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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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jetzt fiel es mir wieder ein. Das waren Baptisten, und sie wohnten einer Taufe bei. Das hatte ich schon mal gesehen. Mit mir war das auch gemacht worden, aber da war ich so jung gewesen, dass ich mich kaum noch daran erinnerte.
    Gleich würden sie jemanden in den Fluss tunken. Die Baptisten waren der Meinung, dass sie dann ganz sicher in den Himmel kamen, selbst wenn sie es vorher oder hinterher mit einer Kuh trieben oder eine Krippe samt Säugling in Brand steckten. War man erst einmal untergetaucht worden, während ein Prediger die richtigen Worte dazu sprach, war der Himmel eine ausgemachte Sache, und der heilige Petrus wischte einem schon mal den Sitzplatz frei und spannte einem die Saiten auf die Harfe. Da hier in der Gegend so ziemlich jeder Baptist war und es auf den Feldern und in den Gefängnissen nur so von ihnen wimmelte, war das Ganze wohl eine feine Sache.
    Während wir vorbeifuhren, sahen wir die Sänger die Köpfe heben und uns anglotzen. Die Kinder winkten. Manche wurden von ihren Eltern dafür mit einer Ohrfeige bedacht. Der Prediger, dessen helle Haare wie Gold in der Sonne leuchteten, zerrte den Mann, der neben ihm stand, in den Fluss. Ihre Hemdschöße schwammen auf dem Wasser.
    Nachdem wir vorüber waren, schauten wir zurück und sahen, wie der Mann sich die Nase zuhielt und dem Prediger rückwärts in die Arme sank.
    Mama, die sich das alles genau angesehen hatte, sagte: »Und er ward getauft!«
    »Tja, dann kann er ja jetzt wie wir so ziemlich jedes Verbrechen begehen und wird trotzdem erlöst.«
    »Sei still. Ganz so ist das nicht.«
    Wir ließen die Gemeinde hinter uns.
    Wegen dem vielen Regen in letzter Zeit schlängelte sich der Fluss recht schnell durch die Landschaft, und manchmal wurde er in einer Biegung so schmal, dass sich das Floß drehte, sodass aus vorne hinten wurde und aus hinten vorne, und dagegen kamen wir mit unseren Stangen nicht an, weil das Wasser zu tief war. Wir probierten es mit den Paddeln, aber genauso gut hätten wir Kochlöffel benutzen können.
    Irgendwann krümmte sich der Fluss, und das Floß begann sich im Kreis zu drehen, bis es schließlich in einen kleinen Nebenarm geriet. Uns blieb nichts anderes übrig, als uns festzuhalten und zu hoffen, dass wir nicht kenterten. Bald wurde das Wasser jedoch flacher, und wir konnten wieder die Stangen einsetzen. Nach einer Weile gelangten wir ans Ufer, und ich sprang rüber und band das Floß an einer Eiche fest.
    Völlig erschöpft sank ich zu Boden. Nachdem ich so lange auf dem Wasser gewesen war, kam mir die Erde unter meinem Hintern seltsam vor, als wäre ich auf einem Karussell gewesen, das sich zu schnell drehte, und runtergeflogen.
    Alle stiegen aus und setzten sich. Mama kramte in ihrem Beutel und holte wieder Maisbrötchen und Wasser hervor. Beides schmeckte noch immer verdammt gut. Dieses Mal aß sogar Mama etwas.
    Nachdem wir damit fertig waren, hatte es keiner von uns besonders eilig, wieder auf das Floß zu kommen. Wir saßen einfach nur schweigend da und grübelten, jeder für sich. Terry holte einen sauberen weißen Stoffbeutel aus seinem Gepäck, öffnete denPappkarton mit May Lynn darin, kippte die Asche in den Beutel und knotete ihn zu.
    »Ist … ist sie das?«, wollte Mama wissen.
    »Jau«, sagte ich.
    Terry verstaute den Beutel, und wieder saßen wir alle schweigend da. Plötzlich wurden wir von einer Stimme aufgeschreckt.
    »Was habt ihr denn hier verloren?«
    Ich sprang auf, und alle taten es mir nach, außer Mama, die, nachdem sie einmal saß, einfach zu träge war.
    Auf der Anhöhe über uns stand ein Mann. Er hatte die Sonne im Rücken, und wir konnten nur eine dunkle Gestalt erkennen. Es sah aus, als würde das Licht aus ihm rauskommen und himmelwärts schießen.
    »Habt ihr das Floß selbst gebaut?«, fragte die Gestalt.
    »Wie bitte?«, fragte ich.
    »Ich will wissen, ob ihr das Floß selbst gebaut habt.«
    »Na ja, eigentlich haben wir’s mehr geborgt.«
    »Sieht aus wie das Floß von flussaufwärts«, meinte die Gestalt. »Das dort an einen Baumstumpf gebunden ist.«
    »Ja, sieht ihm wirklich ziemlich ähnlich«, sagte Terry.
    »Könnten fast Zwillinge sein«, fügte Jinx hinzu.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, das ist dasselbe Floß«, sagte die Stimme, und der Mann kam die Böschung runter auf uns zu. Dabei hatte er den Hügel im Rücken, und die Sonne hing über ihm, sodass wir ihn jetzt besser in Augenschein nehmen konnten.
    Er war groß und dünn und hatte die Art heller Haare, die, wenn

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