Dunkle Häfen - Band 2
ab, indem sie sie stehen ließ. Sie verschloss sich gegen die Bitterkeit dieser Worte.
Auch der Marquis fühlte sich vernachlässigt. Er verstellte der Herzogin den Weg, als sie sich gerade auf zum König machte.
"Seid Ihr eigentlich böse auf mich? Ihr redet nicht mehr mit mir, meidet mich. Habe ich Euch vielleicht beleidigt?"
"Nein." Genervt versuchte sie, an ihm vorbeizukommen. "Lasst mich vorbei!"
"Wartet noch einen Augenblick! Anne!"
"Ich habe jetzt keine Zeit! Ich muss mit dem König über etwas Wichtiges sprechen."
Unsanft drückte sie sich an ihm vorbei, doch er hielt sie fest.
"Bedeutet Euch unsere Freundschaft denn gar nichts mehr? Mon dieu, wieso seid Ihr plötzlich so unausstehlich?"
Sie machte sich los.
"Wenn Ihr es wissen wollt! Ich will nur meine Ruhe vor diesen ewigen Ratschlägen und diesem Klammern! Lasst mich doch in Ruhe mit dieser dämlichen Schmachterei!" , spie sie und schritt davon.
Dabei knickte sie mit dem Fuß um, was sie noch wütender machte, obwohl keiner lachte.
Alle, die mich je lächerlich gemacht haben, werden es bereuen .
In ihrer Umgebung würde es nur noch Leute geben, die sie dort haben wollte. Und eines Tages... ja, eines Tages würde sie William und Fanny zu sich holen und sie würden endlich eine glückliche Familie sein. Versonnen lächelnd begab sie sich zum König. Er würde es verstehen, dass einige Personen, die den Umgang am Hofe verschlechterten, verschwinden sollten. Sobald Louis volljährig würde, würde ihr dann nichts mehr im Wege stehen. Das waren zwar noch ein paar Jahre, aber sie würde sich die Zuneigung des Königs schon erhalten. Und dann würde sie alles rächen, den Tod ihrer Eltern, Edwards Tod und ihr zerstörtes Leben mit den unzähligen Demütigungen. Keiner wird mich jemals wieder in den Schmutz treten!
Drei Tage später verließ die Comtesse als erste von Ramis Feinden den Hof, weil sie in Ungnade gefallen war. Als sie der Herzogin bei ihrer Abreise begegnete, warf sie ihr einen hasserfüllten Blick zu und streifte dicht an ihr vorbei.
"Ich werde mich zu rächen wissen! Ihr werdet Euch wünschen, in der Gosse geblieben zu sein, dort, wo Ihr herkommt!"
Ramis lächelte nur. Sie begriff erst jetzt richtig, dass ihre Feindin auf ihren Wunsch ging. Als sie sich anschickte, in ihre Kutsche zu steigen, die ebenfalls in der Nähe stand, bemerkte sie aus den Augenwinkeln, dass jemand sie beobachtete. Lord Fayford war zurückgekehrt und gerade eben ausgestiegen. Er deutete nur eine spöttische Verbeugung an und entfernte sich. Doch auch als ihr Kutscher die Pferde antrieb, glaubte sie noch seine Blicke wie Honig im Nacken kleben zu haben.
Auf die Comtesse folgten einige weitere Leute, die Ramis oder Guillaume im Weg waren. Danach gab das Paar De Sourges sich erst einmal friedlich, denn trotz der Unterstützung, die es neuerdings auch bei anderen einflussreichen Persönlichkeiten genoss, konnte man es nicht zu weit treiben und jemanden einfach ohne triftigen Grund ins Exil schicken. Außerdem gab es auch genug Widersacher, die allem, was die De Sourges machen wollten, entgegenwirkten. Aber das störte Ramis nicht so sehr. Sie erhielt auf ihren Wunsch hin ein eigenes kleines Gut in Südfrankreich, zu einem sehr günstigen Preis. Trotz seiner geringen Größe war es sehr einträglich, wie man ihr mitteilte und wunderschön gelegen. Es hatte einem Adligen gehört, der sich wegen Spielschulden völlig ruiniert hatte und deshalb verkaufen musste - ein Schicksal, das er mit vielen anderen teilte. Sobald wie möglich wollte Ramis dort einen Besuch machen, damit sie begreifen konnte, dass ihr wirklich ein Stückchen Erde gehörte, nur ihr allein. Sie malte sich in allen Farben aus, wie es dort sein würde und wie sie das Gut herrichten würde. Weiterhin verlieh ihr der König den repräsentativen, aber völlig nutzlosen - weil neu erfundenen - Titel 'Freundin Ihrer Majestät'.
Vielen ging das alles zu weit. Wer war sie schon, diese Frau, der neue Stern am Hof, für die der junge König eine riskante Leidenschaft entwickelte hatte? Eine Fremde, gleich einem dahergelaufenen Hund und überdies verrückt. Jeder fragte sich nur, wie 'la folle' es geschafft hatte, so hoch in der Gunst des Königs zu stehen. Oh ja, man munkelte bereits wieder von Hexenkünsten und unheimlichen Tränkchen, die sie Louis angeblich eingebe. Waren ihr nicht auch der Marquis, kaum der passende Begleiter für sie und ihr Ehemann, den alle Welt als nicht an Frauen
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