Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
näher heran und sprach eindringliche Worte. »Du erinnerst dich doch, wie meine Geschichten immer anfangen, nicht wahr?« Er tastete nach den Pulsadern des jungen Mannes.
»Du warnst uns, dass wir nicht zu sehr an sie glauben sollen, dass wir immer daran denken sollen, dass es nur eine Geschichte ist ... sonst kann sie gefährlich werden. Wir könnten den Verstand verlieren.«
»Das sage ich dir auch jetzt, Junge.« Er musterte die dicht aneinandergedrängten Gesichter um sich herum. »Und allen anderen, die zuhören.«
Scovich gab einen abfälligen Laut von sich, doch die anderen schwiegen aufmerksam. Vielleicht glaubten sie, dass seine Warnung nur Teil seiner Erzählung war, dass sie zur Illusion gehörte, die ein Meister von Jongleur erschaffen musste.
Nach einem Augenblick der Stille wandte Hoh die Erinnerungstechniken der Meister von Jongleur an, eine Methode, um große Informationsmengen zu übertragen und für zukünftige Generationen zu erhalten. In dieser Weise rief er sich den Planeten Caladan ins Bewusstsein, beschwor sein Bild bis in die kleinsten Einzelheiten herauf.
»Ich hatte einmal ein Flügelboot«, sagte er mit einem sanften Lächeln, und dann beschrieb er, wie er über die Meere Caladans gesegelt war. Er setzte seine Stimme wie einen Pinsel ein und wählte seine Worte mit Bedacht, wie ein Maler, der seine Pigmente mischt. Er sprach zu Elto, doch seine Geschichte entfaltete eine hypnotische Kraft und hüllte den Kreis der Zuhörer ein wie dünne Rauchschwaden.
»Du und dein Vater haben mich auf meinen einwöchigen Fischzügen begleitet. Ach, das waren Zeiten! Bei Sonnenaufgang aufstehen und bis zum Sonnenuntergang Netze auswerfen. Das goldfarbene Licht der Sonne umrahmte jeden Tag. Ich muss sagen, das wir die Zeit, die wir allein auf dem Meer verbrachten, sogar noch mehr genossen haben als den Fisch, den wir fingen. Die Kameradschaft, die Abenteuer und die urkomischen Missgeschicke.«
In seinen Worten waren unterbewusste Signale verborgen: Rieche das Salzwasser, das Jod des trocknenden Seetangs ... Höre das Flüstern der Wellen, das Platschen eines entferntes Fischs, der zu groß ist, um ihn in einem Stück an Bord zu holen.
»Nachts, wenn wir allein auf den Seetanginseln den Anker auswarfen, blieben wir lange auf, wir drei, und spielten eine kurze Partie Tri-Schach auf einem Brett aus Flachperlen und Seeohrmuscheln. Die Spielfiguren waren aus den Stoßzähnen südcaladanischer Walrösser geschnitzt. Erinnerst du dich?«
»Ja, Onkel. Ich erinnere mich.«
Die anderen Männer murmelten zustimmend. Die bewegenden Worte des Spielmanns waren für sie ebenso wirklich wie für den jungen Mann, der diese Ereignisse tatsächlich erlebt hatte.
Lausche den hypnotischen, pulsierenden Liedern der unsichtbaren Murmonen, verborgen hinter einer Nebelwand, die über das ruhige Wasser treibt.
Das Leichentuch aus Schmerz, das Elto einhüllte, löste sich auf, und er wurde an einen anderen Ort, in eine andere Zeit getragen, weit weg von dieser Hölle. Die ausgedörrte, staubige Luft roch erst dunstig, dann kühl und feucht. Als er die Augen schloss, spürte er die liebevolle Berührung einer caladanischen Brise an den Wangen. Er roch die Nebel seiner Geburtswelt, spürte den Frühlingsregen im Gesicht, sah Wellen, die an seinen Füßen leckten, während er auf dem felsigen Strand unterhalb der Atreides-Burg stand.
»Als du jung warst, bist du gern ins Wasser gesprungen, bist lachend und nackt mit deinen Freunden geschwommen. Erinnerst du dich?«
»Ich ...« Elto spürte, wie seine Stimme mit denen der anderen verschmolz, eins mit ihnen wurde. »Wir erinnern uns«, murmelten die Männer andächtig. Die Luft um sie herum war mittlerweile dick und stickig, der Großteil des Sauerstoffs aufgebraucht. Ein weiterer Leuchtglobus erlosch. Doch das bemerkten die Männer nicht. Ihr Schmerz war betäubt.
Sieh, wie das Flügelboot einer Messerflosse gleich im blendenden Sonnenlicht dahinfährt und dann seinen Weg durch eine warme Brise unter einem bewölkten Himmel fortsetzt.
»Früher bin ich schwimmend auf den Wellen geritten«, sagte Elto mit einem leisen, erstaunten Lächeln.
Fultz hustete und brachte seine eigenen Erinnerungen ein. »Ich habe einmal einen Sommer auf einem kleinen Bauernhof mit Blick aufs Meer verbracht. Wir haben dort Paradan-Melonen geerntet. Habt ihr schon mal eine Paradan-Melone gegessen, die frisch aus dem Wasser kommt? Die süßeste Frucht des Universums.«
Selbst Deegan, der noch
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