Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
Kinder eindeutig sexuelle Handlungen vollführt wurden, ohne dass die daran teilnehmenden Personen auf den ersten Blick identifiziert werden konnten.
Zwischen Frank, Bernd und Maren herrschte drückende Stille. Maren hatte sich mittlerweile einen Block und einen Bleistift besorgt. Sie notierte sich mit starrem Gesichtsausdruck die Namen der Kinder. Dazu schrieb sie, welche Arten von Räumen auf den Bildern zu sehen waren und ob das Kind alleine zu sehen war oder nicht. Als sie mit der groben Sichtung fertig waren, sagte Bernd:
„Du kannst das Scheißding ausschalten. Der Passwortschutz existiert nicht mehr!“.
Frank schloss die Fenster und fuhr den Rechner herunter. Dann schob er wortlos seinen Stuhl hinter seinen Schreibtisch und setzte sich. Er griff in das Schreibtischfach rechts unten und förderte eine halbvolle Flasche Metaxa zutage. Mit einem zweiten Griff holte er noch drei Gläser heraus.
„Ich brauche jetzt einen.“, erklärte er und schwenkte die Gläser fragend in Richtung Maren und Bernd, die ohne zu zögern nickten. Frank schenkte ein. Als alle drei ihr Glas in den Händen hielten, sagte Frank:
„Heute Morgen war Ina bei einer Familie, deren Tochter Steffie einem Typen auf den Leim gegangen ist, der mit ihr Fotos und Videos gemacht hat.“
Maren und Bernd schauten ihn entgeistert an.
„Hast du mit dem Mädchen schon gesprochen?“, erkundigte sich Maren. Frank schüttelte den Kopf.
„Ich nicht, aber Ina. Die Eltern wollen am Montag Anzeige erstatten. Die drei sind ziemlich fertig. Trotzdem werde ich versuchen, vielleicht zusammen mit Ina, nochmal mit dem Mädchen zu sprechen. Solche Leute arbeiten in Ringen. Sie weiß, wo dieser Typ mit ihr – wie sie immer sagt - ‚gearbeitet’ hat.“
Maren und Bernd schüttelten fast synchron den Kopf und kippten den Metaxa in sich hinein.
„Wie machen wir denn weiter?“, fragte Bernd.
„Vielleicht kennt Ina ja auch einige von den Kindern?“, warf Maren plötzlich ein.
„Du hast Recht!“, erwiderte Frank, der bis dahin an diese Möglichkeit noch gar nicht gedacht hatte. „Lasst uns nach Hause fahren. Wenn sich etwas tut, rufen wir uns gegenseitig an. Ich muss erstmal mit Ina sprechen. Wenn wir nichts voneinander hören, sehen wir uns Montag acht Uhr an gleicher Stelle. Sagt ihr Malte und Reinhard Bescheid?“
Maren und Bernd nickten. Dann verstaute Frank den Laptop wieder im Schrank und die drei gingen bedrückt und nachdenklich auseinander.
***
Im Laufe des Nachmittags wurde allen Beteiligten bewusst, was sich ihnen da eröffnet hatte. Frank saß noch lange am Samstagabend mit Block und Stift im Wohnzimmer, dachte nach und machte sich Notizen. Nicht nur, dass sie endlich den Beweis für ihre Vermutungen erhalten hatten, dass Jörg Klettner nicht der Sonnyboy war, für den ihn alle hielten, zusätzlich waren Frank und seine Kollegen überzeugt davon, dass der Mord an Klettner und seiner Freundin mit dem Verbrechen zusammen hing, auf das sie durch den Laptop gestoßen waren. Natürlich war der direkte Zusammenhang zwischen der Kinderpornographie und den Morden noch nicht hergestellt, aber niemand zweifelte daran, dass es ihn gab. Malte, mit dem er vorhin noch telefoniert hatte, war sogar der Meinung, dass sie kurz vor der Aufklärung des Falles standen.
Frank war im Laufe des Nachmittags und Abends Ina sehr nahe gewesen. Auch umgekehrt bemerkte er, dass sich Ina in diesem seltenen Fall von echter Zusammenarbeit sehr wohl fühlte. Beide waren sie, unmittelbar nachdem Frank aus dem Präsidium gekommen war, nochmal bei den Wiberts gewesen und hatten mit Steffie gesprochen, die immer wieder – von Weinkrämpfen geschüttelt – unterbrechen musste. Als sie wieder nach Hause fuhren, hatten sie die Adresse dieses angeblichen „Profifotografen“ namens Robert und eine Beschreibung seiner Wohnung. Außerdem hatte Steffie ihnen genau erzählt, was in der Wohnung vorgefallen war. Das Mädchen schien am Boden zerstört zu sein und schilderte unter Tränen die Vorkommnisse des gestrigen Freitags, als der Mann mit ihr dieses Video gedreht und sie zum Oralsex gezwungen hatte. Frank war zum Speien zumute und er bewunderte an Ina, wie sachlich sie mit der Situation umzugehen verstand. Trotzdem hatte sie im Gespräch mit Steffie sehr engagiert gehandelt und dem Mädchen jederzeit das Gefühl gegeben, von ihr unterstützt zu werden. Wenn Steffie einen ihrer Weinkrämpfe bekam – das war zwei- bis dreimal der Fall – nahm sie sie in den Arm und
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