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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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den Weg zu einem der Märkte beim Hafen machten, sann Ramis darüber nach, ob sie wirklich undankbar war. Lettice hatte keinerlei Grund, ihr zu helfen und doch tat sie es und riskierte dadurch sogar einen Konflikt mit Madame. Deshalb sollte Ramis sich darüber freuen und nicht noch mehr verlangen. Im Grunde genommen führte sie sehr einseitige Beziehungen. Aber was hätte sie auch geben sollen, außer ihrer Anhänglichkeit? Ich bin ein richtiger Schmarotzer, dachte Ramis. Ich nehme Hilfe wie selbstverständlich an und wenn man mich einmal braucht, bin ich nicht da. Eigentlich müsste ich Lettice vor mir warnen, denn ich bringe kein Glück. Ramis schaute aus den Augenwinkeln zu Lettice herüber und schlug die Lider nieder, als diese ihren Blick erwiderte. Sie fühlte sich schmutzig und hinterhältig, ganz so, als würde sie etwas vor der anderen verstecken, was deren Verderben bedeutete. Sie hatte ja auch gelogen, indem sie Lettice nicht von den wahren Begebenheiten in Maple House erzählte. Schon das deutete für viele Leute auf einen schlechten Charakter hin. Und wenn jemand in sie hineinsehen könnte... Zum Glück kannte niemand all die schrecklichen Gedanken, die in dem Morast ihrer verdorbenen Seele lebten. Nicht einmal sie selbst konnte in diese düsteren Tiefen hineinsehen, aber was da heraufstieg, war schon genug. Man würde sie verdammen für die geheime Freude, die es ihr bereitet hatte, den scharfen Dolch in Sir Edwards Fleisch zu stoßen. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte. Es war nicht nur Notwehr gewesen, wie sie es sich hatte einreden wollen. Der Wunsch war über qualvolle Jahre hinweg gewachsen und hatte sich ihrer bemächtigt. Schließlich war er ihr über den Kopf gewachsen und hatte ihre Ängste hinweggefegt, um dann in der Tat zu enden, die so viel gekostet hatte. Wenigstens um Marthas und Emilys Willen sollte sie bereuen, aber sie war sich nicht sicher, ob sie das tat. Sie wusste nur, dass sie Sir Edward mehr als alles andere hasste und wünschte, dass er in den finstersten Abgründen der Hölle schmorte. Keine Macht dieser Welt konnte ihr das zurückgeben, was er ihr genommen hatte. Das war alles gewesen, bis auf ihr erbärmliches Leben, an das sie sich nun klammerte. Nichts sonst war ihr geblieben. Aber sie hatte Martha versprochen, es nicht aufzugeben. Also gut, das würde sie nicht tun. Sie würde kämpfen, so viel mehr konnte sie nicht verlieren. Sir Edward durfte nicht endgültig gewinnen, das beschloss sie in diesem Moment. Vielleicht würde auch eines Tages in dieser feindseligen Welt ein Platz für Marthas edle Gesinnung sein.
    Schon wieder fast entmutigt beobachtete Ramis die anderen Passanten. Wer wusste, wie viel Bosheit in jedem dieser Menschen wohnte? Sie alle dachten doch nur an sich selbst. Irgendwo unter ihnen entdeckte sie Edward, der auf sie zukam. Lettice hatte ihn noch gar nicht bemerkt. Als er sie erreicht hatte, grinste Edward Ramis an und zog unter seinem Hemd ein Bündel hervor, das er ihr rasch unterschob. Ramis sah ihn erstaunt an und untersuchte das Bündel. Ein überraschter Ausruf rutschte ihr heraus.
    "Das ist ja Papier!"
    Dadurch wurde auch Lettice aufmerksam. Eine verblüffte Furche zeigte sich auf ihrer Stirn.
    "Das ist doch wohl nicht etwa ein Geschenk, oder, Edward?" fragte sie ihren Sohn. "Das ist nicht möglich! Sollte unser selbstsüchtiger Junge sich in einen Engel verwandelt haben?" Sie lachte spöttisch, woraufhin Edward eine Grimasse schnitt. "Oh Ramis, ich glaube, du hast einen kleinen Verehrer."
    Edward wurde rot und fluchte auf seine Mutter. Ramis bekam das alles gar nicht richtig mit. Ihr Gesicht strahlte vor Freude. Wie viel Mühe musste es den Jungen gekostet haben, das zu besorgen! Ihr war natürlich klar, dass die Sachen gestohlen waren, aber das zählte gerade nicht. Sogar ein kleines Tintenfässchen war dabei. Ramis suchte nach Worten, ihre Dankbarkeit auszudrücken.
    "Ich...weiß nicht, wie ich dir danken soll." Verlegen hielt sie inne.
    Am liebsten wollte sie Edward in den Arm nehmen für seine Großzügigkeit, die man gerade von ihm nicht unbedingt erwartet hätte. Unsicher streckte sie die Hand aus, zog sie allerdings wieder zurück. Jemandem körperlich so nahe zu kommen, verwirrte sie, irgen deine Schranke hielt sie von den anderen fern. Sie wollte noch etwas sagen, doch Lettice und ihr Sohn gingen bereits weiter, ihr Zaudern dauerte ihnen zu lange. Also schluckte sie die Worte der Dankbarkeit hinunter und folgte ihnen.
    "Soll

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