Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
dir etwas geschieht.«
Sie wollte ihm glauben. Aber sie fürchtete, dass nichts und niemand sie vor dem Mann beschützen konnte, den sie einst zu lieben glaubte, dem tragischen Künstler, den sie für tot gehalten hatte. Einem Mann, der mit dem Wahnsinn gespielt hatte und ihm in den letzten zwei Jahren möglicherweise verfallen war.
20
Christian und Vanessa saßen im Empfangsbereich des Polizeireviers und warteten auf Detective King.
Es war ein hektischer Morgen gewesen. Direkt nach dem Aufstehen hatte Vanessa ihre Schwägerin Dana angerufen und gefragt, ob Johnny den Tag über bei ihnen bleiben könne. Glücklicherweise war das kein Problem.
Vanessa hatte vermeiden wollen, dass ihr Sohn mitbekam, wie der Schlüsseldienst die Schlösser austauschte und wie die Alarmanlage eingebaut wurde. Sie wollte ihn nicht ängstigen. Außerdem fühlte sie sich noch nicht in der Lage, Johnny gegenüber so zu tun, als wäre alles in Ordnung.
Sie warf Christian, der neben ihr saß, einen Blick zu. Er lächelte sie an und griff nach ihrer Hand. »Bist du okay?«, fragte er. Seine tiefe Stimme, die stark und fürsorglich klang, hätte sie eigentlich beruhigen müssen, doch im Moment konnte Vanessa nichts beruhigen.
Sie zögerte einen Augenblick, dann nickte sie. Sie wusste nicht, wie sie das alles ohne Christian hätte durchstehen sollen. Sie hatten im Gästezimmer geschlafen, denn Vanessa war nicht imstande gewesen, ihr eigenes Schlafzimmer zu betreten, auch nicht, nachdem das Kleid entfernt worden war.
Sie hatte nach ihrem Alptraum in Christians Armen geschlafen, ohne von weiteren Träumen heimgesucht worden zu sein. Christian hatte am Morgen als Erstes die Sicherheitsfirma, von der er gesprochen hatte, zum Einbau einer Alarmanlage bestellt, danach den Schlüsseldienst, der eine halbe Stunde später vor der Tür stand.
Vanessa hatte mit einer Tasse Kaffee am Küchentisch gesessen und gegen das Gefühl angekämpft, zutiefst verwundbar zu sein, etwas, was sie so noch nie empfunden hatte. Sie war immer so stark gewesen. Sogar die Sache mit den Rosen, die Anrufe und das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, hatte sie einigermaßen im Griff gehabt.
Doch als sie das Kleid auf dem Bett liegen sah, zerschnitten und mit einem Messer in der Brust, waren ihre Kräfte geschwunden, und zurückblieb das Gefühl einer dunklen Bedrohung.
Sie fürchtete, Detective King würde sie für genauso verrückt halten wie die beiden Polizeibeamten am Abend zuvor. Vielleicht nahm sogar Christian nur Rücksicht auf sie, vielleicht glaubte auch er nicht wirklich an ihre Theorie, dass Jim noch lebte. Dabei schien sie so schrecklich logisch zu sein. Im Grunde war es die einzig logische Erklärung für alles.
Detective King kam aus seinem Büro und machte ihnen Zeichen, ihm zu folgen. Als sie aufstanden, ließ Christian Vanessas Hand los, und auf einmal spürte sie, wie ihre alte Kraft zurückkehrte.
Falls Jim wirklich hinter all dem steckte, würde Detective King es herausfinden. Falls Jim noch lebte, würde sie sich von ihm scheiden lassen. Sie würde keine Probleme haben, die Scheidung durchzubekommen, das Verlassen allein genügte schon, weiter bräuchte sie gar nichts vorzubringen. Sie würde eine gerichtliche Fernhalteverfügung gegen ihn erwirken und alles tun, um sich und ihren Sohn zu schützen, ganz gleich welche Gefahr von Jim ausgehen mochte. Falls er noch lebte. Falls er derjenige war, der sie quälte.
Detective King führte sie in einen kleinen Vernehmungsraum und bat sie, Platz zu nehmen. »Was kann ich heute für Sie tun, Mrs. Abbott?«, fragte er.
Der Detective wirkte erschöpft. Tiefe Falten hatten sich in sein attraktives Gesicht gegraben, und seine blauen Augen waren blutunterlaufen. Er sah aus, als hätte er seit Tagen keine Minute geschlafen.
»Ich möchte mit Ihnen über meinen toten Mann sprechen«, sagte Vanessa. »Ich glaube nämlich, dass er gar nicht tot ist.«
King lehnte sich zurück und starrte sie einen Moment lang verständnislos an. »Was meinen Sie damit?« Er schaute zu Christian, dann wieder zu Vanessa. »Es gab doch einen Augenzeugen, der Ihren Mann in jener Nacht von der Broadway Bridge hat springen sehen.«
»Aber könnte er nicht vielleicht überlebt haben?«, fragte Vanessa.
King runzelte nachdenklich die Stirn. »Möglich ist vieles. Wie kommen Sie denn auf die Idee, dass er noch lebt?«
Sie erzählte ihm die ganze Geschichte, angefangen von den Rosen über die anonymen Anrufe bis zu dem
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