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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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bereits dunkel, als Ramis aufwachte. Sie war mal wieder eingeschlafen, als sie eines der vielen leeren Zimmer vom Dreck und Staub der Gezeiten befreien sollte. Weil niemand außer ihr dort hinkam, gönnte sie sich manchmal eine kleine Ruhepause, wobei sie allerdings häufig einfach weg döste. Ihr war es eiskalt geworden, hier wurde nicht geheizt und der Winter war fast da. Das Jahr 1697 neigte sich seinem Ende zu und Martha war der Meinung, bis zur Geburt könne es nicht mehr lange dauern. Sie schätzte auf einen Monat oder weniger. Zitternd zog Ramis den dicken Wollmantel um ihre Schultern. Hoffentlich erkältete sie sich nicht. Das hätte gerade noch gefehlt. Ihr dicker Bauch bereitete ihr Schwierigkeiten. Steif und müde machte sie das Zimmer fertig, dann ging sie hinaus. Mit ein wenig Glück hatte Martha warmen Tee für sie aufbewahrt und vielleicht sogar Reste vom Abendessen, das längst vorüber war. Ramis mied die gemeinsamen Essen mehr denn je, weil sie die abschätzigen Blicke nicht ertragen konnte. Deshalb musste sie auf ihr Essen warten, in der Hoffnung, dass Martha ihr etwas mitbringen würde. Ihr Zimmer hatte nichts Gemütliches an sich, wenn Martha nicht da war. Es war alles andere als warm und heimelig. Dunkle, abweisende Kälte empfing sie dort. Ramis spähte in die Dunkelheit.
    "Martha?"
    Sie hörte ein Geräusch. Ein furchtbarer Schreck durchfuhr sie, als etwas ihre Beine berührte. Ein leises Maunzen beruhigte sie schnell wieder.
    "Ach Bonny, du bist es", murmelte Ramis erleichtert.
    Ihr Herz klopfte noch immer wild. Die Katze ließ sich gefällig vom Boden aufheben.
    "Weißt du, wo Martha ist?" , wisperte das Mädchen dem Tier ins Fell. Natürlich erwartete Ramis nicht wirklich eine Antwort, sondern durchquerte leise das Zimmer, als könne jederzeit jemand hier drinnen aufwachen. Sie zündete erst einmal eine Kerze an. Dazu musste sie Bonny absetzen, die rasch durch die Türe hinaus huschte. Im flackernden Lichtschein sah Ramis, dass Martha tatsächlich nicht da war. Allerdings bemerkte sie auf dem Tisch einen Zettel:
     
    Liebe Ramis, tut mir leid dich allein zulassen, aber Emily geht es sehr schlecht. Muss die Nacht über bei ihr bleiben. Hoffe, du kommst zurecht. Wenn das Baby Schwierigkeiten macht, bleib ruhig. Ich habe Mrs Barnes gebeten, nach dir zu sehen. Ich hoffe, morgen wieder da zu sein. Deine Martha.
     
    Ramis blickte stirnrunzelnd auf. Das hörte sich nicht gut an. Am liebsten wäre sie auch mit zu Emily gegangen. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie eingeschlafen war. Ein leichter Schmerz stach ihr in die Seite. Das Kind regte sich und machte Ramis nervös. Nicht jetzt, dachte sie beschwörend. Sie schloss die Augen. Eine einsame Nacht stand ihr bevor, kalt und ohne Trost. Sie fürchtete diese Einsamkeit der Dunkelheit, wenn sie niemand vor den Albträumen, dem Grauen in sich selbst beschützen konnte. Wenn sie allein in der Finsternis lag, glaubte sie, Geräusche zu hören, ein stetiges Flüstern oder Ächzen, als leide jemand an Schmerzen. Es waren die Geister, so vermutete sie, verlorene Seelen, die ihr Leid bis in alle Unendlichkeit hinaus wisperten. Ihre materielosen Körper wanderten endlos durch Zimmer und konnten niemals Ruhe finden. Man sah sie nicht deutlich, sondern zerrissen, wie dünne Schwaden, dort, wo es noch dunkler war. Sie erfüllten den Raum mit gähnender Leere und ihrer atemlosen Qual, die sie mit keinem teilen konnten. Wenn sie einen berührten, fühlte man den kalten Hauch ihrer schrecklichen Einsamkeit. Und Ramis fürchtete sich vor ihnen. Nur Marthas Anwesenheit hielt sie aus ihrer Nähe fern. Martha und auch die anderen schienen diese Wesen der Verdammnis nicht zu sehen, obwohl sie da waren. Doch es schützte sie vor ihnen. Die Seelen gingen zu denen, die um ihre Existenz wussten. Ihre Angst war längst zu einer toten Masse erstarrt, aber instinktiv suchten sie noch nach Trost. Wenn Martha sie nicht gerettet hätte, würde auch Ramis Seele dort herumgeistern und außerhalb von Zeit und Raum nach Erlösung suchen.
    Ramis rückte dichter an das Licht heran. Noch brannte die Kerze und warf seltsame Schatten an die Wand. Auch wenn die Kerzen wertvoll waren und die Dienerschaft daran sparen sollte, ließ Ramis sie brennen, bis sie verlöschen würde. Soweit der Lichtschein reichte, gab es keine Geister. Dahinter war die Dunkelheit.
    Ramis hockte einige Stunden unbeweglich auf einem Stuhl, in eine Decke gewickelt. Schließlich wurde das Licht immer schwächer

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