Dunkle Häfen - Band 2
unwissend sein, aber das müsst Ihr mir trotzdem nicht erklären. Alles Weitere will ich gar nicht wissen! Denken kann es sich ohnehin jeder. Eure zahlreichen Geliebten sind der beste Beweis dafür."
"Oh, höre ich da etwa Eifersucht aus der Stimme der unnahbaren Königin?"
"Narr! Könnt Ihr nicht eine Feststellung von eine r Anschuldigung unterscheiden? Wenn Ihr mich hier festhaltet, um mich zu verhöhnen, lasst mich besser gehen! Alles, was ich glaubte, zwischen uns zu spüren, habt Ihr sowieso zerstört...!" Sie schwieg sichtlich verwirrt, doch nicht bereit, ihn anzuhören.
Er näherte sich ihr und s treckte die Hand aus, woraufhin Ramis zurückwich. Sie tastete nach der Waffe in ihrem Umhang. Misstrauen glomm in seinen Augen auf, als sie die Pistole hervorzog.
"Ja, vielleicht habt Ihr recht, mir zu misstrauen, Mylady."
Wieso nur gab er dem 'Mylady' nur immer so einen Klang, als wäre das Wort allein für sie bestimmt? Er versuchte sie nur einzuwickeln.
"Mein Leben war ... nicht immer vorbildlich. Und ich kenne die Liebe nicht, wenn sie ist, wie die Dichter schreiben. Mir behagt das Gefühl nicht, das Ihr in mir erweckt. Es erinnert mich zu sehr an eine Obsession."
Er dachte einen Moment an die Frauen in seinem Leben. Die erste, an die er sich erinnerte, war seine alte Amme, dann seine stille, sanfte Mutter, die über ihn gewacht hatte. Nachdem er ins Alter gekommen war, in dem man feststellte, dass es zwischen männlich und weiblich noch mehr gab als erwartet, hatte er viele Stelldicheins gehabt. Doch nach der vom Schicksal verfluchten Begegnung mit der jungen Piratin hatte sich alles geändert. Er hatte Talamara gefunden und wieder verloren und hatte sogar für eine kurze Zeit geglaubt, mit Lady Rose die Liebe entdeckt zu haben, was wieder kein gutes Ende nahm. Und daneben unzählige Frauen, schön oder leidenschaftlich oder ruchlos, aber keine blieb in seinem Gedächtnis lange haften. Nun war auch die Piratin schon längst tot. Eine Frau wie aus der Nacht geboren, tragisch und bösartig zugleich. Auch die Person, die jetzt vor ihm saß, schien aus dieser Welt zu kommen.
"Als ich Euch nach der Jagd im Garten begegnete, da habe ich wirklich die Beherrschung verloren. Diese Frau schien plötzlich eine andere zu sein und ich wollte sie wie kaum etwas sonst auf der Welt. Doch Ihr weist mich ab. Wie soll das ein Mann ertragen? Ich kenne Eure Meinung von Männern, Ihr habt sie mir ja oft genug verdeutlicht. Eure willige Freundin kam da gerade recht. Vermutlich versteht das eine tugendhafte Dame wie Ihr nicht."
"Nein, natürlich nicht! Aber nicht, weil ich tugendhaft wäre..."
"Trotzdem ist Euer Gesicht bestimmt missbilligend unter Eurem Schleier. Habt Ihr denn nicht gemerkt, wie es um mich stand? Ihr habt mir nicht die geringste Hoffnung gelassen, Euch je haben zu können."
"Was erwartet Ihr denn? Dass jede Frau nur darauf wartet, sich Euch in die Arme zu stürzen? Außerdem habt Ihr Euch in letzter Zeit genauso hohntriefend und kalt verhalten wie immer - und das, was Ihr wollt, ist keine Liebe. Ich... weiß...."
Sie brachte die Worte nicht über die Lippen. Sie wollte endlich vergessen. Warum wieder an alles denken müssen?
"Wenn Ihr etwas Wahres für mich empfinden würdet, hättet Ihr die Kraft zu verzichten und eine wahre Freundschaft aufzubauen, ohne die Dinge, die sie zerstören!"
Er seufzte gespielt entnervt, aber Ramis glaubte beinahe etwas wie Anspannung an ihm zu spüren.
"Zerstören? Da seht Ihr, niemand en lasst Ihr an Euch heran. Ich frage mich - " Er überlegte und fuhr dann unvermittelt fort: "Habt Ihr denn nie den Wunsch empfunden, Euch mit einem Mann zu vereinigen?"
"Wie bitte?"
"Ich verstehe Euch nicht, jetzt weniger als zuvor. Diesen einen Moment im Garten wart Ihr alles andere als abweisend. Und gleichzeitig bekomme ich von Euch Briefe wie diesen..."
Sie musste nur die erste Zeile lesen, um ihre eigene Handschrift zu erkennen.
Renn weg,
Vor dem Hass,
Den du in dir trägst.
Renn weg,
Bevor er dich innerlich
Zerfrisst
Bevor deine Seele stirbt.
Sie konnte ihm natürlich nicht erklären, warum sie diesen Brief geschrieben hatte.
"Vielleicht kommt Ihr irgendwann einmal aus Eurer Abwehrhaltung heraus. So viele Fehler ich auch machen mag - ich liebe Euch."
Sie fuhr stolperte zurück wie unter einem Schlag.
" Ihr liebt mich?"
In diesen leisen Worten schwang eine geballte Andeutung des ungeheuren Wahnsinns mit, der die Luft um sie herum erfüllte.
"Ja, das tue
Weitere Kostenlose Bücher