte er sich irritiert am Kopf. Es schien ihn große Überwindung zu kosten, das Thema erneut anzusprechen; er schien ehrlich verwirrt. »Aber ... wenn du da unten warst, Leto, dann hast du doch gesehen, wie wir uns um die Suboiden kümmern. Sie haben Essen, Unterkunft, Familien, Arbeit. Sicher, wir streichen den Löwenanteil der Gewinne ein ... aber so ist es nun mal. So funktioniert unsere Gesellschaft. Aber wir behandeln unsere Arbeiter doch nicht schlecht. Worüber sollten sie sich beklagen?«
»Vielleicht sehen sie es anders«, sagte Leto. »Körperliche Misshandlungen sind nicht die einzige Form von Unterdrückung.«
Rhomburs Miene hellte sich auf, als er die Hand ausstreckte. »Ich habe eine ausgezeichnete Idee, mein Freund. Mit diesem Thema könnten wir unser heutiges politisches Seminar viel interessanter gestalten. Wir könnten es als hypothetischen Fall diskutieren.«
Leto folgte ihm zum Unterricht – eher traurig als besorgt. Er befürchtete, dass dieses Problem für die Ixianer wohl niemals mehr sein würde als das Thema einer anregenden politischen Diskussion.
* * *
Vom höchsten Turm des Großen Palais herrschte Graf Dominic Vernius über ein industrielles Imperium, das er von seinem Büro aus überblicken konnte, ohne dass es von außen einzusehen war. Der große Mann ging auf dem transparenten Boden
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