Dunkel wie der Tod
wenngleich ich dies respektiere, möchte ich Sie nun doch bitten, es noch einmal zu überdenken.â
âIch ⦠ich weià nicht so genau â¦â, begann sie, âmein Mann meint â¦â
âWir wissen doch, werâs warâ, sagte Mr. Fallon. âWeshalb soll man da noch das arme Mädchen ausnehmen, als ob sieân Schlachtrind wär?â
Das arme Mädchen ?Das waren ja auf einmal ganz neue Töne, verglichen damit, was er noch vor wenigen Tagen über seine Stieftochter geäuÃert hatte. Die hat sich doch schon die Lippen angemalt, da hat sie noch kurze Kleidchen getragen. So eine war das und war sie schon immer gewesen.
âEine Autopsie ist keineswegs so, wie Sie befürchtenâ, meinte Will. âEs ist eine saubere Operation, die viele nützliche Hinweise liefern kann. Und danach sieht man nicht einmal mehr, dass sie überhaupt vorgenommen worden ist.â
Liam Fallon entgegnete: âSie tun ja so, als ob das jetzt gemacht werden soll, aber wir haben da nix unterschrieben und werden das auch nicht tun. Wüsste nicht, wozu das gut sein sollte.â
âManches deutet darauf hin, dass Virgil Hines nicht der Mörder warâ, sagte Nell. âMöchten Sie denn nicht wissen, was wirklich geschah?â
âWird sie davon wieder lebendig?â, entgegnete Mr. Fallon.
âWenn sie meine Tochter wäreâ, versuchte Will es erneut, âwürde ich wissen wollen, wie und vor allem von wessen Hand sie umgebracht wurde. Noch haben Sie die Gelegenheit, das herauszufinden. Wenn Bridie erst einmal beerdigt ist, werden sie nie mehr Gewissheit bekommen.â
âAch herrje.â Moira wandte sich an ihren Schwiegersohn. âDu bist ihr Ehemann, Jimmy. Was meinst du denn?â
âEr hat das gar nicht zu entscheidenâ, fuhr Mr. Fallon dazwischen. âEr war ihr Ehemann, und hatte er in letzter Zeit überhaupt noch was mit ihr zu tun? Nein.â
Jimmy schaute seinen Schwiegervater verächtlich an und meinte: âIch hab dir ja grad recht geben wollen â ich find das nämlich auch nicht gut, wenn sie so aufgeschnitten und ausgenommen wird. Aber weiÃt du was? Eigentlich gehtâs mich ja nichts mehr an, stimmt schon. Also macht doch einfach, was ihr wollt.â Er drehte sich um und sagte im Davongehen: âIch geh angeln.â
Moira eilte ihm hinterher und umarmte ihn, wobei sie leise etwas zu ihm sagte, das Nell nicht verstehen konnte. Jimmy war dieser Gefühlsausbruch seiner Schwiegermutter sichtlich unangenehm, er tätschelte ihr einmal kurz den Rücken und machte sich dann von ihrer Umarmung frei. Beide Hände wieder tief in den Hosentaschen vergraben, ging er davon.
âAlso, ich weià nicht, Miss Sweeney â¦â, begann Moira dann erneut.
âNell.â
âNell, gut ⦠Meine arme Bridie, die hat ja schon â¦â Ihre Stimme brach sich. âSie hat doch schon genug durchgemacht. Die Vorstellung, dass man sie jetzt auch noch aufschneidet â¦â
Nell sagte: âIch verspreche Ihnen, Moira, dass dies mit dem höchsten Respekt für die Toten geschieht. Dr. Hewitt wird die Obduktion persönlich vornehmen, und ich werde die ganze Zeit anwesend sein und darauf achten, dass Bridie anständig behandelt wird.â
âSie werden dabei sein?â, vergewisserte sie sich.
âJa, ich werde Dr. Hewitt assistieren. Früher habe ich einmal als Krankenschwester gearbeitet und weiÃ, wie solche Untersuchungen gemacht werden. Und ich bin katholisch â wie Sie. Ich werde ein Gebet sprechen, bevor wir mit der Autopsie beginnen.â
âEin Gebet ⦠ja, das wäre gewiss gut.â
Ihr Mann mischte sich nun ein: âJa, aber wennâs keine Autopsie gibt, dann brauchtâs auch kein Gebet. Haben wir schon entschieden.â
âWir?â, wiederholte Moira herausfordernd und reckte ihr Kinn so störrisch, wie Nell es ihr gar nicht zugetraut hätte.
Mr. Fallon schaute seine Frau einen Augenblick überrascht an, dann straffte er die Schultern und verkündete: âJa, wir â ihr Ehemann und ihr Vater.â
âAch ja? Und was war das dann gerade ⦠von wegen, dass Jimmy schon lang nichts mehr mit ihr zu tun gehabt hättâ und gar nicht mehr ihr Ehemann wär? Und seit wann bist du denn ihr Vater? Du bist ihr Stiefvater. Hast du ja immer gar nicht deutlich genug sagen können. Ich bin ja wohl die
Weitere Kostenlose Bücher