Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
Konflikt geraten.«
»Wir befinden uns nicht in einem militärischen Konflikt, Barri«, gab Jesse zu bedenken.
»Das könnte der Wahrheit jedoch näher sein, als Sie glauben«, sagte Haynes. »Wir führen gewissermaßen Kleinstoffensiven durch, um auf dem Territorium eines Wurms Gewürz zu ernten. Blitzattacken mit anschließendem schnellem Rückzug.«
Er führte seine Besucher an einer Gruppe Kakteen vorbei, die wie verwachsene Menschen in den Schatten standen. Als sie den Rand der Oase erreichten, bedeutete Haynes ihnen innezuhalten. »Bleiben Sie stehen und schauen Sie auf die Wüste hinaus. Öffnen Sie Ihren Geist und Ihre Sinne – und lauschen Sie einfach.«
Während die drei schweigend dastanden, hörte Jesse ein langes, langsames Ausatmen, wie von einem Lebewesen.
»Sandgezeiten«, erklärte Haynes. »Die Dünen bewegen sich langsam hin und her, angezogen von den beiden Monden. Durch diesen peristaltischen Vorgang bewegt sich der lose Sand um dreihundert bis fünfhundert Meter pro Jahr.« Er kniete sich nieder, grub die Finger in den Sand und schloss die Augen. »Die Wüste bewegt sich und atmet unter uns.«
Barri kauerte sich in den noch warmen Sand. »Ich vermisse den Regen.«
»Regen ...«, sinnierte der Planetenökologe gedankenverloren.
Jesse drückte seinem Sohn ermutigend die Schulter. Er konnte ihm nicht versprechen, dass irgendjemand von ihnen jemals wieder Regen sehen würde.
9
Kein anderer Planet im Imperium rechtfertigt eine genauere Untersuchung als diese scheinbar leblose Welt. Jede Schicht der Dünenwelt verbirgt eine weitere darunter, und jede davon wimmelt von Lebensenergie.
Dr. Bryce Haynes,
mit der Untersuchung der Dünenwelt beauftragter Planetenökologe
Nachdem sich die morgendliche Thermik so weit beruhigt hatte, dass man mit einem Ornijet in die Wüste fliegen konnte, machten sich Jesse, Barri und Dr. Haynes auf den Weg, um bei der Gewürzförderung zuzusehen. Vorarbeiter English war bereits in den Dünen, um eine riesige Erntemaschine an einer neuen Melange-Ader zu platzieren, die im Laufe der Nacht unter den Wanderdünen zum Vorschein gekommen war.
Dr. Haynes flog den kleinen Ornijet ohne Eile. Als ein anderer Pilot ihnen eine Warnung vor einem thermischen Loch übermittelte, einem Flecken kalten Sands, der eine Luftsäule gefährlicher Turbulenzen erzeugte, passte der Ökologe den Kurs an, um der Anomalie auszuweichen. »Kalter Sand lässt auf Eishöhlen tief unter der Oberfläche schließen«, sagte er zu Jesse. »Das Temperaturgefälle erzeugt gewisse Gefahren.«
»Unterirdische Eishöhlen? Wie viele Überraschungen hält die Dünenwelt noch bereit?«
»Mehr, als man zählen kann, fürchte ich.«
Eine Rauch- und Staubwolke markierte die Förderungsstelle. Jesse und Barri beobachteten, wie die große, fahrbare Erntemaschine über die Dünen walzte und dabei große Mengen Sand durchpflügte, der mit rostfarbenem Gewürz vermischt war. Kundschafter zogen weite Kreise, um nach herannahenden Würmern Ausschau zu halten.
English, der sich am Boden aufhielt, forderte einen Satellitenwetterbericht an. »Mir gefällt dieses Staubband am östlichen Horizont nicht.«
Obwohl der Himmel für Jesse makellos blau mit einer winzigen Trübung aussah, stellte er die Intuition des Vorarbeiters nicht in Frage. Vielleicht kribbelte seine Narbe. »Auf den Wettersatelliten ist alles klar. Da braut sich nichts zusammen.«
»Sehen Sie noch einmal nach.«
Wenig später erklärte er erneut: »Noch immer nichts vom Satelliten, Mr. English.«
»Ich melde mich später wieder.«
Als die Kundschafter bei ihren gewissenhaften Patrouillenflügen einen Wurm entdeckten, eilten die routinierten Arbeiter in ihre Fahrzeuge zurück und wurden mittels eines effizienten Systems von kontrolliertem Chaos evakuiert. Der leistungsstarke Carryall hob die Zusatzausrüstung, die Gewürzerntemaschine und die Bodenmaschinen genau in dem Moment in die Höhe, als die sich nähernden Wellen im Sand die Abbaustelle erreichten. Auf dem Ornijet lief Barri von Fenster zu Fenster, aber der Wurm kam nicht an die Oberfläche. Jesse sah, wie er den Boden aufwühlte und sich dann unterirdisch entfernte.
Nachdem sie vorläufig in Sicherheit waren, berichteten die atemlosen Arbeiter, wie viel Gewürz sie gefördert hatten. Es war eine gute Ernte. Jesse rechnete die Zahlen im Kopf durch: Wenn die Erntemannschaften die nächsten zwei Jahre lang jede Sekunde und jeden Tag dieses Tempo aufrechterhielten – ohne
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