Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
Broadway Bridge gesprungen ist.«
Christian schlang die Arme noch fester um sie. »Sollen wir lieber zu mir fahren?«
Während Vanessa darüber nachdachte, spürte sie Wut in sich aufsteigen. »Nein. Ich lasse mich nicht aus meinem Haus vertreiben.« Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Ich werde die Schlösser auswechseln und eine Alarmanlage einbauen lassen, aber dies ist mein Haus, und ich denke nicht im Traum daran, mich verjagen zu lassen.«
»So gefällst du mir schon besser«, sagte er und strich mit dem Daumen über ihre Wange.
Tränen brannten ihr in den Augen, als sie ihn ansah. »So hatte ich mir die heutige Nacht nicht vorgestellt. Eigentlich wollte ich dich mit meinem sexy Seidennachthemd überraschen.«
Er lächelte sie zärtlich an, und das Eis in ihrem Innern begann zu schmelzen. »Es wird noch andere Nächte geben.« Dann wurde er wieder ernst. »Sag mir, was ich tun kann, um dir zu helfen.«
Sie schmiegte sich an ihn. »Du tust es schon. Halt mich einfach fest.«
»Solange du willst«, antwortete er.
Vanessa schloss die Augen.
Tausend Fragen gingen ihr durch den Kopf. Hatte sie vergessen, die Tür abzuschließen, als sie weggefahren waren? Oder war jemand mit einem Ersatzschlüssel ins Haus gekommen?
Lebte Jim noch? Hatte er während der vergangenen zwei Jahre auf Rache gesonnen, weil er ahnte, dass sie ihn verlassen wollte?
Sie hatte nie wirklich Angst gehabt, dass er sie körperlich angreifen könnte, aber es hatte Momente gegeben, in denen sie sich fragte, wozu er in einer akuten manischen Phase fähig war.
Christian strich ihr beruhigend übers Haar. Sie hatte geglaubt, die schlimmen Zeiten lägen hinter ihr, endlich könnte sie aufatmen und das Glück mit Händen greifen.
Aber da war jemand, der ihr dieses Glück nicht gönnte. Jemand, der ihr Angst einjagen wollte. Und das war ihm gelungen. Sie fürchtete sich vor dem, was als Nächstes geschehen würde. Hatte Angst davor, dass ein toter Mann auferstanden sein könnte, um bittere Rache zu üben.
Eine große Müdigkeit überfiel sie, und während Christian sie in den Armen hielt und ihr immer wieder sanft übers Haar strich, schlief sie ein.
»Verlass mich nicht.« Jim hatte die Arme um sie gelegt und hielt sie fest, zu fest. Seine dunklen Augen bohrten sich flehend in ihre. »Du darfst mich nicht verlassen. Ich brauche dich.«
Er hielt sie so fest, dass sie Angst hatte zu ersticken, von seinem verrückten Taumel mitgerissen zu werden. Die verzweifelte Not, die aus seinen Augen sprach, war zu groß, als dass Vanessa oder irgendjemand sonst sie hätte lindern können.
Hilfe, dachte sie und versuchte, sich von ihm loszureißen. Jemand muss mir helfen!
Sie standen in der Dunkelheit zusammen am Brückengeländer. Ein eisiger Wind blies, und der Fluss brodelte und schäumte unter ihnen, als könn te er es nicht erwarten, sie zu umfangen.
»Lass mich los, Jim«, flehte sie und versuchte, sich seinem Griff zu entwinden.
»Niemals. Ohne dich kann ich nicht leben.« Er hatte Tränen in den Augen. »Verzeih mir.« Er blickte nach unten ins Wasser, dann wieder zu ihr, und Tränen liefen ihm über die Wangen. »Verzeih mir, aber ich kann so nicht mehr leben.«
Er hielt sie fest umklammert und warf sich mit ihr über das Brückengeländer, riss sie mit sich in die Tiefe. Zusammen fielen sie, vom Wind gepeitscht, tiefer und tiefer …
Den Aufprall aufs Wasser spürte sie nicht, sie spürte nur eine eisige Faust, die sie umschloss. Vanessa ruderte wild mit den Armen und strampelte mit den Beinen, kämpfte sich an die Oberfläche.
Sie sog die rettende Nachtluft ein und begann, ans Ufer zu schwimmen. Hände griffen nach ihr, und Jim tauchte neben ihr auf.
»Komm mit mir.« Er legte die Hände auf ihre Schultern und drückte sie unter Wasser.
Kann nicht atmen.
Keine Luft.
Sie wehrte sich mit aller Kraft, doch er hielt sie fest. Ertränkte sie. Ertränkte sich selbst. Nein! Nein! Ihre Lunge brannte, brauchte Luft. Bläschen sprudelten von ihren Lippen.
Dunkelheit umfing sie, und kurz bevor sie das Bewusstsein verlor, hörte sie in der Ferne Gänse schreien.
»Vanessa!«
Die Stimme zog sie an die Wasseroberfläche und holte sie aus den Tiefen ihres Traums. Als sie die Augen öffnete, sah sie Christians besorgten Blick. »Ich hatte einen Alptraum.« Sie brach in Tränen aus.
Christian hielt sie fest und tröstete sie, wie man ein verängstigtes Kind tröstet. »Alles ist gut«, flüsterte er an ihrem Ohr. »Alles wird gut. Ich lasse nicht zu, dass
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