Dunkel ist die Sonne
euch von den Krankheiten des Körpers und des Geistes zu befreien. Sicher habt ihr viele besiegt, aber neue sind an ihre Stelle getreten. Ihr seid unfähig, ein Allheilmittel für Körper und Geist zu erfi n den; ihr seid immer noch egoistisch, habgierig, kurzsic h tig und unlogisch in vielen Bereichen und manchmal zu emotional in einigen anderen. “
„Und jetzt, jetzt nähert ihr euch dem Ende der Welt, seid ihr Wilde, Geschöpfe, die, wenn sie die Zeit dazu hätten, noch einmal eine große Kultur errichten würden. Aber ihr habt dazu nicht mehr die Zeit, und so wird diese lange, lange Geschichte, die nun schon eine Ewigkeit dauert, zu Ende gehen. Aus welchem Grund? Ich weiß es nicht. Logisch betrachtet ist das Universum trotz seiner komplizierten Ordnung und seiner unwiderstehlichen physikalischen Prinzipien ohne Sinn.
Oder? Vielleicht ist es ja für die gefühlsmäßige B e friedigung geschaffen und nicht für die verstandesmäß i ge, obwohl die beiden nicht immer so einfach zu trennen sind. Die Frage ist nur: Befriedigung für wen?
Aber wenn die gefühlsmäßige Befriedigung die Basis dieses Universums darstellt, den ersten Grund für die Existenz empfindender Wesen, und nicht die Unster b lichkeit, dann seid ihr Menschen uns Archkerri vielleicht doch überlegen. Es schaudert mich bei dem Gedanken, aber ich ziehe ihn in Betracht.
Was ich weiß oder jedenfalls zu wissen glaube, ist, daß das Vorhandensein von Fragen Antworten bereits impliziert. Andernfalls hätten wir eine Gleichung, die nicht aufgeht – wenn es etwas derart Widersprüchliches überhaupt geben kann –, und das sagt meinem wisse n schaftlichen Verstand nicht zu. Aber vielleicht ist das ganze Universum eine einzige kosmische Gleichung, die nicht aufgeht. Das wäre dann die einzige; alle geringeren Gleichungen gehen irgendwie auf. Vielleicht ist es sogar gerade der mangelnde Ausgleich, der die Materie des Raums erschafft.
Weiß ich eigentlich, wovon ich rede? Vielleicht. Auf jeden Fall weiß ich, daß mir bei dieser Art zu denken immer der Kopf zu schmerzen beginnt. Aber der Schmerz verschafft mir eine gefühlsmäßige Befried i gung.“
Der Yawtl hatte sich während dieses Vortrags entfernt. Deyv war fasziniert, aber er war auch froh, als sich Sloosh einer mehr weltlichen Angelegenheit zuwandte. Und zwar, welchen Weg man am besten nehmen solle, um ins Reich der Shemibob zu gelangen. Nach einer B e sprechung, bei der selbst die Sklaven zugegen waren, obwohl sie auf den Beschluß keinen Einfluß hatten, wu r de die Küstenstrecke gewählt. Das würde so ungefähr der weiteste Weg überhaupt sein, aber in den ausgedehnten Dschungelwäldern konnte man sich zu leicht verlaufen. Außerdem ging es sich am Strand leichter.
„Wenn wir diesen Weg nehmen, kommen wir schlie ß lich an den äußersten Rand des Reiches“, sagte Sloosh. „Dann können wir uns ins Innere schlagen. Die Shem i bob lebt ein Stück landeinwärts, in einiger Entfernung zum Ozean also. Aber die Juwelenwüste beginnt irgen d wo am Ufer. Wir können sie also leicht finden. Feersh die Blinde wird uns zeigen – oder besser, sagen –, wo das Haus der Shemibob ist.“
„Nein, das kann ich nicht!“ ertönte die schrille Stimme der Hexe. „Ich bin aus ihrem Haus bis an das entgege n gesetzte Ende des Reiches geflohen. Dort, wo wir es b e treten werden, würde ich mich nicht zurechtfinden. A u ßerdem bin ich nicht einmal sicher, ob ich den Weg, den ich damals nahm, wiedererkennen würde. Es ist viele, viele Ruhezeiten her, seit ich mit einer Angst, die mir das Blut in den Adern erstarren ließ, davonrannte. Noch dazu ist die Juwelenwüste seitdem weitergewachsen. Sie dehnt sich nicht nur nach außen hin aus, sondern auch in die Höhe. Alle Orientierungspunkte, an die ich mich ohnehin nur undeutlich erinnere, werden mittlerweile überwuchert sein.“
Sloosh erwiderte hierauf: „Ich möchte nur wissen, warum die Steine so außer Kontrolle geraten sind?“
Nachdem sie gründlich ausgeruht hatten, packten sie ihre Sachen und brachen auf. Inzwischen war das Schwarze Tier wieder heraufgezogen und hatte den ha l ben Himmel durchquert. Zehn Ruhezeiten vergingen o h ne weitere Zwischenfälle. Im Verlaufe der elften sahen sie am Strand ein Dorf und machten einen Umweg durch den Dschungel. In der zwanzigsten wurden sie von Deyv, der als Kundschafter fungierte, gewarnt, daß vor ihnen ein Haus läge. Es lag auf der Seite; der Sockel ragte aus dem Dschungel heraus bis auf den Sand.
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