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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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die Zeit genommen haben, und alles Gute.«
    Ich wollte mich umdrehen, doch die Tür ging weiter auf, und da sah ich, dass sie eine große Pistole in der Hand hatte. Mein erster Gedanke war, dass es sie, wenn sie abdrückte, glatt umhauen würde. Sie hob die Pistole und hielt sie mit beiden Händen umklammert. Dabei zitterte sie kein bisschen, und ich änderte augenblicklich meine Meinung. Wahrscheinlich konnte sie nicht nur schießen, ohne umzufallen, sie würde auch treffen, worauf sie zielte.
    »Ich hab niemand, der mir Holz hackt«, sagte sie. »Holz hacken könnt ihr doch bestimmt.«
    »Das können wir«, erwiderte ich und glotzte die Pistole an.
    »Ich hätte nichts dagegen, ein paar Diener zu haben«, sagte sie.
    Sie fuchtelte mit der Pistole rum, was hieß, wir sollten reinkommen. Drinnen herrschte ein Heidenchaos. Überall lagen Stühle rum, ein Tisch war umgestürzt und streckte die Beine von sich wie ein totes Tier. Der Boden war mit Abfällen übersät, und es roch auch ziemlich unangenehm, wie nach altem Essen.
    »Ich hab schon eine ganze Weile nicht mehr aufgeräumt«, sagte sie.
    Seit Adam und Eva, dachte ich bei mir.
    »Bevor ihr Holz hackt, könnt ihr hier ein wenig für Ordnung sorgen. Wenn ihr fertig seid, bekommt ihr was zu essen.«
    »Für Ordnung sorgen?«, fragte Jinx.
    Die Alte sah sie lange an. »Als ich klein war, hatte meine Familie ihre eigenen Nigger. Mir haben sie einen zum Spielen gegeben. An die erinnerst du mich.«
    »Wie alt waren Sie damals – ungefähr hundert?«, fragte Jinx.
    »Vier oder fünf«, sagte die alte Frau. »So genau weiß ich das nicht mehr. Aber ich bin fast achtzig. Und wenn du frech werden willst, dann solltest du besser wissen, dass das Mädchen, was siemir gegeben haben, auch irgendwann aufsässig wurde. Ich und sie haben miteinander gerauft, und da hat mein Vater sie an ein fahrendes Sündenhaus verkauft.«
    »Ein was?«, fragte Jinx.
    »Sie haben eine Hure aus ihr gemacht.«
    »Da war sie wahrscheinlich erleichtert.«
    »Fangt jetzt bloß an, aufzuräumen«, sagte die alte Frau.

21
    Während wir anfingen aufzuräumen, setzte sich die alte Frau mit der Pistole im Schoß in einen Schaukelstuhl. Sie war weit genug weg von uns, um sie schnell anheben zu können.
    »Dass ihr mir ja nichts Wertvolles wegwerft«, sagte sie.
    »Und was wäre das?«, fragte Jinx. Offenbar wollte sie unbedingt erschossen werden.
    »Alles, was wertvoll ist, du kleiner Klugscheißer.«
    »Jinx, hilf mir mal den Tisch hinstellen«, sagte ich in der Hoffnung, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
    Wir stellten den Tisch hin, richteten die Stühle auf, holten einen Besen und fegten das zerbrochene Geschirr zusammen. Alles war von Staub bedeckt, und davon gab es so viel, dass man mit einem Finger und etwas Hingabe die Bibel darauf hätte abschreiben können.
    Ich vermutete, dass es hier einen Kampf gegeben hatte, und wer auch immer daran beteiligt gewesen war, hatte es ernst gemeint. Überall war Zeug herumgeflogen, und auf dem Boden lagen sogar ein paar getrocknete Kackwürste herum. Bei der Menge Staub ließ sich leicht erraten, dass der Kampf vor einiger Zeit stattgefunden hatte, und seither war alles so belassen worden, wie es war.
    Über dem Kamin baumelte, an einem einzigen Nagel, ein Regal. Ein Beil und eine Axt lehnten neben dem Herd an der Wand. ImKamin war eine Metallstange befestigt, an der ein großer schwarzer Topf hing. Unter dem Topf brannte ein kleines Feuer. Offenbar hatte die alte Frau ein paar Möbel kleingehackt und als Brennholz verwendet.
    Derweil wir putzten, beobachtete ich die Alte aus einem Augenwinkel und die Axt und das Beil aus dem anderen. Ich wollte meiner Liste krimineller Aktivitäten nicht auch noch Mord hinzufügen, aber noch weniger wollte ich ermordet werden.
    Die alte Frau deutete auf einen Besen, und Jinx begann den Boden zu fegen. Sie öffnete die Tür, damit Jinx den Staub und alles andere rausfegen konnte. Es war ein alter Besen, aus einem krummen Stock, etwas Zwirn und Stroh selbstgemacht. Bestimmt ritt die Alte bei Vollmond darauf im Zimmer herum.
    Die Schufterei zog sich eine ganze Weile hin, und allmählich fragte ich mich, wie es wohl Mama und Terry ging. Darauf erhielt ich eine Antwort, als wir das Zimmer weitgehend aufgeräumt hatten.
    Mama hatte sich nicht an meine Anweisung gehalten, unten am Fluss zu bleiben oder ohne uns weiterzufahren, sondern kam zur Tür, gerade als Jinx den Staub rausfegte. Neugierig steckte sie ihren

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