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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Bristol Stoffe und Tücher. Damit lebte man nicht schlecht, teilte er ihr gesprächig mit.
    Manchmal plauderte er auch mit einem der Kunden, die sich über die Stoffe beugten. Wenn sie weitergingen, warfen sie fast immer einen neugierigen Blick auf Ramis. Als dann ihr erster eigener Kunde vor ihr stand, platzte sie beinahe vor Aufregung. Er war Tischlergeselle und benötigte rasch eine Abschrift von Einnahmen und Ausgaben. Kurz und knapp diktierte er ihr eine Menge von Zahlen. Ramis wunderte sich im Stillen, wie er sich das alles merken konnte. Als sie zu Ende geschrieben hatte, erkundigte er sich nach dem Preis. Ramis überlegte einen Moment. Sie hatte absolut keine Ahnung von diesen Dingen. Zu ihrem großen Glück kam ihr Liam zur Hilfe. Er nannte ihr einen Preisvorschlag. Der Tischlergeselle bezahlte bereitwillig und nahm sein Blatt entgegen. Seiner Miene nach zu urteilen, war der Preis niedrig gewesen.
    Liam zuckte die Schultern, als der Kunde gegangen war und sie ihn danach fragte.
    "Ich weiß doch auch nicht über dein neues Gewerbe Bescheid. Na ja, mit der Zeit wirst du selbst rauskriegen, was du verlangen kannst."
    Ramis stimmte ihm zu und sah glücklich auf die paar Münzen in ihrer Hand herunter. Ihr erstes selbstverdientes Geld. Viel war es wirklich nicht, aber immerhin ein Anfang, der ihr Hoffnung machte. Mit einem gewissen Stolz zeigte sie Liam ihr Geld. Er grinste sie an und freute sich mit ihr. Damit es auch auf jeden Fall reichte, schenkte er ihr noch ein bisschen aus seiner Kasse. Ramis wollte erst ablehnen und ihm das Geld wenigstens wieder zurückzahlen, aber Liam winkte ab.
    "Du solltest lernen, Geschenke auch anzunehmen, Mädchen. Diese Art der Ehre ist etwas für reiche Leute. Du solltest erkennen, ob du dir das leisten kannst. Und außerdem machst du einem alten Mann damit eine Freude, der sowieso schon zu viel Armut auf der Welt gesehen hat."
    Ramis Lächeln schien Belohnung genug. Ihre blassen Wangen bekamen Farbe und ihre Augen glänzten.
    "In solchen Menschen wie Euch kann ich sehen, dass es Gott gibt", sagte sie leise zu ihm.
    Liam dachte bei sich, dass die junge Frau sicher nicht allzu oft menschliche Wärme abbekam. Ihre Freude war so ursprünglich, dass umso klarer wurde, wie wenig sie die Hilfe ihrer Mitmenschen erwartete. In ihrer Welt kämpfte jeder für sich selbst.
     
    Als der kleine Edward gegen Abend kam, um sie abzuholen, wurde er erst einmal misstrauisch von Liam beobachtet. Da er Verkäufer war, kannte er die Tricks der Diebe. Aber Ramis versicherte ihm, dass das ihr Neffe sei und er würde nichts stehlen. Dabei warf sie ihm einen mahnenden Blick zu. Edward verzog feixend den Mund. Neugierig sah er sich den Stand an. Ramis hatte es nun eilig, sich zu verabschieden, schließlich sollte der Junge nicht unnötig Gelegenheit haben, etwas zu stehlen. Das wäre ihr schon sehr peinlich gewesen. Liam reichte ihr sogar noch zum Abschied ein kleines Tuch, das um einige Stücke Brot und einen Schinken gewickelt war. Der Händler wollte, dass Ramis am nächsten Tag unbedingt wiederkam. Da sagte Ramis bestimmt nicht nein. Sie räumte ihre Sachen zusammen und verabschiedete sich von Liam. Ihr Herz sagte ihr, dass sie heute einen Freund gewonnen hatte, womit auch immer sie das verdient hatte.
    Edward erzählte ihr auf dem Weg zum Goldenen Drachen eine Geschichte, die er heute gehört hatte. Sie handelte von einem Mann, der anscheinend gewaltiges Pech hatte. Es fing damit an, dass der Mann eine Frau heiraten wollte. Schon auf dem Weg zur Kirche wurde er klatschnass, weil gerade in dem Moment, als er unter einem Fenster entlangging, jemand einen vollen Kübel Schmutzwasser ausleerte. In der Kirche wurde es dann noch besser. Aus Versehen trat er seiner Braut auf das Kleid und verhedderte sich darin. Um nicht umzufallen, hielt er sich an ihr fest - und zerriss dabei vor aller Augen ihr Kleid. Irgendwie musste er es ohne weitere Pannen nach Hause geschafft haben. Dort hatten ihm seine Freunde allerdings eine schöne Überraschung bereitet. Als er sich freudig zu seiner Angetrauten ins Ehebett werfen wollte, fand er dort nicht diejenige vor, die er erwartet hatte. Seine lieben Freunde hatten die Braut entführt und ihm einen der ihren ins Bett gelegt, der schlicht zu viel getrunken hatte und nun selig schnarchte. So wurde dem Armen selbst die Hochzeitsnacht zunichte gemacht. Ramis musste laut lachen, so komisch malte Edward ihr die Geschichte aus. Sie fragte, ob sie auch wirklich passiert

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