Dungirri 01 - Schwarze Dornen
einen Einsatz wäre mir zwar eine komplette Staffel Scharfschützen lieber, aber heute müssen Sie das allein übernehmen.« Er brach ab, holte tief Luft und gab dann den Befehl, der ihm jedes Mal aufs Neue schwerfiel. »Wenn Oldham Tanya oder jemand anderen als Geisel nimmt und Sie freie Schussbahn haben, dann drücken Sie ab.«
Steve, aus dessen Gesicht alle Farbe gewichen war, nickte und verließ mit Kris und Adam den Raum.
Plötzlich, als nur noch er und Bella und Finn im Zimmer waren, herrschte Stille. Die Ruhe vor dem Sturm.
Blass, aber gefasst, füllte Bella Finns Wassernapf auf, dann ging sie neben ihm in die Knie und tätschelte ihm liebevoll den Hals, während er trank. Ganz als …
Oh Gott, ganz als nähme sie Abschied von ihm.
»Bella …« Jetzt stiegen die Vorahnungen, die er während der vergangenen halben Stunde nur mit Mühe hatte ausblenden können, aus seinem Inneren auf und nahmen ihm die Luft zum Atmen.
Sie löste den Blick von ihrem Hund, viel zu ruhig.
»Ich gehe mit.« Eine Feststellung, keine Bitte.
Ein sich schlangenhaft windendes Grauen schoss eiskalt durch seine Adern.
Er sollte ihr befehlen, hier die Stellung zu halten, die Straßensperren zu verstärken oder, zum Teufel damit, Tee für die Wilsons zu machen - ganz egal, Hauptsache sie stand bei diesem Einsatz nicht in der ersten Reihe.
Er sollte, aber er konnte es nicht. Dies war ihre Schlacht, mehr noch als seine. Ihr Albtraum, ihre Aufgabe.
Und er war Tanya jeden Polizisten schuldig, den er aufzubieten hatte - ganz besonders seine besten.
»Ja«, stimmte er gegen all seine Instinkte zu. »Aber du bleibst bei mir.«
Solange sie bei ihm war, hätte er vielleicht die Chance, sie zu beschützen. Solange er sie nur im Blick behalten konnte, hätte er vielleicht die Chance, sich ganz auf den Einsatz zu konzentrieren und dafür zu sorgen, dass alle Einsatzkräfte und auch Tanya am Leben blieben.
Vielleicht waren sie geradewegs auf dem Weg in die Hölle, aber was immer sie auch erwarten mochte, eins konnte er mit Bestimmtheit sagen: Darren Oldham war kein Mann, der sich widerstandslos ergeben würde.
Alec überließ nichts dem Zufall. Unter dem Vorwand, den Bach abzusuchen, bezog Kris mit sechs Mann hinter Oldhams Haus Stellung, um von der Rückseite her
vorzurücken und Garage und Gartenschuppen zu durchsuchen, sobald der Einsatz begann. Weniger erfahrene Nachwuchskräfte wurden zu den Straßensperren abkommandiert.
Alle Übrigen sammelten sich direkt hinter der Tür der Ehrenhalle, um auf seinen Befehl hin das Haus zu umstellen. Neben ihm stand Bella, eine kugelsichere Weste wölbte sich über ihre zierliche Figur, und sie atmete in tiefen, langsamen Zügen. Er glich seine Atemzüge ihren an, so als könne dieses kleine Ritual der Verbundenheit zu ihrer Sicherheit beitragen.
Finn war an einem Schreibtisch angeleint und winselte.
Alec sah auf die Uhr, zählte drei Atemzüge mit Bella ab, dann hob er das Funkgerät und gab den Einsatzbefehl.
Sie stürmten durch das Portal, rannten die Treppenstufen hinunter und die Straße entlang zu Oldhams Haustür, während die anderen ausschwärmten und das Haus umstellten.
Alec trat die Haustür ein und blickte in den leeren Flur, die ersten Türen zu jeder Seite standen offen. Schnell sah er sich im Schlafzimmer um, während Bella das Wohnzimmer kontrollierte. Beide leer, vom alten Mobiliar einmal abgesehen.
Die nächste Tür war zu, und er gab Bella ein Zeichen, ihm zu folgen.
Als splitternd die Hintertür aufflog und Kris ins Haus stürmte, trat er die Zimmertür ein und stürzte mit der Waffe im Anschlag, gefolgt von Bella, in den Raum.
In der Zimmermitte hing ein Spruchband von der Decke, auf dem in großen, roten Lettern fünf Wörter standen: »Tick, tack, tick, tack, Wumm.«
In dem Moment, in dem ihm die Bedeutung klar wurde, stieg ihm der Benzingeruch in die Nase.
»Eine Bombe!«, brüllte er. »Raus hier! Alle raus !«
Bella hinter ihm wirbelte auf dem Absatz herum und rannte zur Tür. Das Adrenalin verlieh ihm zusätzliches Tempo, und nach wenigen Schritten hatte er sie eingeholt und von den Beinen gerissen; er trug sie aus dem Haus, dabei schirmte er ihren Rücken mit seinem Körper ab.
Die Wucht der Detonation erwischte sie auf den Eingangsstufen und schleuderte sie auf den ausgedörrten Rasen. Beim Aufprall auf dem Boden legte er sich über sie und bildete mit seinem Körper einen Schutzschild, während überall um sie herum Trümmer des Hauses
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