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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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geschmackvoll möbliert war, jedoch von der gleichen düsteren Eleganz war wie sein Besitzer. Der saß in einem Sessel und las ein Buch. Er legte es beiseite, als der Marquis eintrat. Der Lord erinnerte heute nur wenig an den Mann, den man am Hofe gewöhnt war. Seine Kleidung war dunkel und frei von höfischem Putz. Nicht einmal eine Perücke trug er auf dem Haar, was seiner aristokratischen Haltung allerdings nicht zu schaden schien. Für gewöhnlich trugen alle Leute von Stand, die etwas auf sich hielten, Perücken. Die Miene des Lords war eine regungslose Maske, wenngleich seine Augen eine Spur eisig waren. Eine unheilvolle Spannung lag in der Luft. Keiner machte sich die Mühe, den anderen zu begrüßen.
    "Aha, der treue Marquis. Ich dachte mir, dass Ihr aufkreuzen würdet. Doch was wollt Ihr noch hier?"
    "Ich möchte Euch etwas fragen."
    Ein kaltes Lächeln.
    "Ihr verschwendet nur Eure neuerdings so kostbare Zeit. Ich habe dazu nichts zu sagen. Die Frau ist schon so gut wie tot und das freut mich. Sie hat es tausend Mal verdient."
    Der Marquis wurde weiß vor Wut.
    "Sie ist unschuldig, Ihr Lump! Niemals hätte sie ihren Mann umgebracht! Er war ihr Freund!"
    Etwas Finsteres lag im Blick seines Gegenübers, als dieser ansetzte zu sprechen. Er war in der Zwischenzeit aufgestanden und zum Schreibtisch getreten, wo er einen Briefumschlag schloss und versiegelte.
    "Ich rede nicht von dem Mord, obwohl es ihr durchaus zuzutrauen wäre, denn sie verbirgt viel hinter ihren Maskeraden. Und in der Vergangenheit hat sie sich unzählige Male versündigt. Sie ist mehr als eine Mörderin, sie ist eine Hexe."
    Er lachte hässlich.
    Mon dieu! dachte der Marquis erschrocken. Er weiß es! Er hat sie tatsächlich erkannt. Und er hasst sie.
    "Ihr habt es erfahren, als Ihr bei ihr wart, oder?" , erkundigte er sich matt.
    Fayford betrachtete das Siegel, das er immer noch in der Hand hielt.
    "Ja, Ihr habt recht. Wozu es verheimlichen? Euren Worten entnehme ich, dass sie es Euch erzählt hat? Seltsam, an ihrer Stelle würde ich mich schämen, das jemand em zu erzählen. Hat sie Euch auch erzählt, was -"
    Seine Stimme wurde heiser und er brach ab. Zum ersten Mal zeigte er eine Gemütsregung. Den Marquis beschlich ein ungutes Gefühl. Er spürte, dass die Feindschaft Fayfords zu Ramis über die eines Marineoffiziers zu einem Piraten hinausging. Sie war tiefer, persönlicher. Was hatte Ramis nur getan, um diesen Hass auf sich zu ziehen, der in den Augen des Lords flackerte? Sie, die an eine gerechte Welt glaubte und doch nur ihren Frieden wollte. Er nannte sie Hexe, musste jedoch selbst der Teufel sein. Verhaltene Wut schien um ihn zu gleißen wie glühende Glut. Ihn zu berühren, musste heißen, sich zu verbrennen. Hatte Ramis den Fehler begangen?
    Plötzlich begann der Lord zu lachen. Es war ein merkwürdiges Geräusch in der Stille, das sie ganz aufzusaugen schien. Er war wahnsinnig! Dem Marquis fröstelte. Von solchen Menschen hielt man sich besser fern, aber inzwischen war es zu spät für diesen Rat. Abrupt verstummte Fayford wieder und knurrte stattdessen wie ein wildes Tier. Er kam plötzlich ganz nahe heran und fuhr dem Marquis langsam über die Wange, während er ihn mit seinen blauen Augen fixierte.
    "Verschwindet jetzt, meine kleine Unschuld. Von mir erfahrt Ihr nicht mehr. Ich weiß nicht, was sie Euch über sich erzählt hat, aber sie hat bestimmt einiges verschwiegen. Seid froh darüber, denn schon jetzt wird sie Euch für immer im Nacken sitzen, egal was Ihr macht. Tröstet Euch wenigstens mit unschuldigen Erinnerungen an sie!"
    Gelächter verfolgte den Marquis auf dem Weg nach draußen. Was er gehört hatte, erschütterte ihn zutiefst, vor allem aber die Ahnung eines schrecklichen Vorfalls, der lange in der Vergangenheit stattgefunden hatte. Immerhin konnte er sich recht sicher sein, dass Fayford nichts mit der Verschwörung zu tun hatte. Er hätte andere Wege gefunden, sich an Ramis zu rächen, noch grausamere, mit denen man einen Menschen bis in die Seele zerstörte.
    Seine eigene Hilflosigkeit übermannte den Marquis. Er konnte gar nichts gegen Ramis mächtige Gegner ausrichten. Niemand würde ihm Gehör schenken. Es war schon später Abend. Für den nächsten Tag hatte man übereilt das Gerichtsverfahren angesetzt - falls man es denn so nennen konnte. Vorher musste er noch mit der Comtesse sprechen. Dieser Schritt fiel ihm am schwersten. Gerade wegen seiner alten Verliebtheit und ihrer Feindschaft mit der

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