Dunkel ist die Sonne
beiseite.
„Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für euch. Ich kann keinen von euren Stämmen finden.“
Deyvs Schrecken war ohnehin schon groß genug. Er verstand nicht, wovon der Pflanzenmensch redete.
„Meinst du, daß dich deine Pflanzen im Stich gelassen haben? Hat das Erdbeben sie so durcheinander gebracht?“
„Nein“, sagte Sloosh. Es klang ärgerlich. Da wußte Deyv, daß Sloosh das, was er zu berichten hatte, nur ungern berichtete. Ihn konnte so leicht nichts umwerfen.
„Ich meine, daß dein Volk und das Vanas aus irgendeinem Grund ihre Gebiete verlassen haben. Und nicht nur das. Auch die anderen Stämme sind verschwunden.“
Deyv wurde schlecht. Langsam und zögernd fragte er dann: „Bist du sicher?“
„Wie du weißt, ist es nicht so einfach, Auskünfte von den Pflanzen zu bekommen. Bei der Befragung und Interpretation ist Zeit, Geduld und einiges Geschick vonnöten. Die geistlosen Pflanzen konnten nur weitergeben, was sie aufgezeichnet haben. Aber ich bin mir ziemlich sicher. Ich habe ein großes Gebiet untersucht, weshalb mich das Ganze auch mehr Zeit gekostet hat, als ich erwartet hatte.
Den Grund für das Verschwinden kann ich nicht sagen. Die Erdbeben waren dort allerdings noch stärker als in irgendeinem der Gebiete, durch das wir durchgekommen sind. Vielleicht sind sie deswegen weggezogen; vielleicht wollten sie sichereres Gelände aufsuchen. Aber sie werden es nicht finden. Nicht für lange jedenfalls.“
„Könntest du sie aufspüren?“
„Nicht ohne den ungefähren Aufenthaltsort zu kennen. Die Pflanzen registrieren ja nur das, was sie sehen oder hören. Aber sie besitzen keine Augen und Ohren im eigentlichen Sinne. Auch würde nicht eine einzige Information, die dazu beitragen könnte, einzelne Stammesmitglieder zu identifizieren, den Pflanzen etwas sagen. Diese Information würde nämlich unweigerlich mit allen anderen Aufzeichnungen vermischt. Bevor ich mit meiner Befragung beginnen könnte, müßte ich wenigstens ungefähr die Gegend kennen, in der sich die Stämme aufhalten. Dann müßte ich noch die nicht relevanten Daten aussortieren. All das würde eine Menge Zeit und Arbeit bedeuten. Es wäre also eine Aufgabe, die praktisch aussichtslos wäre.
Dann kommt noch hinzu, daß die Erdstöße meine Informanten in Verwirrung bringen. Sie sind einer ganzen Menge von dem, was ich als Lärm bezeichnen würde, ausgesetzt. Das Problem ist ähnlich schwerwiegend wie das der Bewegungslosigkeit, wenn auch nicht annähernd dasselbe. Die Weitergabe der Daten wird immer schwieriger werden, und es wird sogar noch schlimmer kommen, und zwar daher, weil die Erdbeben noch häufiger und noch stärker auftreten werden. Die Masse im Raum verdichtet sich mehr und mehr, und bei steigender Dichte wird auch der Druck auf den Planeten größer. Die Shemibob sagte mir, daß sie zwanzig tote Sterne kenne, die nicht weiter als – ich habe dir doch erzählt, was ein Lichtjahr ist?“
Deyv nickte und sagte: „Ja, ein Lichtjahr ist die Zeit, die das Licht braucht, um – “
„Es war nur eine rhetorische Frage; ich weiß, daß ich dir erzählt habe, was ein Lichtjahr ist. Wie dem auch sei, jedenfalls sind diese Sterne nicht weiter als ein Lichtjahr von der Erde entfernt. Es sind die Vorboten des Schwarzen Tieres, und hinter ihnen stehen in einer weiteren Entfernung von nur einem Lichtjahr zehn davon. Und hinter diesen, nur zwei Lichtjahre entfernt, kommt ein ganzer Haufen. Und dahinter befindet sich die Hauptmasse des Schwarzen Tieres.“
Das Blättergesicht und der auf ein Summen beschränkte Schnabel mochten vielleicht nicht immer so ausdrucksfähig sein wie Gesicht und Stimme des Menschen. Aber Slooshens Erregung teilte sich in diesem Augenblick nur allzu deutlich mit. Bei Deyv verfehlte sie auch nicht ihre Wirkung. Er hatte das Gefühl, zum baldigen Untergang verurteilt zu sein; das Ende war unsichtbar, aber von bedrückender Nähe.
„Überleg mal“, sagte Sloosh, „wie gut es war, daß ihr eure Reise aufgeschoben habt. Sonst wärt ihr nur in eure Heimat zurückgekehrt, um festzustellen, daß euer Volk weggezogen ist. Ihr hättet nicht die geringste Ahnung gehabt, wie ihr es hättet ausfindig machen können. Und wenn ihr hierher zurückgekommen wärt, wäre es vielleicht zu spät gewesen. Das Tor wäre möglicherweise verschwunden oder nicht mehr zu sehen gewesen. Oder es hätte sich soweit verschoben haben können, daß es unerreichbar geworden wäre.“
Deyv fiel auf die Knie
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