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Dunkelerde: Gesamtausgabe

Dunkelerde: Gesamtausgabe

Titel: Dunkelerde: Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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der Sicht über die Barriere. Ich sehe... einen Mann, einen wilden Seefahrer.”
    „Er ist das, was aus dem Schatten von einst entstand!”, sagte Jule monoton. „Und aus dem lebenden Schatten wurde der nächste. Wenn der eine stirbt, entsteht ein anderer, von der gleichen Art. Schatten, die leben, fühlen, denken, hoffen und sehnen. Ich weiß es, du weißt es, wir wissen es - und wir schauen...”
    Also wirkte das Buch jetzt fast in gleicher Weise auf sie wie auf Pet.
    Gern hätte Pet nach ihr geschaut, aber die rituellen Worte nahmen ihn gefangen. Sie kamen wie von allein über seine Lippen, die Worte des alten Harald Magnus. Die Worte wurden zu seinen eigenen Gedanken  und öffneten eine Art Sichtfenster nach „drüben”, nach Dunkelerde. Es war so ähnlich wie gestern, beim ersten Mal. Noch öffnete sich nicht das Tor. Dazu waren die Schaltworte nötig, die danach folgten. Pet wusste das, obwohl er sie natürlich noch nicht einmal betrachtet, geschweige denn gelesen hatte. Er hoffte inbrünstig, dass er nicht gegen seinen Willen einfach weiter sprach und über die erste Folge von Schaltworten die zweite und alles entscheidende Folge aufsagte. Das Tor würde sich dadurch öffnen und er würde dorthin geraten, wohin er gemeinsam mit Jule gerade noch geschaut hatte...
     
    *
     
    „Bei Kalreschs Streitaxt!”, entfuhr es Koschna-Perdoschna Wolfsauge. „Ein valuremisches Handelsschiff! Darauf habe ich gewartet!” Der große, hellhaarige Kapitän und Schiffseigner stand am Bug des Darscha-Dosch Langschiffs SEEWOLF. Die Gischt spritzte hoch empor, das Segel wurde von dem kräftigen Wind gebläht, der über die Meeresstraße zwischen den Küsten Scho-Lahns und Valuremas wehte.
    Die SEEWOLF war vierzig Meter lang, acht Meter breit und mit etwa zweihundert Kriegern bemannt. Am Bug befand sich der charakteristische Drachenkopf, der die Darscha-Dosch-Schiffe als Schrecken der Meere kennzeichnete.
    „Es wurde Zeit, dass wir endlich auf Beute stoßen”, murmelte Kulesch Einauge, ein mächtiger Mann mit grauem Bart, der jetzt neben Koschna-Perdoschna getreten war. „Die Männer wurden schon unruhig.”
    Koschnas Hand schloss sich um den Griff des Breitschwertes, das er an der Seite trug.
    „Ich hoffe nur, dass dieser valuremische Segler die Mühe auch lohnt und wertvolle Fracht an Bord hat.”
    Kulesch Einauge lachte rau.
    „Wie die Barkasse eines Stadtfürsten sieht diese Nussschale nicht gerade aus, Koschna!”
    Die Männer stimmten ein wildes Kriegsgeheul an.
    Die SEEWOLF fuhr seitlich auf den valuremischen Segler zu, näherte sich ihm von der dem Wind zugewandten Seite. Das war Taktik. Irgendwann würde das Quadratsegel, das von dem Gaffel der SEEWOLF hing, dem valuremischen Handelssegler im wahrsten Sinne des Wortes den Wind aus den Segeln nehmen.
    Das Handelsschiff war ohnehin viel schwerfälliger, was die Manövrierfähigkeit anging.
    Unter den Valuremiern brach offensichtlich Panik aus. Hektische Aktivität war zu beobachten. Die wirren Schreie drangen durch das Tosen der Gischt bis zu den Darscha-Doschn an Bord der SEEWOLF hinüber und stachelte die Freibeuter nur noch mehr an.
    „Mehr Steuerbord!”, rief Koschna in Richtung von Solamisch-Darrschon, dem ersten Steuermann des Drachenschiffs. „Diese fette Beute soll uns nicht entkommen.”
    Bogenschützen gingen in Stellung und schossen ihre Pfeile in Richtung des Handelsseglers. Manche der Pfeilspitzen schnitten in die Segel hinein, andere bohrten sich in die Körper der valuremischen Seeleute.
    Erste Todesschreie gellten über das Meer.
    Einige Valuremier versuchten ebenfalls mit dem Bogen zurückzuschießen. Pfeile sirrten durch die Luft. Aber kaum einer erreichte auch die SEEWOLF. Hastig und schlecht gezielt glitten die meisten von ihnen ins Wasser.
    Dann war die SEEWOLF bis auf wenige Meter an das Handelsschiff herangekommen.
    Einer der Darscha-Dosch schleuderte eine Wurfaxt über die Reling des Handelsschiffs und traf einen der Valuremier mitten in der Stirn.
    Die Segel des valuremischen Schiffes hingen schlaff vom Mast. Enterhaken wurden hinüber geworfen, hakten sich fest.
    An dicken Tauen zogen die Krieger aus dem Norden von Dunkelerde den valuremischen Segler näher an ihr eigenes Schiff heran.
    Gleichzeitig wurden die Segel der SEEWOLF los gelassen, so dass das Drachenschiff innerhalb weniger Augenblicke fast vollkommen die Fahrt verlor.
    Die SEEWOLF legte sich jetzt längsseits des valuremischen Seglers.
    Ein Pfeil durchdrang die Brust eines

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