Dunkle Häfen - Band 1
, erkundigte er sich unvermittelt.
"Wie bitte?" Gegen meinen Willen lag der Schock in meiner Stimme.
"Sieht nicht so aus. Ihr hättet es nötig."
Mit ein paar großen Schritten war er bei mir. Ich zuckte zusammen, mir meiner hilflosen Lage durchaus bewusst. Ich hatte rein gar nicht gegen ihn in der Hand.
"Ihr habt Angst?"
Höhnisch drehte er mein Gesicht zu sich herum. Ohne Zweifel, es bereitete ihm große Freude. Ich zuckte unter der Berührung. Sein Geruch brachte Erinnerungen zurück, die ich lieber vergessen hätte. Er umkreiste mich wie ein Raubtier. Jetzt war ich das Opfer, mit dem man spielte. Als er hinter mir stehen blieb, wurde ich unruhig. Eilig drehte ich mich um.
"Ich habe keine Angst!" , erklärte ich wenig überzeugend.
Er hob die Augenbrauen.
"Oh doch, ich denke schon, dass Ihr die habt. Glaubt mir, ich erkenne das. Hilflosigkeit erzeugt immer Angst."
Es erschreckte mich, dass er mich so durchschaute.
"Vielleicht... fleht um Vergebung, dann werdet Ihr Euch einiges ersparen!"
"Niemals!" spie ich ihm in das Gesicht, das an eine kunstvoll gemeißelte Statue erinnerte.
Die Peitsche klatschte auf meine Wange. Vor Schmerz ächzte ich überrascht auf. Ein paar Blutstropfen rannen über meine Wange. Sein Gesichtsausdruck entsetzte mich. Ihm machte das wirklich Spaß.
"Tatsächlich?"
Sehr schnell war er hinter mir und zog die Gerte über meinen Rücken. Ich biss dieses Mal die Zähne zusammen.
"Ich denke, Ihr werdet bald Eure Meinung ändern. Ihr werdet selbst erkennen, dass Stolz vergänglich ist und nicht vor Schmerz schützt."
Fast verklärt blickte er mich an. Dann hob er die behandschuhte Hand und fuhr mir über die blutige Wange. Nachdenklich betrachtete er die Flecken, die auf dem Stoff zurückgeblieben waren. Schließlich streifte er die Handschuhe ab und warf sie auf den Schreibtisch.
"Das ist erst der Anfang, versteht Ihr?" , flüsterte er und packte meine Schultern. Für die Kraft darin waren seine Hände überraschend schmal. "Am Ende wird Eure Hinrichtung stehen."
"Das könnt Ihr nicht machen!"
"Warum nicht?"
"Ich habe einen Kaperbrief!"
"Na und ? Die Königin ist weit weg. Und", er lächelte wieder grausam. "Eure Verbrechen werden dadurch nicht getilgt. Hier wird mich niemand stören, es interessiert auch keinen, wie man mit einer Verbrecherin verfährt."
"Ich hatte sowieso nicht vermutet, dass irgendeine Gewalt gibt, die Euch Adligen Schranken auferlegt! Und, wollt Ihr mich jetzt in eine düstere Folterkammer schleppen und mich foltern?"
Der drohende Untergang machte mich noch einmal kühn, es war die Kühnheit einer Todgeweihten.
"Ach, Ihr amüsiert mich. Ja, vielleicht werde ich das tun. Es gibt einige Dinge, die ich gerne ausprobieren würde."
Meine Beine wurden wieder schwach. Ich erwartete nicht, dass er mir einen Stuhl anbot. Es schockierte mich fast, als er es doch tat.
"Nun, wollt Ihr Euch setzen? Ihr wirkt so bleich oder macht das nur das Licht?"
Ich argwöhnte jedoch, dass er mich nur in Sicherheit wiegen wollte, um dann umso überraschender zuschlagen zu können. So lehnte ich das überaus zuvorkommende Angebot ab.
"Vielen Danke für Eure freundliche Anteilnahme, aber ich ziehe es vor, stehen zu bleiben."
"Warum der Sarkasmus, meine Liebe? Habe ich Euch bis heute je weh getan?"
Ich errötete gegen meinen Willen und es amüsierte ihn noch mehr. Wie er dieses Katz- und Mausspiel doch genoss!
"So, jetzt habt Ihr mich lange genug dahingehalten!" , meinte er plötzlich. "Mir gefällt dieses Gespräch zwar, aber selbst für diesen großen Augenblick habe ich nicht alle Zeit der Welt. Wisst Ihr, das Leben geht weiter - auch ohne Euch."
Ich senkte den Kopf. Mir wurde schmerzlich bewusst, dass das Ende war. Ich fühlte das kalte Grauen sich wieder nähern, grausam - und endgültig. Er kam ganz nahe an mich heran und sein Atem streifte meinen Hals.
"Für Euch wird es um vieles schmerzhafter werden als für mich..." , zischte er mir ins Ohr. "Ich habe gelernt, wie man euch Frauen demütigt. Ihr hättet wissen sollen, dass Ihr mich lieber sofort getötet hättet!"
Er packte mich am Kragen und schüttelte mich. Als er mich wieder losließ, war sein Gesicht ganz gelassen. Ich entdeckte jedoch ein dämonisches Glitzern in seinen dunkl en Augen. Er war zu allem fähig. Einen Moment hielt er inne, um seine Macht auszukosten und den Triumph zu spüren. Ich nutzte die kurze Zeit aus und zog mein Knie nach oben. Da er so dicht bei mir stand, traf es ihn in seine
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