Dunkle Häfen - Band 1
diesen Zeiten noch auf solch unangenehme Zeitgenossen zu stoßen. Sie hatten geglaubt, die Kerle hätten sich inzwischen in alle Winde verstreut oder sich der Kaperflotte angeschlossen.
"Es sind unzivilisierte Abenteurer, Sir. Vielleicht wollen sie sich aufspielen."
"Vielleicht wollen sie uns auch nur angreifen. Sorgt dafür, dass das Schiff und die Mannsc haft kampfbereit gemacht werden", befahl der junge Kapitän.
"Mit Verlaub, Sir, es mag das Beste sein, wenn wir uns ergeben. Sie sind stärker."
"Widersprecht nicht ständig! Habt Ihr eine Aufforderung gesehen, uns zu ergeben? Außerdem ergibt sich ein britischer Offizier nicht so schändlich und liefert sich der Willkür dieser Unmenschen aus! Lieber ein Tod in Ehre als schändliche Demütigungen hinnehmen zu müssen! Und jetzt führt die Befehle aus!"
"Ja, Sir! Sofort!" Der Mann eilte los und brüllte die Befehle weiter.
James beobachtete den Gegner. Das Schiff kam schnell näher. Er wies einen vertrauenswürdigen Mann an, die Botschaft zu verbrennen, sie durfte dem Feind nicht in die Hände fallen. James dachte noch einmal über die Aussicht nach, sich zu ergeben. Er hatte die Verantwortung für seine Leute, doch das hieß auch, sie vor Schande zu schützen. Soldaten lebten mit dem Risiko zu sterben. Und was ihnen als Gefangene auf einem Piratenschiff blühen mochte, war unter Umständen schlimmer als der Tod. Nein, sie würden kämpfen, auch wenn die anderen viel stärker waren.
Und so gaben sie ihre Antwort, als die Aufforderung kam, sich zu ergeben, in Form einer Breitseite Kanonen. Damit war der Kampf eröffnet. Die Überlegenheit der Brigantine wurde rasch offensichtlich. Ihre Kanonen machten die Hawk immer kampfunfähiger. James Männer versuchten, die Piraten vom Entern abzuhalten, aber bald brachen auch an Deck Kämpfe aus. Noch konnten seine als Kämpfer ausgebildeten Männer die Übermacht abhalten. James riss seinen Degen aus der Scheide und verließ seinen sicheren Platz, um sich an den Kämpfen zu beteiligen. Er hielt nicht viel von Befehlshabern, die sich hinter ihren Leuten versteckten, um ja nicht in Gefahr zu geraten. Ein mächtiger Pirat stellte sich ihm in den Weg.
"Na, wen hab'n wir denn da?", grinste er auf den wesentlich kleineren Adligen herunter.
"Verfluchter Bastard ", zischte James und griff an.
Der Pirat war ein schwieriger Gegner. Trotz seiner bärenartigen Statur war er erstaunlich behände und er hatte die Kraft dieses Tieres. James hatte erst einmal Schwierigkeiten mit ihm. Doch nicht umsonst war er ungeschlagener Meister im Degenfechten. Sein Talent darin hatte er mit hartem Training verstärkt. Mit einem Manöver, dessen tödliches Ende gewiss wa r, schaltete er den Mann aus. James kümmerte sich nicht weiter um den Sterbenden und wandte sich den nächsten zu. Zwei Piraten kamen mit schauerlichem Gebrüll auf ihn zu. Er riss seine Pistole hervor und erschoss den einen, der zweite war bei ihm, bevor er neu laden konnte. Die Kerle schienen nicht weniger zu werden. James scharte einen Trupp seiner Leute um sich und sie leisteten erbitterten Widerstand. Doch plötzlich waren um sie herum nur noch Piraten. Nach und nach wurden ihre Reihen lichter, bis es den Feinden schließlich gelang, die Kämpfenden zu überwältigen. Sie schleiften James und den Rest seiner Männer zu den Masten und fesselten sie daran.
Ihm dämmerte, dass der Kampf entschieden war und sie sich nun in der Gewalt der Piraten befanden. Von seinen Männern schienen nur noch wenige übrig zu sein, der Rest lag über das Deck verstreut. Die Hawk lag nun an das Piratenschiff vertäut da. James konnte an seinem Bug statt einer Galionsfigur ein Schicksalsrad ausmachen. Über ihm wurde soeben die schwarze Piratenflagge gehisst, auch dort das Rad.
Die Piraten sammelten sich um ihre Gefangenen. Sie schienen zu warten.
James blickte sich um und sah seinen zweiten Offizier, dessen Kopf auf seiner Brust hing. Er schien verletzt zu sein, sein Gesicht zeigte die Blässe des Todes. Die Piraten starrten sie unterdessen feindselig an. Es waren ausgezehrte Gesellen, wildäugige Gesetzlose. Der junge Mann hatte viel über die grausamen Sitten der Piraten gehört, die man sich erzählte, als die Piraterie noch mächtig und gefürchtet war. Diese hier sahen halb verhungert aus und mochten deshalb umso gefährlicher sein. Sie scherten sich einen Dreck um die Gesetze, von denen sie ohnehin nur den Tod zu erwarten hat ten. Das war einer der letzten Überreste dieses Abschaums
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