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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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konnte durch keine Straße gehen, ohne jeder wohlgeformten Frau leise hinterherzuschmachten. Und wenn er nicht wenigstens einmal in der Woche herumhurte, schmachtete er sogar den Frauen hinterher, die keine bessere Figur hatten als ein Sack voll Pastinaken. Seine Kollegen und die Gardisten scherzten manchmal, daß kein Meuchelmörder seiner Aufmerksamkeit entgehen würde, der sich im Ausschnitt einer Frau verbarg.
    »Oh, ich bin nicht gekränkt«, gab er Borenson zurück. »Ich bin erstaunt. Verblüfft. Wie konntet Ihr sie übersehen? Ihr müßt sie wenigstens gerochen haben?«
    »Ja, sie riecht sehr gut. Sie bewahrt ihr Kleid in einer Lade voller Rosenblätter auf.«
    Der Leibwächter verdrehte theatralisch die Augen und stöhnte. Sein Gesicht war gerötet, und eine ganz besondere Anspannung offenbarte sich in seinem Blick. Obwohl Borenson zu scherzen vorgab, konnte Gaborn erkennen, daß er in Wahrheit von dieser Schönheit aus dem Norden hingerissener war, als er zugeben wollte. Wenn es nach Borenson gegangen wäre, würde er dem Mädchen hinterherjagen. »Wenigstens hättet Ihr Euch durch sie von der quälenden Jungfräulichkeit kurieren lassen können, unter der Ihr leidet, mein Lord!«
    »Das ist unter jungen Männern eine durchaus verbreitete Krankheit«, antwortete Gaborn, der sich beleidigt fühlte.
    Manchmal redete Borenson mit ihm wie mit einem Saufkumpan.
    Der Leibwächter errötete noch heftiger. »Und so sollte es auch sein, mein Lord!«
    »Außerdem«, fügte Gaborn hinzu, indes er sich überlegte, welchen Tribut ein uneheliches Kind manchmal von einem Königreich forderte, »ist die Kur oft schlimmer als die Krankheit.«
    »Ich denke, diese Kur lohnt jeden Preis«, stellte Borenson sehnsüchtig fest.
    Plötzlich keimte ein Plan in Gaborns Kopf. Ein großer Geometer hatte ihm einmal erzählt, wenn er die Lösung einer schwierigen Berechnung fand, wüßte er, ob sie richtig war, weil es dann bis in die Zehenspitzen kribbelte.
    In diesem Augenblick, als Gaborn mit dem Gedanken spielte, diese junge Frau heim nach Mystarria mitzunehmen, überkam ihn das gleiche Gefühl der Richtigkeit.
    Er blickte Borenson an, um seine Ahnung bestätigt zu sehen.
    Der Mann stand neben ihm, mehr als einen Kopf größer als Gaborn. Seine Wangen waren gerötet, als brächten ihn seine eigenen Gedanken in Verlegenheil, und die lachenden blauen Augen des Soldaten erstrahlten in ihrem ganz eigenen Glanz.
    Seine Beine zitterten, dabei hatte Gaborn ihn noch in keiner Schlacht zittern sehen.
    Am Ende der Gasse bog Myrrima um eine Ecke in eine schmale Marktstraße ein. Borenson schüttelte wehmütig den Kopf, als wollte er sagen: Wie konntet Ihr sie gehen lassen?
    »Borenson«, flüsterte Gaborn, »lauft ihr hinterher. Stellt Euch freundlich vor, dann bringt sie zu mir zurück, aber laßt Euch bei der Rückkehr ein paar Minuten Zeit und unterhaltet Euch mit ihr. Schlendert zurück. Beeilt Euch nicht. Erklärt ihr, ich würde sie nur um einen kurzen Augenblick ihrer Zeit ersuchen.«
    »Wie Ihr wünscht, mein Lord«, sagte Borenson. Er lief los, auf jene hurtige Art. die nur jene beherrschen, die eine Gabe des Stoffwechsels erhalten hatten. Die Menge teilte sich vor dem stattlichen Krieger.
    Gaborn wußte nicht, wie lange Borenson brauchen würde, um die Frau zurückzuholen, also trat er in den Schatten des Gasthauses. Sein Days folgte. Da standen sie nebeneinander und wurden von Honigbienen belästigt. Die Vorderseite des Gasthauses hier besaß einen »Aromagarten« nördlichen Stils.
    Man hatte Blauwindensamen in das Dachstroh eingesät, und aus einer Unmenge von Blumenkästen wucherten Kletterpflanzen
    aller
    Art
    hervor
    aus
    blassesten
    Heckenkirschen tropften goldene Tränen über die Mauern, Malven, winzigen Perlenstückchen gleich, flatterten in der sanften Brise über dem Hornkraut, riesige Mandevillae, rosig wie ein Sonnenaufgang, wurden fast vom Jasmin erdrückt.
    Davon ebenfalls durchsetzt waren die Kletterrosen, die jede Mauer hinaufwuchsen, pfirsichfarbene Punkte. Längs der Mauer hatte man grüne Minze gesät, Kamille, Zitronenmelisse und andere Gewürze.
    Die meisten Gasthäuser im Norden waren mit solchen Blumen geschmückt. Das half, die unangenehmen Gerüche des Marktes zu überdecken, außerdem konnte man die in solchen Gärten gezogenen Kräuter als Tee und als Gewürz verwenden.
    Gaborn trat wieder ins Sonnenlicht, fort von dem schweren Duft der Blumen. Seine Nase war zu empfindlich, als daß er hätte bleiben

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