Dunkle Gewaesser
Ladefläche gelegen, und wir hatten ihn zusammen mit Mamas Sachen weggeschmissen. Ich hab den Draht genommen, zusammengerollt und die Nähmaschine hochgewuchtet.
Sie war furchtbar schwer. Ich hab Stunden gebraucht, um sie das Ufer entlangzuschleppen, denn ich musste immer wieder ausruhen. Die meiste Zeit hab ich sie über den Boden geschleift. Aber ich hab’s schließlich geschafft. Dann hab ich die Leiche zum Fluss getragen, die Maschine mit Draht an ihr festgebunden und sie ins Wasser geschoben. Schließlich hab ich Luft geholt und bin untergetaucht, denn ich wusste vom Angeln, dass der Grund weiter vorne plötzlich steil abfiel. Dort runter hab ich die Nähmaschine gezerrt. Und May Lynn. Dann bin ich an Land geschwommen undnach Hause gelaufen. Um mich mit May Lynn zu treffen, hatte ich mich davonstehlen müssen, und nun hab ich mich wieder ins Haus reingeschlichen. Ich war so lange weg gewesen, dass ich mir sicher war, ich würde erwischt werden. Vielleicht wollte ich das sogar. Aber alle schliefen tief und fest. Ich hab mich hingelegt und versucht, ebenfalls zu schlafen, aber ich konnte nicht. Ein paar Tage später hast du mich gefragt, ob ich mit dir fischen gehe. Als du mir erzählt hast, wo, wusste ich gleich, dass das die Stelle war, wo ich May Lynn versenkt hatte, aber ich war der Meinung, dass es dort tief genug war. Ich wusste aber auch, dass der Verdacht auf mich fallen würde, wenn sie jemand fand. Außerdem konnte ich noch immer nicht fassen, dass das überhaupt geschehen war. Es kam mir vor wie ein grausiger Traum. Und dann haben wir sie da rausgezogen. Als die Schnur festhing, wusste ich gleich, was das war. So sicher, wie ich jetzt weiß, dass ich nur noch einen Arm habe. Ich hätte alles gestehen sollen, aber … ich konnte einfach nicht.
Danach dachte ich nur noch daran, sie nach Hollywood zu bringen. Bevor wir uns gestritten haben, hat sie darüber geredet. Sie hat gesagt, dass sie bald geht. Von dem Geld wusste ich nichts. Aber wenn ich jetzt so zurückdenke, glaube ich, dass sie das Geld schon hatte und konkrete Pläne schmiedete. Und in der Nacht hab ich diese Pläne aus reiner Dummheit vereitelt. Ich hab sie umgebracht.«
Ich grübelte lange nach. »Das war ein Unfall, Terry. Wenn es so passiert ist, wie du erzählt hast. Es war ein Unfall.«
»Es ist genau so passiert. Ich bin auf sie draufgesprungen. Mit voller Absicht. Aber was dann passiert ist, wollte ich nicht. Das musst du mir glauben!«
»Ich glaube dir.«
»Unfall oder nicht, schuldig bin ich daran trotzdem«, sagte er. »Aber ich möchte, dass du weißt, wie leid es mir tut.«
Die Tür ging auf. Jinx kam rein; sie beugte sich übers Bett undlegte Terry den Arm über die Brust. »Ich hab alles gehört. Warum hast du mir das nicht erzählt? Stattdessen muss ich an der Tür lauschen wie ein Dieb.«
»Das hätte ich schon noch. Sie hat gefragt, also hab ich geantwortet.«
Ich schaute zur offenen Tür. Im Unterschied zu Jinx hatte Mama kein Wort mitgekriegt. Ich hörte sie leise schnarchen. Wenn wir einen Böller losgelassen hätten, hätte sie das wahrscheinlich ebenso wenig geweckt.
Leise schloss ich die Tür. Jinx drückte Terry noch immer an sich. Er tätschelte ihr mit seiner guten Hand den Arm.
»Sie hätte dich nicht hänseln sollen«, sagte Jinx.
»Das ist keine Entschuldigung«, erwiderte er.
»Na ja, richtig war es bestimmt nicht«, sagte Jinx. »Aber du bist, wie du bist, und May Lynn hat sich manchmal ziemlich was auf sich eingebildet. Du musst nicht von irgendwas geheilt werden. Vielleicht geht’s dir ja besser, wenn ich dir was verrate – ich hab versucht, die alte Frau da umzubringen, und zwar mit Absicht, nicht aus Versehen. Aber die Pistole war nicht geladen. Sie hat nur klick gemacht, und dann ist die Alte von ganz allein gestorben.«
»Das ist gut so«, sagte Terry.
»Ich fand es eher enttäuschend«, sagte Jinx.
24
Wir beschlossen, Mama nichts von dem zu erzählen, was Terry uns gerade erzählt hatte, jedenfalls nicht gleich, und wenn, würden wir das ihm überlassen. Mir ging’s nicht eben gut damit, zu erfahren, wie May Lynn gestorben war, aber ich glaubte Terry und war froh, dass er sie nicht einfach nur umgebracht hatte.
Wir waren den ganzen Tag in dem Haus eingesperrt, und das ohne Wasser und ohne was Richtiges zu essen außer dem Unkraut, das Mama gekocht hatte, und das war inzwischen sauer geworden. Irgendwann blieb uns nur noch, entweder rauszugehen und was zu essen zu finden, oder zu der
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