Dunkel ueber Longmont
über die Schulter.
»Du!« meinte Raj Ahten zu dem Jungen. »Bring die Pferde zum Tor und gib sie nicht aus der Hand. Die besten hältst du für die Berater Feykaald und Jureem hier zurück – für keinen anderen. Verstanden?« Er deutete auf Jureem, welcher gleich draußen vor der Tür stand, und der nickte dem Jungen knapp zu.
Der Stallbursche nickte ebenfalls, warf dem Pferd einen kleinen Jagdsattel über und lief glotzend und verängstigt rasch an Raj Ahten und seinen Beratern vorbei.
Manchmal hatte Raj Ahten diese Wirkung auf Menschen. Er mußte lächeln. Von hinten kam ihm der Junge bekannt vor.
Doch plötzlich empfand er eine gewisse Verschwommenheit, eine Unklarheit der Gedanken, als er versuchte, sich zu erinnern. Dann hatte er es – er hatte den Jungen vorhin auf der Straße gesehen.
Aber nein, jetzt wußte er es wieder, das war nicht der Junge gewesen. Sondern bloß eine Statue, die aussah wie er. Der Stallbursche führte die Pferde aus dem Stall, begann, die Sättel festzugurten und die Schnallen zuzuziehen, band, knapp außer Hörweite, die Satteltaschen fest. Als er mit seinem Days im dunklen Stall allein war, wirbelte Raj Ahten herum und packte ihn an der Kehle. Der Mann war ihm zwei Schritte weiter zurück als üblich gefolgt. Vielleicht weil er sich schuldig fühlte, vielleicht aus Angst.
»Was wißt Ihr über diesen Angriff auf Longmot?« fragte Raj Ahten und hob den Days am Hals vom Boden. »Wer hat mich verraten?«
»Ich, arrrgh, nicht!« erwiderte der Days. Der Mann packte Raj Ahtens Handgelenk mit beiden Händen, versuchte, nicht zu ersticken. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.
»Ich glaube Euch nicht«, zischte Raj Ahten. »Nur Ihr konntet mich verraten Ihr oder einer Euresgleichen.«
»Nein!« keuchte der Days. »Wir, äh, wir ergreifen in Staatsdingen niemals Partei. Dies ist… Eure Angelegenheit.«
Raj Ahten sah ihm ins Gesicht. Der Days wirkte verängstigt und erschrocken.
Raj Ahten hielt ihn fest, mit Muskeln stark wie Stahl aus dem Norden, und überlegte, ob er dem Mann das Genick brechen sollte. Vielleicht erzählte der Days die Wahrheit, aber eine Gefahr stellte er nach wie vor dar. Er hätte den Kerl am liebsten zertreten, hätte sich am liebsten von dieser Plage befreit. Doch tat er dies, würden sich sämtliche Days der Welt verschwören und seine Geheimnisse an seine Feinde verraten – die Zahl seiner Armeen, die Aufenthaltsorte seiner versteckten Übereigner.
Raj Ahten setzte den Days ab und knurrte: »Ich behalte Euch im Auge!«
»Genau wie ich Euch«, antwortete der Days und rieb sich den wunden Hals.
Der Wolflord drehte sich um und verließ den Stall. Der Kommandant seiner Garde hatte gesagt, Gaborn Val Orden habe einen der Späher des Wolflords hier in der Nähe erschlagen. Demnach konnte man sicherlich der Witterung des Prinzen folgen.
Raj Ahten besaß Gaben des Geruchssinns von über eintausend Menschen. Die meisten seiner Späher hatten Gaben des Geruchssinns von Hunden übernommen und fürchteten daher den Hundstod, den der Prinz bei sich trug.
»Wohin geht Ihr, mein Lord?« fragte Jureem.
»Prinz Orden hinterher«, entschied Raj Ahten. Seine Männer hätten mit den Vorbereitungen für den Marsch noch einige Zeit zu tun. Bei seinen Gaben des Stoffwechsels konnte Raj Ahten die Zeit damit verbringen, etwas Sinnvolles zu machen, während die anderen arbeiteten. »Er ist vielleicht noch in der Stadt. Manche Aufgaben soll man nicht geringeren Männern überlassen.«
KAPITEL 20
Ein Prinz wird entlarvt
Ach was, Befehl ist Befehl! Seine Lordschaft hat mich beauftragt, den König und sein Töchterchen auf vernünftige Pferde zu setzen – und wenn ich sie im Sattel festbinden muß!
Der Karren ist auf einem so langen Marsch durch die Wälder zu langsam«, sagte Gaborn, wobei er einen Akzent aus Fleeds vortäuschte.
Die besten Pferdekenner kamen aus Fleeds, und er wollte die Rolle eines Stallburschen spielen, dem man vertraute. Er saß auf seinem Hengst und blickte im Hof des Bergfrieds der Übereigner auf den Kommandanten hinunter. Die Wachen hatten das Fallgatter hochgezogen und waren eifrig damit beschäftigt, einen großen, geschlossenen Karren mit Übereignern vollzuladen, die sie hier auf Burg Sylvarresta hinzugewonnen hatten – jene, die als Vektoren für Raj Ahten tätig werden sollten –, darunter auch König Sylvarresta.
»Mir hat er gesagt, von denen hier keinen!« erwiderte der Kommandant in
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