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Dunkle Flut

Dunkle Flut

Titel: Dunkle Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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Lichtschwert …
    Narbes Schmerzensschreie erreichten ein Crescendo, brachten den Ballon des Zorns zum Platzen und sorgten dafür, dass er wieder zu Sinnen kam. Er zwang sich, daran zu denken, was er zu tun hatte. Mit einiger Mühe senkte er seine Klinge und deaktivierte sie. Er schwitzte. Die Wut brodelte und siedete in ihm – es war immer schon klar, dass es irgendwann so enden muss – , aber er hielt sie unter Kontrolle.
    Er nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug und warf einen raschen Blick zu Narbe. Er war zu langsam gewesen. Aus offenen Geschwüren im Gesicht und an den Armen sickerte Flüssigkeit, aus zerfetzten Kratern spritzte Eiter.
    »Soldat«, formte sie stumm mit den Lippen und hob für einen Moment eine ihrer Hände, bevor sie schlaff an ihre Seite fiel. Ihr Körper zuckte einmal, zweimal, und lag dann reglos da. Ihre leeren, toten Augen, blutrot von geplatzten Kapillaren, starrten Soldat anklagend an.
    Soldat fluchte und trat Zwei-Klingen in die Rippen. Soldat wusste nicht, warum ihm die Sache mit Narbe so nahe ging. Abgesehen von den Kindern bedeuteten die übrigen Klone ihm wenig. Allerdings konnte er nicht leugnen, dass er gewisse Gefühle für sie hegte. Deshalb würde er das tun, was er immer tat – er würde sich um sie kümmern.
    Er kniete vor der Kiste nieder, die die Injektoren enthielt. Dreißig Dosen von dem Medikament waren noch übrig. Sie waren davon ausgegangen, dass die Dosen wochenlang für sie reichen würden, vielleicht noch länger, aber wo auch immer sie da durchgeflogen waren, hatte einen Preis für ihre stärkere Verbindung zur Macht gefordert – es hatte den Verlauf ihrer Krankheit beschleunigt. Vermutlich würde dadurch ebenfalls der Wahnsinn früher einsetzen, der zwangsläufig mit der Krankheit einherging. Genauso, wie der Körper versagte, tat dies auch der Verstand. Zwei-Klingen war bereits so gut wie verloren. Jägerin ebenfalls. Ein Jedi war auf den Mond gekommen, hatte einen der Klone getötet, aber die übrigen waren entkommen, um … Um was zu tun?
    Während die Schreie und das Stöhnen der Kranken von den Wänden widerhallten, maß Soldat mit ruhigen Händen die Dosen ab. Während er arbeitete, behielt er seine Haut im Auge, aus Angst, dieselben kriechenden Hügel darauf zu entdecken, die er bei Narbe gesehen hatte, doch zu seiner Erleichterung sah er nichts. Wie es schien, hatten die Ärzte in der Einrichtung ihn gut hingekriegt.
    Als er genügend Injektionen vorbereitet hatte, drehte er sich um und warf sich erneut in den Sturm ihrer Agonie, huschte von einem zum anderen, injizierte jedem das Medikament, das die Ärzte hergestellt hatten, um sie am Leben und bei geistiger Gesundheit zu halten. Er fing bei den Kindern an, machte dann mit Zwei-Klingen und mit Jägerin weiter. Jeder von ihnen beruhigte sich schon Sekunden nach der Injektion, mit schweren Lidern, die Atmung langsam und gleichmäßig. Er legte Anmut eine Hand auf den Kopf, strich ihr rotes Haar glatt, tat dasselbe bei Jägerin. Jägerin war schweißgebadet. Sie zitterte unter seiner Berührung, aber zumindest wimmelte nichts mehr unter ihrer Haut.
    »Wo ist Alpha?«, fragte Jägerin, und wenigstens im Moment waren ihre Augen klar. Sie hielt Anmut und Segen – die beiden Kinder von ihr und Alpha – in den Armen. Die Mädchen hatten ihre Augen geschlossen. Sie schienen zu schlafen, aber ihre verkniffenen Gesichter und das leise Wimmern kündeten von andauerndem Schmerz. Die Kinder litten stets am meisten unter der Krankheit. Die meisten Nachkommen der Klone waren im Laufe der Jahre jung gestorben.
    »Alpha ist tot«, sagte Soldat. »Der Jedi hat ihn umgebracht. Du weißt das, Jägerin.«
    Sie starrte ihn einen langen Moment an, als würde sie nicht verstehen, was er damit meinte.
    »Es hätte dich erwischen sollen«, sagte sie schließlich mit undeutlicher Stimme und schloss die Augen.
    Die Worte prallten wirkungslos von der emotionalen Rüstung ab, die sich Soldat für gewöhnlich angelegt hatte. So etwas und Ähnliches hatte er im Laufe der Jahre häufiger gehört. Er war anders als die anderen. Sie wussten es, und er wusste es. Er war der Beste von ihnen, das letzte Exemplar, das die Ärzte geschaffen hatten, und er zeigte keine Anzeichen der Krankheit, die die übrigen befallen hatte. Bloß die Kinder behandelten ihn wie einen von ihnen.
    »Brauchst du Wasser?«, fragte Soldat sie.
    »Nein«, sagte sie. Ihre Stimme war sanft, als habe sie ihre schroffen Worte von gerade eben schon wieder

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