Dunkle Häfen - Band 2
können, es glich einem Schuldgeständnis. Ramis bewegte sich. Sie hob den Blick und fasste den Regent ins Auge.
"Doch ", widersprach sie fest. "Charlotte ist das Fleisch und Blut meines Mannes. Wir haben unsere Ehe vollzogen. Ich finde es schmutzig, diese privaten Dinge hier aufzurollen, doch ich kann nicht zulassen, dass meine Ehre in den Schmutz gezogen wird und Charlotte ein Makel anhaftet. Sie ist die legitime Erbin unseres Besitzes!"
"Das hat das Gericht zu entscheiden. Und könnt Ihr denn beweisen, dass Ihr nicht Meuchelmörder geschickt habt, um Euren Mann zu töten."
"Und doch beruhen Eure Beweise nur auf Vermutungen. Keine einzige ist erwiesen! Habe ich je eine verdächtige Äußerung gemacht?"
"Ihr habt stets genug zu verbergen gehabt. So dumm seid Ihr nicht, dass Ihr Eure Pläne ausposaunt. Aber Ihr habt bekanntlich sehr wenig Zeit miteinander verbracht. Und Ihr seid skrupellos genug für so eine Tat."
"Ach ja, wenn man wenig Zeit mit einer Person verbringt, heißt das neuerdings, dass man diese ermorden will? Ihr sagt, ich sei nicht dumm genug, meine Pläne hinauszuposaunen. Glaubt Ihr denn, ich wäre als Mörder so dumm gewesen, eine Tat zu begehen, die mich so offensichtlich anklagt?"
"Schluss jetzt!" , würgte sie der Regent ab und Ramis wusste, was sie gesagt hatte, war ihm unangenehm. "Wir sind nicht hier, um Haarspalterei zu betreiben! Wenn Ihr nichts Brauchbares zu sagen habt, dann schweigt!"
"Ja, wir sind hier, um eine Angelegenheit zu vertuschen, damit eine Unschuldige in den Tod geht!"
"Wenn Ihr nicht sofort ruhig seid, werdet Ihr wieder in Eure Zelle geschafft!"
Ramis spuckte aus.
"Mörder!" , zischte sie.
Inzwischen stand der Marquis wie erstarrt. Ihm dämmerte wohl, dass sein Anliegen keinen Sinn hatte, ja, nie einen gehabt hatte. Er sank auf seinen Stuhl zurück. Er konnte Ramis nicht in die Augen schauen, die den Regenten voller Feindschaft anfunkelte. Sie sah noch längst nicht besiegt aus. Gerade öffnete sie erneut den Mund, als sich Gemurmel im Saal erhob. Man sah sich um, um herauszufinden, was da für so einen Tumult sorgte. Eine Person - Adélaide - war aufgestanden und marschierte nach vorne. Eine Retterin in der Not, wie man sie im Theater und der Literatur so oft fand? Sie knickste vor dem König und stellte sich vor.
"Eure Majestät, dürfte ich etwas zu dem Fall sagen? Es gibt etwas, das noch keiner angesprochen hat."
Der Regent wollte schon gereizt abwinken, als König Louis sich vorbeugte und sie aufforderte, fortzufahren.
"Ich möchte nur erwähnen, dass es mir recht unglaubwürdig erscheint, dass die Herzogin de Sourges zusammen mit dem Marquis d'Agny ein Komplott ausgeheckt hat. Ich weiß, dass sie bis kurz vor dem betreffenden Abend noch einen Streit mit ihm hatte und sie sich erst gerade wieder versöhnt hatten. Und ich bin mir sicher, seitdem hatten sie kein Liebesverhältnis. Nein, denn sie hatte mit einem anderen Mann zu tun. Ich denke, er sollte sich auch einmal dazu äußern, das wäre nur gerecht. Monsieur Fayford, ich finde, Ihr seid dem Gericht eine Erklärung schuldig."
Die Aufmerksamkeit richtete sich auf Lord Fayford und die Herzogin, deren Miene aussah, als hätte sie in etwas Saures gebissen. Es musste schrecklich für sie s ein, dass das ans Licht gezerrt wurde, was sie sogar vor sich selbst hatte geheim halten wollen und nur sie wusste, dass nichts Besseres herauskommen würde, wenn Fayford sprach.
Und das tat er. Als geübter Redner hatte er keine Schwierigkeiten, alle in den Bann zu ziehen.
"Wenn das Gericht wünscht, dass ich etw as dazu sage, werde ich das tun", begann er. "Die Marquise hat recht, wenn sie meint, dass ich viel mit der angeklagten Herzogin zu tun hatte. Doch es gibt weniger zu erklären, als man denkt. Irgendetwas irritierte mich von Anfang an an ihr. Am Morgen nach dem Mord entdeckte ich, was es war."
Ramis schloss kurz die Augen, als suche sie sich zurückzuziehen und dem zu entkommen. Doch dann öffnete sie sie wieder und richtete sie auf den Lord. Sie waren so grau wie Nebel geworden.
Fayford holte mit der Hand aus und deutete auf Ramis, als wisse niemand, dass sie da war. Sie blieb unbeweglich. Das war es jetzt.
"Ich kannte sie ", fuhr er fort und beobachtete dabei den Regenten. "Wer wusste mehr über ihre Vergangenheit, als sie erzählte? Natürlich war alles erlogen. Sie befand sich auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung in England, als ihr Schiff in einen Sturm geriet und unterging. Sie überlebte und wurde vom
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