Dunkelerde: Gesamtausgabe
begann er anstelle einer Begrüßung, „es tut mir echt leid wegen gestern.”
Nur Susi, Kralle und Bennie fühlten sich angesprochen. Ferdie schaute indessen ein wenig einfältig drein, weil er nicht begriff, um was es ging. „Es ist nur, weil Jule und ich ein wenig Stress haben.”
„Und das so knapp vor den Ferien?”, überlegte Ferdie laut. „Sieht nicht gut aus. Habt wohl Angst vor zuviel Zeit miteinander?”
Es hatte ein Scherz sein sollen, einer, wie man ihn von Ferdie gewöhnt war. Er ärgerte sich schon lange nicht mehr darüber, dass niemand über seine Scherze lachte. Obwohl er jedesmal beifallheischend sich umschaute. Wenn niemand reagierte, vergaß er es einfach wieder.
Diesmal war es ein wenig anders. Pet legte ihm kameradschaftlich die Hand auf die Schulter. „Du bist ein feiner Kerl, Ferdie, weißt du das überhaupt? Ich meine, du hast jetzt versucht, die Situation zu entspannen, mit einem Scherz. Dass die nicht lachen, liegt nicht an dir, glaube mir, sondern es liegt einfach an der Situation.” Er wandte sich an die anderen. „Wieso müsst ihr Trübsal blasen, wenn Jule und ich ein wenig Stress miteinander haben?”
„Trübsal blasen, wir? Sieht es denn so aus?”, fragte Kralle prompt. „Äh, ganz im Gegenteil, will ich mal sagen.”
„Müsste ja nicht sein, euer Stress miteinander, meine ich!”, bemerkte Susi ein wenig schnippisch und stieß Kralle mit dem Ellenbogen an.
Der grinste so breit, dass man wieder seine Zahnlücke sehen konnte.
„Genau! Also, ich für meinen Teil...”
Pet winkte mit beiden Händen ab. „Ich weiß, ich weiß, du hättest mit Jule keinerlei Stress, aber die vielleicht umso mehr mit dir?”
„Allein schon wegen der Zahnlücke. So etwas muss nun wirklich nicht mehr sein, heutzutage. Bist du einfach nur zu dämlich, zum Zahnarzt zu gehen, oder zu feige?” Susi hatte das gesagt.
„Also du jetzt!”, brauste Kralle auf. „Ausgerechnet von dir muss ich mir das anhören. Ich dachte die ganze Zeit, du wärst auf meiner Seite.”
„Bin ich doch auch, Kralle. Merkst du das denn nicht?”
„Nee, das hast du ganz schön versteckt.”
„Na, ich meine es gut mit dir. Du willst doch schließlich gefallen, oder?”
„Na, dir bestimmt nicht!”
„Sag mal, schnallst du es nicht oder was?”
„Aufhören!”, mischte sich Pet ein. „Also, bevor ihr beide euch um Beute streitet, die es gar nicht gibt: Jule und ich haben zwar ein wenig Stress miteinander, aber das soll absolut gar nichts heißen!”
„Ganz genau!” Das war die Stimme von Jule, die hinzu trat. Sie lachte fröhlich. Ein Kunststück, um das Pet sie zutiefst beneidete. Ach, wie gern hätte er den Freunden reinen Wein eingeschenkt, aber das war völlig undenkbar. Sie hätten kein Wort geglaubt von alledem und wenn er ehrlich war: Er an ihrer Stelle auch nicht! Nein, da mussten sie ganz allein durch, Jule und er.
Und hoffen, dass wir es überleben!, fügte er halbwegs resignierend hinzu. Aber dann gab er sich innerlich einen Ruck und zeigte es äußerlich, indem er sich kerzengerade aufrichtete.
„Oh, Jule, ich dachte schon, du würdest dich verspäten.”
„Nö, gerade noch rechtzeitig, nicht wahr?” Sie umarmte und herzte ihren Freund. „Hast mich wohl schon arg vermisst, was?”
Susi und Kralle schauten sich betreten an. Dann schauten sie auf das liebende Pärchen. mit dem anscheinend alles wieder in bester Ordnung war. Die Enttäuschung in ihren Gesichtern war so klar zu sehen, dass Bennie und Ferdie laut zu lachen anfingen. Dabei hieben sie sich gegenseitig auf die Schultern. Das war allerdings für Bennie nicht so besonders vorteilhaft. Nach dem Heiterkeitsausbruch hatte er nämlich das Gefühl, irgendwie sei da was gebrochen. Immer wieder drehte er heimlich den Arm im Schultergelenk, um sich davon zu überzeugen, dass das auch wirklich noch richtig funktionierte.
Ferdie wurde es gar nicht bewusst. Er grinste noch, als er den Unterrichtsraum betrat. Nach der schmerzlichen Miene von Bennie hatte er sich nicht einmal mehr umgedreht, als der sich von ihm getrennt hatte, um seinen eigenen Unterrichtssaal zu betreten.
Pet indessen setzte sich auf seinen Platz und fragte sich im Stillen, wie er den Schultag überhaupt überstehen sollte. Wann begannen die Ferien? Ach ja, morgen war der letzte Tag. Oder erst übermorgen?
Verflixt, dachte er bestürzt, ich kriege das einfach nicht mehr auf die Reihe. Ist ja auch kein Wunder.
Er hörte seinen Namen rufen, wie aus weiter Ferne.
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